Theaterkritik – Pelléas und Mélisande

Symbolistisch direkt


„Pelléas und Mélisande“ im Akademietheater. Eine Theaterbesprechung von Helmut Schneider.
Fotos: Susanne Hassler-Smith


Maurice Maeterlincks Drama „Pelléas und Mélisande“ kennt man eigentlich nur in der Opernfassung von Claude Debussy. Das symbolistische Stück über einen Mann, der auf seiner Insel eine junge Frau findet, heiratet und dann zusehen muss, wie sie sich in seinen Bruder verliebt, scheint auch nur in Vermutungen und Andeutungen zu leben. Der US-amerikanische Regisseur Daniel Kramer brachte es jetzt in einer neuen Fassung und in einer Übersetzung von Alexander Kerlin im Wiener Akademietheater zur Premiere. Er arbeitete dabei vor allem mit drastischen Bildern. Die zarte, blonde, verängstigte Mélisande (Sophie von Kessel) steht dabei dem grobschlächtigen Golaud (Rainer Galke) gegenüber, der sie mit seinen riesigen Händen zu fassen versucht. Später sieht man auch noch seinen keulenartigen großen Penis, mit dem er die Puppe seiner Frau schändet. Sind wir da schon in einem Traum ohne Verdrängung? Schwager Pelléas (Felix Rech) passt da schon größenmäßig besser zu Mélisande. Die Schwiegereltern (Barbara Petritsch und Branko Samarovski) sehen dem Spiel ebenso traurig wie fassungslos zu. Und Stiefsohn Yniold, der sich als Mädchen fühlt (erfrischend: Maresi Riegner) und gezwungen ist, sein Leid als zum Jungen verdammter Thronfolger in einer Nebenhandlung darzustellen.

Eingerahmt wird das Ganze von einer Art Gameshow samt Showgirl. Hat es wirklich noch mehr Hinweise auf unsere sexistische Gegenwart bedurft? Dabei sind die Darsteller redlich bemüht, den Text glaubhaft wirken zu lassen. Allein, können sie damit in der aufgeladenen Stimmung auch durchkommen? Dem Premierenpublikum schien die zweistündige deftige Traumdeutung jedenfalls gefallen zu haben.