„Ever Given“ am Volkstheater, „Der Revisor“ im Akademietheater und „Akins Traum“ an der Burg
Bild: ©Tommy Hetzel
Nach drei Abenden hintereinander an drei Wiener Bühne stellen sich Ermüdungserscheinungen ein – und das liegt nicht nur an den Bestuhlungen.
Freitags am Volkstheater: „Ever Given“, eine „Kipp-Punkt-Revue“ von Helgard Haug und Rimini Protokoll. Haugs Arbeit zum Verschwinden eines Flugzeuges („All Right. Good Night“) war wirklich spannendes Doku-Theater, doch diesmal wirkt ihr Konzept nicht schlüssig. Es sollte um die wochenlange Blockade des Suezkanals nach der Havarie des Containerschiffs ”Ever Given“ gehen. Der globale Stillstand der Handelsströme wird von der Metapher zur Realität. Doch Haug mischt das mit Geschichten von Migration und persönlichen Schicksalsschlägen. Das mag alles interessant sein – die nur über Video eingespielte Beschreibung einer Frau, die über ihr Stottern erzählt, ist sogar sehr witzig –, es mangelt aber an einer gedanklichen Klammer. Und die Live-Musik macht es diesmal auch nicht besser.
Am Samstag dann Nikolai Gogols Komödienklassiker „Der Revisor“ aus dem Jahr 1835 im Akademietheater. Regisseur Mateja Koležnik versetzt das zweifelsohne noch immer aktuelle Stück über eine Kleinstadt, die einen faulen kleinen Beamten, der auf zu großem Fuß lebt, für einen Revisor hält, in ein Ambiente von Kaltem Krieg und Realsozialismus. Alle sind korrupt, das Gemeinwohl wird mit Füßen getreten. Die Gemeindediener führen einen artistischen Tanz auf, um den Status Quo zu verschleiern – das bringt einen grotesken Drive in den Abend. Andrea Wenzl und Lola Klamroth setzen als schrille Mutter und gestörte Tochter des Bürgermeisters noch einen drauf. Es gibt sehr unterhaltsame Szenen, Tim Werths als vermeintlicher Revisor mit Oberschüler-Charme ist ebenso gerissen wie eitel. Eine solide Arbeit, vielleicht hätte man sich im Kafka-Jahr aber doch mehr Hinweise auf das Parabelhafte dieser Komödie gewünscht.
Sonntag dann im Burgtheater: „Akins Traum vom osmanischen Reich“, ein fürs Schauspiel Köln geschriebenes Stück des 1991 in Essen geborenen Autors Akın Emanuel Şipal, das der Burg-Chef Stefan Bachmann jetzt an seinem neuen Haus zeigt. In Köln soll es ja sehr erfolgreich gewesen sein, in Wien wirkt das ganze zumal auf der großen Bühne dann doch sehr dünn. Anhand der Identitätskrise des Autors wird die Geschichte des osmanischen Reichs im Schnelllauf aufgearbeitet – immerhin standen die Osmanen ja auch zweimal in Wien, wie man bei uns schon in der Volksschule lernt. Nun, Mehmet Ateşçi als Erzähler und Alter Ego des Autors ist durchaus sympathisch und ein paar Gags – wie der Kampf um die immer wieder von ihm vergessenen Feuchttücher für seine Kinder – locken den Abend auch auf. Doch die historischen Szenen beginnen schnell zu ermüden, zumal ihnen auch die historische Reflexion fehlt.