Kopflose Politik – Die Josefstadt und das Akademietheater eröffnen die Saison mit politischen Stücken von Jean-Paul Sartre und Ferdinand Schmalz
„Bumm Tschak oder Der letzte Henker“ von Ferdinand Schmalz – eine Koproduktion des Burgtheaters mit den Bregenzer Festspielen – ist jetzt im Akademietheater zu sehen. Schmalz ließ sich dabei von der historischen Figur des letzten Henkers von Wien inspirieren, der äußerst beliebt war und ein florierendes Wirtshaus betrieb. Im Stück ist er Clubbesitzer und wird dabei von der neuen Kanzlerin in die Rolle des Henkers gezwungen, weil er nur so seinen Geliebten Flo aus dem Gefängnis retten kann. In der Regie des Hausherrn Stefan Bachmann tragen alle Darsteller skurrile, oft glitzernde Gewänder, die Systemschergen – die moderne SS der Machthaberin – sind wie Dalmatiner oder Kühe gepunktet. Das passt gut zur rhythmisierten Sprache, die Bachmann zu betonen weiß. Am stärksten ist die erzählte Geschichte eines geköpften Huhns, das vom Besitzer am Leben gehalten wird und das auf Jahrmärkten viel Geld einbringt. Am Schluss erscheinen dann alle Figuren wie kopflose Lemuren, die ihre kopflosen Agenden verfolgen. Eine starke Aufführung mit vielen Sprachbildern, die die Spannung bis zum Schluss hält – und mit sehenswerten Schauspielleistungen (Max Simonischek, Maresi Riegner, Mehmet Ateşçi, Stefanie Dvorak, Sarah Viktoria Frick, Melanie Kretschmann, Thiemo Strutzenberger, Stefan Wieland).
Jean-Paul Sartres 1948 uraufgeführtes Stück „Die schmutzigen Hände“ spielt in einem fiktiven Land, es geht aber ganz klar um die allgemeingültigen Grenzen des politischen Handelns. Lässt sich der Mord an einem Parteigenossen rechtfertigen, wenn der Auftrag dazu von der Partei selbst kommt? Im Theater in der Josefstadt versucht David Bösch dem doch recht angegrauten Drama mit eher heutiger Kleidung und dem Einsatz von französischen Chansons und Pop-Musik die Patina abzukratzen. Er setzt dabei auf ein hervorragendes Schauspiel-Terzett mit Nils Arztmann als intellektuellen Attentäter, Johanna Mahaffy als seine lebenslustige Frau (eigentlich die interessanteste Figur) und Günter Franzmeier als charismatischen Parteiführer, der die Kooperation mit anderen politischen Kräften wagen will. In den zentralen Stellen des Stücks, in denen es um politisches Handeln – und was das mit den ausführenden Menschen macht – geht, gelingt das auch recht gut. So wirft der Politprofi seinem Mörder zurecht vor, Menschen zu hassen – ein Eindruck, den man auch heute noch bei vielen Politikern hat. Dass der Mord dann schließlich aus persönlichen Motiven – der Jungaktivist findet seine Frau in den Armen des Alten – ist ebenso Sartres Pointe wie, dass die Parteiführung wenig später ebenjenes Bündnis eingeht, das sie mit dem Mord verhindern wollte. Etwas antiquiert wirkt das Drama allerdings trotzdem.