Eine Einladung von Freunden zum Essen als Probe für die große Welt – Teresa Präauers „Kochen im falschen Jahrhundert“
Endlich die passende Wohnung mit den ausgesuchten Möbeln, die richtigen Freunde mit der Garantie auf kultivierte Gespräche – eine Einladung zum Essen soll als Beweis dafür dienen, dass man erwachsen geworden ist. Nicht zuletzt kann dabei der neue große dänische Esstisch mit der geölten Oberfläche eingeweiht werden.
Die Österreicherin Teresa Präauer erzählt in ihrem Roman „Kochen im falschen Jahrhundert“ die Entwicklung eines Abends unter Freunden in mehreren Fassungen und mit immer absurderen Abzweigungen. Im Mittelpunkt steht die Gastgeberin – niemand hat in diesem Buch einen Namen. Sie ist wie auch alle Eingeladenen fest im Job stehend, wenngleich in Stilfragen nicht immer sicher. In diesem Buch geht es nämlich viel um die Ausbildung von Geschmack – welches Getränk passt und ist gerade im Trend, was darf serviert werden und was nicht. Seitenweise werden Speisen angeführt und doch weiß man als Leser immer gleich, dass es weniger um das konkrete Gericht, sondern um seine Geschichte, seinen Status und die Beziehung zur Gastgeberin geht. Zwischendurch wird auch über eine korrekte heutige Sprache diskutiert.
Die Runde der Gäste ist klein, es kommen neben dem Partner der Gastgeberin nur ein Ehepaar, das ihr Neugeborenes bei den Großeltern parken konnte, und der Schweizer, dessen Freundin leider zu Hause noch arbeiten muss. Der Algorithmus eines Streamingdienstes liefert die passende Musik, die im Roman stets angeführt wird – hauptsächlich Jazzstandards in ausgesuchten Interpretation.
Mit jedem neuen Anlauf, die Geschichte des Abends zu erzählen, brechen freilich neue Irritationen auf. Ein Senffleck am schwarzen Outfit der Gastgeberin, die Gäste treffen mit zu großer Verspätung ein, weil sie vorher noch in einer Bar waren, wo sie einen Amerikaner und seine Begleitung kennengelernt haben. Die schauen nachher – als die Quiche verspeist ist – auch noch vorbei und verleihen dem Geschehen eine sexuelle Komponente. Alles nur in der Phantasie, oder? Und die Polizisten vom gegenüberliegenden Kommissariat warnen vor einem Wasserrohrbruch statt wie befürchtet einer Ruhestörung nachzugehen. Teresa Präauers „Kochen im falschen Jahrhundert“ ist eine Art soziologische Zustandsbestimmung heutiger Wohlstandsmenschen – mit Vergnügen lesbar und trotzdem – wie die Amerikaner bei üppigen Essen sagen – ziemlich „heavy“. Teresa Präauer wird ihren Roman am 19. Mai bei „Rund um die Burg“ präsentieren.
Teresa Präauer: Kochen im falschen Jahrhundert
Wallstein Verlag
200 Seiten
€ 22,70