Elefanten grasen mitten in Berlin – Gaea Schoeters böse Satire „Das Geschenk“
Bei ihrem im Vorjahr auf Deutsch erschienenen Roman „Trophäe“ konnte ich stellenweise nicht mehr weiterlesen – so schockierend war die beschriebene Menschenjagd in Afrika und so überzeugend waren die Hintergründe dargelegt. Im neuen Werk „Das Geschenk“ bleibt die flämische Autorin Gaea Schoeters ihrem Thema Kolonialismus und die Gesetze des heutigen Kapitalismus treu, allerdings ist der Roman eine Satire – die sehr witzigen Szenen überwiegen.
In Berlin tauchen plötzlich Elefanten auf und bringen das öffentliche Leben zum Erliegen. Bundeskanzler Winkler erfährt durch ein Telefongespräch mit dem Präsidenten von Botswana, dass es sich um ein Geschenk aus Afrika handelt, denn Deutschland hatte vor kurzem ein Einfuhrverbot für Jagdtrophäen beschlossen und damit den armen Bewohnern Botswanas die Lebensgrundlage entzogen. Ein Danaergeschenk also – Deutschland muss plötzlich mit 20.000 Elefanten klarkommen und die Dickhäuter brauchen nicht nur 100 Liter Wasser, sondern auch Tonnen an Futter pro Tag und Rüssel. Der Dung stellt noch einmal ein anderes Problem dar.
Schoeters beschreibt kenntnisreich die Zwickmühlen heutiger Politiker, die demokratisch gewählt sind. Es gibt eben immer Profiteure von Krisen, die simple Lösungen ohne Rücksicht auf andere anbieten. Winkler und sein aalglatter Büroleiter hanteln sich von einer Katastrophe zur nächsten – der Dung wird etwa zu einem in ganz Europa begehrten Dünger verarbeitet und die Geburt des ersten deutschen Elefanten bringt Popularitäts-Bonus-Punkte. Doch dann folgt ein schlimmer Unfall mit einem Dickhäuter auf der Autobahn und aus dem Elefantendung wachsen plötzlich invasive Monsterpflanzen.
Man liest den kurzen, pointierten Roman gerne in einem Schwung und mit viel Vergnügen. Sogar eine ehemalige deutsche Kanzlerin hat ihren Auftritt. Wie 20.000 Elefanten über Nacht am Zoll vorbei in Deutschland landen können, wird zwar nicht erklärt, aber es ist eben eine Satire. Und ersetzt man die Elefanten mit Flüchtlingen – wie wohl intendiert – wird die Geschichte noch brisanter.
Gaea Schoeters: Das Geschenk. Aus dem Niederländischen von Lisa Mensing. Zsolnay, 142 Seiten, € 22,70