Ödön von Horváths auf dem Oktoberfest in München spielendes Volksstück „Kasimir und Karoline“ gehört zu den meistgespielten Repertoirestücken des deutschen Theaters.

Horváths „Kasimir und Karoline“ in einer sehr speziellen Fassung im Burgtheater

Bild: ©Matthias Horn

Ödön von Horváths auf dem Oktoberfest in München spielendes Volksstück „Kasimir und Karoline“ gehört zu den meistgespielten Repertoirestücken des deutschen Theaters. Vielleicht weil es um ein Liebespaar geht, das freilich angesichts der trüben wirtschaftlichen Lage – Kasimir ist gerade arbeitslos geworden – vor dem Ende der Beziehung steht. Horváth scheint dabei den berühmten Spruch von Karl Marx – „Es ist nicht das Bewusstsein der Menschen, das ihr Sein, sondern umgekehrt ihr gesellschaftliches Sein, das ihr Bewusstsein bestimmt.“ – geradezu verifizieren zu wollen.

Die serbische Regisseurin Mateja Koležnik bricht das Stück nun im Burgtheater auf eine 80-minütige Tour de Force herunter. Gespielt wird dabei auf zwei Ebenen (Bühne: Raimund Orfeo Voigt): Oben – orange gehalten und mit halbtransparenten Paneelen zum Teil verdeckt – eine Tankstelle mit Garage, in der auch gefeiert und Musik gemacht wird, unten – grünlich schmutzig – der Waschraum einer Toilette, wo sich die Mädchen umziehen aber wo auch körperliche Gewalt stattfindet. Das Geschehen läuft dabei geradezu atemlos ab, alle Figuren sind fast immer in Bewegung, es wird gestritten und gelacht, intrigiert und geprügelt. Die Sanitäter sind dabei im Dauereinsatz. Dass man dabei nicht immer jedes Wort versteht, scheint gewollt und ist der schnellen Dramatik und den abschirmenden Stellwänden geschuldet.

Vom Schauspielteam wird viel abverlangt. Felix Rech und Marie-Luise Stockinger sind das titelgebende Paar, gespiegelt durch das zweite Paar, dem brutalen Merkl Franz (Christoph Luser) und seine naiv-ergebene Erna (Mavie Hörbiger). Jonas Hackmann spielt den Zuschneider Schürzinger, der angesichts des Streits von Kasimir mit Karoline seine Chancen berechnet. Markus Hering und Markus Meyer geben nur die Karikaturen geiler, reicher, alter Männer ab.

Diese Burgtheaterfassung ist zweifelsohne ein radikal neuer Ansatz diesen Klassiker zu realisieren – um Werktreue schert sich Mateja Koležnik wenig. Wer sich darauf einlässt, erlebt ein packendes, heutiges Theater, das seine Stärken im Kampf um Zuseher, die längst eine TV-Serien-Ästhetik gewohnt sind, geschickt ausspielt.


Infos & Karten: burgtheater.at