„Liebes Arschloch“ von Virginie Despentes im Volkstheater
Bild: ©Marcel Urlaub
Ich muss zugeben, Virginie Despentes Roman „Liebes Arschloch“ habe ich im Vorjahr nach wenigen Seiten wieder weggelegt. Warum ein Buch über einen Aufreger in den Sozialen Netzen lesen – so plump sollte Literatur nicht sein. Jetzt also auf der großen Bühne. Der deutsche Regisseur Stephan Kimmig breitet die Vorwürfe und persönlichen Tragödien von nur drei Beteiligten – einen zu Selbstmitleid verkommenen Literaten, eine in die Jahre gekommene Schauspielerin und eine wütende junge Feministin – auf fast drei Stunden (mit Pause) aus. Das macht er teilweise auch sehr unterhaltend – vor allem weil die drei Darsteller – Birgit Unterweger als Diva, Paul Grill als sie anfangs beleidigender Schriftsteller und Irem Gökçen als seine Verlagsassistentin, die sich vor Jahren seiner sexuellen Belästigungen fast nicht erwehren konnte. Mit der Zeit ist es aber dann doch wie immer in den Sozialen Medien – es wird trotz der vielen Themen, die durchs Dorf getrieben werden – #metoo, Corona, Feminismus, Patriarchat, Hass im Netz und Alkohol- und Drogenmissbrauch – schnell langweilig. Dazu die üblichen Ingredienzien heutiger Inszenierungen. Es wird live auf die Leinwand übertragen, dazu viel – gute – Pop-Musik und die Drehbühne lässt munter zwischen den angedeuteten Wohnungen der Schauspielerin und des Literaten wechseln. Manchmal kommen sich die beiden sogar näher und tanzen zaghaft miteinander, man weiß freilich, dass sie sich nur schreiben, wenngleich gerade in diesen Szenen ihre große Einsamkeit spürbar wird. Aber vielleicht ist das ja das Problem heute: wir haben uns viel zu sagen, sprechen aber nicht mehr direkt miteinander.
Infos & Karten: volkstheater.at