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„Stiller“, der große Roman von Max Frisch im Film

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Wirklich gute und vielschichtige Literatur ist schwer zu verfilmen. Es geht (allzu) oft schief. Der große Roman, eine der wesentlichen und prägenden Literatur in den 50ern des vorigen Jahrhunderts, entzieht sich ja weitgehend auch einer solchen Bebilderung. Man hat es nun abermals versucht, es hat viel funktioniert, es ist viel dabei leider unbeachtet geblieben in der Erzählung über einen gleichviel aufbegehrenden und sich verweigernden Menschen mit so manchen schwierigen Menschen rundum.

Diese „Stiller“-Verfilmung kann viel. Und sie hat doch viele Mängel (oder besser Lücken). Der Hauptprotagonist wird von 2 Personen dargestellt, das junge, aufstrebende und scheiternde Bildhauer-Genie und sein Umfeld sind etwas plakativ. Aber dann: Der sich Realitäten verweigernde, nach Jahren zurückkehrende Mann plus sein ihn nun in einer engen Schweiz belauerndes Umfeld agieren zum Teil großartig (Albrecht Schuch als sich verweigernder und suchender Stiller oder – wie so oft – der besondere Stefan Kurt). Paula Beer, abonniert in den letzten Jahren auf das Rollenfach der Verletzten, Abgehobenen, gibt die dahinsterbende Tänzerin und mehrfach-Gefährtin intensiv, manchmal auch berührend, wie vieles überhaupt dergestalt cool-heftig passiert in dem langen Film. 

Traurig und unverständlich: Der Schluss weicht von der Literaturvorlage voll ab. Dennoch: Ein Streifen, mit Gelassenheit durchaus sehenswert. Ein Hinweis vielleicht: Kennt man den Roman nicht, so ist es (schon um die wechselnden Zeitsprünge besser zu verstehen) vielleicht von Vorteil, vor dem Kino-Besuch in einer Zusammenfassung oder einer besseren Inhaltsangabe nachzulesen. (Oder gar sich doch der Gesamtlektüre eines nach 70 Jahren weiterhin großartigen und vielfach aktuell psychisch-nachzeichnenden Buches zu widmen.)

STILLER – schweizerisch-deutsche Film-Koproduktion (2025), Regie und Drehbuch Stefan Haupt – nach dem gleichnamigen Buch von Max Frisch

Von Otto Brusatti

Foto: Studiocanal GmbH/ Marco Reimann

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