Theaterkritik – Der Weg ins Freie, Theater in der Josefstadt

„Der Weg ins Freie“ im Theater in der Josefstadt


Derzeit gibt es im Theater in der Josefstadt Arthur Schnitzlers „Der Weg ins Freie“ zu sehen. Eine Theaterkritik.
Text: Helmut Schneider / Foto: Roland Ferrigato


Der Hauptplot des 1908 erschienenen Romans „Der Weg ins Freie“ geht darum, dass Baron Georg von Wergenthin, ein Aristokrat und Künstler, die junge Musikerin Anna Rosner auch dann nicht heiraten will, als sie sein Kind erwartet. Schließlich ist er Künstler und muss frei sein. Die Kindesmutter betrügt er noch vor deren Entbindung. Als das Kind dann stirbt, will er Anna wieder als Geliebte, so als ob nichts gewesen wäre. Schnitzler verarbeitete darin den Umgang von Seinesgleichen mit Frauen und wahrscheinlich aus deswegen zeigten sich seine Freunde von diesem Prosawerk wenig angetan. Inzwischen gilt „Der Weg ins Freie“ allerdings als eines der Hauptwerke der österreichischen Literatur im 20. Jahrhundert. Zumal ein zweites Thema – nämlich der Antisemitismus in Wien schon vor Lueger – darin schonungslos dargestellt wird.

Susanne Wolf hat nun für das Theater in der Josefstadt eine überaus wirksame und spannende Theaterfassung hergestellt. Schnitzlers Witz auskostend wird man sich bei den fast drei Stunden des Abends (mit Pause) niemals langweilen. In der pointiert eingesetzten Regie von  Janusz Kica spielt Alexander Absenger den Frauenheld Georg, Alma Hasun die Anna, Raphael von Bargen den jüdischen Freund und Schriftsteller Bermann und Michaela Klamminger die in Georg verliebte Tochter des reichen Ehrenberg Else. Und natürlich gibt es auch beispielhafte Antisemiten, die allerdings nicht das von Juden gespendete Geld verachten. Vergessen ist etwa in Wien, dass die Volksoper 1898 dezidiert als arisches Haus für christliche Komponisten und Schriftsteller gegründet wurde. Da war Hitler gerade einmal 10 Jahre alt. Schnitzler zeigt alle Formen des Antisemitismus sowie alle Reaktionen darauf – schließlich wurde ja auch der Zionismus durch Herzl in Wien erfunden. Es wäre zu wünschen, dass sich alle Maturaklassen Wiens „Der Weg ins Freie“ ansehen.