„Leben und Sterben in Wien“ von Thomas Arzt als Uraufführung im Theater in der Josefstadt
„Leben und Sterben in Wien“ ist ein schwungvoller Abend. – ©Moritz Schell
Ursprünglich hätte das Auftragsstück schon in der Corona-Zeit 2021 uraufgeführt werden sollen, doch heuer – zum 90. Jahrestag der Februarkämpfe, als die Sozialdemokraten gegen den Dollfußschen Klerikalfaschismus ankämpften – passt es sowieso besser. Denn „Leben und Sterben in Wien“ von Thomas Arzt ist zeitlich zwischen dem „Schandurteil“ im Prozess gegen die Mörder von Schattendorf 1927 –inklusive Brand des Justizpalastes – und dem gescheiterten Aufstand der Sozialdemokraten im Februar 1934 begrenzt. Mittendrin die Magd Fanni, die in ihrem Heimatdorf nicht nur unmenschlich schwer arbeiten muss, sondern dort auch vom Bauern sexuell missbraucht wird. Ihre für sie verwirrende Liebe zu der anderen Außenseiterin Sara bringt sie noch dazu in große Gefahr. Sie flieht ins Rote Wien, wo gerade der Freispruch für die Schattendorf-Mörder verkündet wird, und gerät in die Kreise der „Sozis“. Dabei ist sie schwanger, aber ausgerechnet eine Gräfin sowie Saras Vater – ein Revuetheaterdirektor (Günter Franzmeier) – helfen ihr.
Nun klingt das freilich alles ziemlich konstruiert, aber Regisseur und Hausherr Herbert Föttinger hat daraus mit Hilfe der exzellenten Live-Musik von Matthias Jakisic – er selbst sitzt mit Geige und Elektronik vorne in der großen Loge – einen recht wirkungsvollen Musiktheater-Abend geschaffen, der vom Publikum der Premiere ausgiebig gefeiert wurde. Vieles erinnert an Brecht/Weill, einiges an Jura Soyfer, wobei Arzt auch nicht vor modernem Jargon zurückschreckt. Oft bleiben Sätze unvollständig, man muss sich auch beeilen, die viele Handlung in den nicht einmal 3 Stunden (inklusive Pause) unterzubringen.
Im engagierten Ensemble stechen vor allem Frauenrollen hervor. Katharina Klar spielt die Hauptrolle der Fanni sehr glaubhaft und umschifft gekonnt überall lauernde Klischees. Ebenso schnörkellos agieren Johanna Mahaffy als ihre Geliebte und Schutzbündlerin und Ulli Maier als Gräfin. Selbst Fannis Kind (Clara Bruckmann) ist überzeugend. Als böse Dorfalte und brutale Apologetin der Gewalt glänzt Lore Stefanek auf der dunklen Seite der Macht.
Ein schwungvoller Abend, der über so manche Schwächen des Textes und der Handlung (Fanni schießt auf einen Polizisten, wird verhaftet und gefoltert und ist schon wenig später wieder hoffnungsvolle Studentin in der Freiheit) hinwegtröstet.
Infos & Karten: josefstadt.org