Die Berge stellen sozusagen den Battleground der österreichischen Identität dar. Nicht zufällig beginnt ja auch unsere Bundeshymne mit „Land der Berge…“. Und mit Sesselliftbetreibern und Schiverband-Chefs legt man sich besser nicht an, will man hierzulande politisch überleben, –  wie die Pandemie wieder eindrucksvoll gezeigt hat.

Was tun mit den Bergen? – Elfriede Jelineks „In den Alpen“ & Fiston Mwanza Mujilas „Après les Alpes“ im Volkstheater

Bild: ©Marcel Urlaub

Die Berge stellen sozusagen den Battleground der österreichischen Identität dar. Nicht zufällig beginnt ja auch unsere Bundeshymne mit „Land der Berge…“. Und mit Sesselliftbetreibern und Schiverband-Chefs legt man sich besser nicht an, will man hierzulande politisch überleben, –  wie die Pandemie wieder eindrucksvoll gezeigt hat. Als im Jahr 2000 155 Menschen in einer Gletscherbahn in Kaprun hilflos verbrannten, war nachher niemand schuld – es gab nur Freisprüche. Elfriede Jelinek verarbeitete die Katastrophe in ihrem 2002 uraufgeführten Stück „In den Alpen“. Das Volkstheater spielt dieses jetzt mit Fiston Mwanza Mujilas „Après les Alpes“ – einem Auftragswerk des Theaters – an einem Abend. Claudia Bossard hat die beiden schwer zu fassenden Stücke inszeniert.

Jelinek lässt dabei die Toten auftreten und Klage führen. Das Grauen wird mittels eines Kindes und eines Schilehrers ausgebreitet. Hinter einer Glaswand schwebt ein um sich selbst kreisenden riesiger Meteor – eine täuschend echte Projektion. Natürlich steht der Massentourismus am Pranger und die „gute“ österreichische Tradition der Leugnung von Verantwortung. Schuld hatte nur ein kleiner Heizstrahler, der laut Bedienungsanleitung gar nicht hätte eingebaut werden dürfen.

Fast nahtlos geht Jelineks Stück dann in die Uraufführung von Fiston Mwanza Mujilas „Après les Alpes“ über – es gibt keine Pause, lediglich die Bühnenarbeiter tragen immer mehr Teile der Kulisse weg. Fiston Mwanza Mujila ist gebürtiger Kongolese, lebt und arbeitet aber schon seit 2009 in Graz. Im Zentrum seines Textes steht die Umwandlung der Alpen in ein Bergbaugebiet – denn der Tourismus ist aufgrund des Schneemangels schon längst perdu. Warum sollen nur im „globalen Süden“ Kinder im Bergwerk schuften? Julia Franz Richter spielt in barocker Robe die exaltierte Frau Gartner mit ihren kruden Nachnutzungsphantasien. Daneben agieren Anna Rieser, Uwe Rohbeck, Christoph Schüchner und Stefan Suske engagiert spielend auf der Bühne. Nick Romeo Reimann setzt eine eindrucksvolle Schlusspointe, indem er aus großer Höhe immer wieder von einer Flugzeugtreppe auf dicke Matten springt.

Ob dieser nicht leicht konsumierbare Abend Publikum anlocken kann, wird sich zeigen.


Infos & Karten: volkstheater.at