Biederes Zaubermärchen ohne Biss – Ferdinand Raimunds „Der Alpenkönig und der Menschenfeind“ im Theater in der Josefstadt
Foto: ©Moritz Schell
Der Saisonstart in der Josefstadt beginnt mit einer Zeitreise. Wie bei einer Oper wird die Original-Musik von Wenzel Müller durch ein kleines Orchester (dirigiert und arrangiert von Jürgen Goriup) gespielt – erst dann geht der Vorhang auf, die Wilde Jagd des Alpenkönigs (Günter Franzmeier) steigt aus den Lüften herab und sehr brav wird der Text von Raimund gegeben. Es geht um den Menschenfeind Rappelkopf (Michael Dangl), der sich von Freunden betrogen, in einem Schloss verbarrikadiert hat und seine Frau samt Tochter plus Liebhaber sowie seine Dienerschaft bei jeder Gelegenheit zusammenputzt. Regisseur Josef E. Köpplinger – Intendant des Staatstheaters am Gärtnerplatz – schwebte wohl eine Renaissance des Raimundschen Zaubertheaters vor, denn seine Inszenierung verzichtet auf fast jeglichen Zeitbezug – allein die Köhlerhütte wird aus unerfindlichen Gründen zum Wohntrailer. Dabei ist Pessimismus und Menschenhass heute so verbreitet wie schon lange nicht mehr. Die Wut der Bürger auf alles und jeden ist geradezu zum Common sense rechter Politik geworden. Als Außenseiter muss ein von Rappelkopf natürlich besonders gehasster Künstler (harmlos Tobias Reinthaller) herhalten. Mit Minderheiten assoziiert man heute freilich ganz andere Bevölkerungsgruppen.
Und so ist das von Raimund geschickt eingesetzte Rollenspiel im zweiten Teil nach der Pause – der Alpenkönig führt Rappelkopf sich selbst vor – dann zwar ganz witzig, vermisst aber trotzdem jegliche Schärfe. Ein nostalgischer Abend sozusagen in der Josefstadt, der dem Premierenpublikum offensichtlich gefiel. Ob man mit solchen Produktionen verlorene Theaterbesucher zurückgewinnen kann, ist allerdings zu bezweifeln.
Infos und Karten: josefstadt.org