Milo Raus „Medea’s Kinderen“ war ein Höhepunkt der Wiener Festwochen

Foto: ©Michiel Devijver

Euripides „Medea“ ist nicht nur ein Flüchtlings-Drama, sondern auch ein Stück über einen unerhörten Kindermord verübt durch die Mutter der Opfer. Dass eine Mutter ihre Kinder umbringt entzieht sich völlig unserem Verständnis, gilt doch die Mutterliebe als  geradezu heilig. Festwochenintendant Milo Rau hat jetzt die antike Medea mit einem tatsächlichen Kindermord vor 15 Jahren in Belgien verwoben. Und: er lässt das durch 6 Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren spielen.

Der Abend im Jugendstiltheater beginnt ganz harmlos. Wir sollen glauben, dass die Vorstellung schon vorbei ist und jetzt ein Publikumsgespräch stattfindet. Ein Spielleiter fragt die Kinder – gespielt wird in Niederländisch mit Übertiteln – wie es ihnen denn so ergangen ist am Theater. Nach und nach wollen die Buben und Mädchen aber doch wieder spielen und wir erleben sowohl die Geschichte der Medea als auch das tragische Schicksal einer Familie in Ostende. Dort hatte eine Frau ihren 5 Kindern nach und nach die Kehle aufgeschlitzt, um dann an ihrem eigenen Selbstmord zu scheitern. Ihr Mann, ein Marokkaner war mutmaßlich auch homosexuell, er hatte jedenfalls einen reichen Gönner und war immer länger bei diesem geblieben. 

Sehr klug arrangiert Rau die Szenen und durchaus atemberaubend performen die Kinder – sie schlüpfen in mehrere Rollen, immer wieder werden auch Hintergründe auf einer Leinwand aufgezogen. Fast unerträglich nah sehen wir dann am Schluss auch die Morde – eine emotionelle Zumutung. Mit vielen Fragen und überwältigt vom Können der Darstellerinnen und Darsteller bleibt das Publikum nachdenklich zurück. Anders als in Raus Mozart-Opern-Version des Tito wirkt hier nichts aufgesetzt oder erzwungen. Eine beispielhafte Theaterarbeit. 


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