Was war J. Strauß jun. und was nicht? – Ein Essay von Otto Brusatti
Text: Otto Brusatti | Bild: ©KHM-Museumsverband, Theatermuseum
Er hat nun selbst Anteil am leichten Furor des so beliebten Jahresbedenkens oder -erinnerns, nach Bruckner und Kafka, nach Schönberg und Kant, Lenin, Marco Polo, Marlon Brando, Strindberg, Munch, Lord Byron, Puccini, Parkinson oder Uschi Glas und so fort. Aber zugegeben: Die Kulturpolitik braucht Hinweise, Haken, leicht sentimental-vermittelbare Daten, sie benötigt Genies und Stars, tolle Typen oder Verbrecher, dann aber Dutzende vor allem von solchen, welche das Kreative im Menschen zum Höhepunkt der Schöpfung hinaufgebracht haben. Man braucht sie, um jeweils aktuell seltsame Feier-Budgets ausschütten zu können (sozusagen: denn nur so geht im Kulturellen, vor allem in Österreich, was weiter). Aber jetzt! 2025: Der sogenannte Sohn, bezeichnenderweise verstorben wenige Monate vor der vorletzten Jahrhundertwende, dieser Johann Strauß (wir schreiben den nun gelegentlich dergestalt, halt einfach nostalgisch und nicht ganz korrekt, aber solch eine Überlieferung gibt es eben auch, eine mit dem scharfen „ß“), hat den Zweihunderter im Oktober.
Okay, er war einer der kreativsten Musiker aller Zeiten, Völker und Kulturen. (Hier darf man so einen Maximaltopos durchaus verwenden.) Wien, die Strauß-Stadt Nr. 1, macht nun ein zum Teil etwas seltsam programmiertes Strauß-Jahr mit dem Schani. Geschenkt. Es wird viel Geld für zum Teil nicht sofort einsichtige Projekte und deren Ausführende aufgewendet. Auch geschenkt. Kitsch wird sich nicht vermeiden lassen, schräge Nostalgie auch nicht, und der Tourismus braucht seine Turbos. Es sollte hoffentlich der Bedeutung dieses Mannes schon entsprechen. Wien, wo und von wo die Bühnen-, Orchester- und Tanzunterhaltungswerke von Strauß plus Familie noch allemal als unangefochtener Welthit tradiert werden, will sich halt fein-schräg herausputzen. Und das geschieht jedenfalls anständiger als noch vor Jahrzehnten.
Damals hat man etwa zu den Jubiläumsdaten, also vor 50 oder 25 Jahren, gerade einmal Ausstellungen plus ein wenig neue Literatur und Medienarbeit zu einem der weltweit wirkungsvollsten Kapiteln der Wiener und österreichischen Kultur- und Kunstgeschichte ermöglicht, gefördert und diese aus rein wirtschaftlichen Erwägungen international zu platzieren versucht. Mehr nicht. Man hat daneben Jahrzehnte hindurch die notwendige, voraussetzende und für die Strauß-Stadt eigentlich selbstverständliche Quellenarbeit an seinem und seiner Familie riesigen Nachlass vernachlässigt, nein, weitgehend trotz Betteleien seitens der Wiener Musikwelt ausgehungert und mickrigen Sponsoren überlassen. Geschenkt nun auch diesmal und 2025. Dieser Maestro Strauß ist sozusagen unbefleckt spannend geblieben! Das sei einmal vorweg behauptet, nein, festgestellt.
Den ganzen Essay können Sie im aktuellen Heft lesen. Otto Brusatti bereitet ein Buch über Johann Strauß vor, das noch im Frühjahr erscheinen und Beiträge diverser Autorinnen und Autoren (u.a. von Elfriede Jelinek) beinhalten wird.