In Antiochia steht ein Café Central – Händels Oratorium „Theodora“ im MuseumsQuartier
Bild: ©Monika und Karl Forster
Na so was: Intendant und Regisseur Stefan Herheim lässt Händels Oratorium „Theodora“, die Neuproduktion des Theater an der Wien im MQ, doch tatsächlich im Wiener Café Central – dem Lieblingscafé der Stadttouristen – spielen. Dabei ist die Handlung dieses Stücks so gar nicht kaffeehauslike, sondern ziemlich grausam, geht es darin doch um den Märtyrertod von Christen zur Zeit Kaiser Diokletians in Antiochia. Aber ja, das Kaffeehaus war früher schließlich der Laufsteg der Wiener Gesellschaft, wo vieles auch verhandelt wurde. Das passt vor allem vor der Pause, denn da wird einmal lange das römische Gesetz, wonach dem obersten Gott Jupiter geopfert werden muss, verhandelt. Wer sich dem widersetzt, droht der Tod. Im Mikrokosmos Kaffeehaus ist der Statthalter der Cafetier und seine Kellnerinen und sein Kellner die ersten Christen. Die Kaffeehausgäste sind das wankelmütige Volk, das sich leicht mit Kuchen aus der Vitrine bestechen lässt. Angeblich war „Theodora“ des Komponisten liebstes Stück, trotz des Misserfolgs bei der Uraufführung 1750 in London.
Bejun Mehta, der in Wien bestens bekannte und vielfach gefeierte Countertenor, debütiert im akustisch nicht optimalen MuseumsQuartier als Operndirigent. Am eindrucksvollsten gelingen die Chorpassagen, der Arnold Schönberg Chor leistet aber auch darstellerisch wirklich Großartiges. Sängerisch überzeugen das Publikum vor allem Mezzosopranistin Julie Boulianne als Theodoras Kollegin und Unterstützerin Irene und der Countertenor Christopher Lowrey als Theodoras Befreier Didymus, im Drama ein römischer Offizier und Kriegsheld, im Café aber natürlich ebenfalls ein Kellner. Er kann nicht sehen wie Theodora – Sopran Jaqueline Wagner – nicht nur eingesperrt, sondern sogar zur Prostitution gezwungen werden soll. David Portillo, wie auch alle anderen Sängerinnen und Sänger aus den USA, gibt als Statthalter den Bösewicht.
Zauberhaft ist Händels Musik vor allem bei den Übergängen, aber nach der Pause können auch einige Arien das Herz rühren. Da wird das Kaffeehaus dann zum Kerker, was nicht mehr so gut passt – aber Umbauten sind im MQ wohl schwierig, zumal das Central wirklich detailgerecht nachgebaut wurde. Das Publikum schien mit der Aufführung musikalisch zufrieden, Herheims Inszenierung wurde weniger beklatscht. Sehenswert ist „Theodora“ aber allemal.
Termine noch am 21., 23., 25., 27. und 29. Oktober – www.theater-wien.at