Der verrückte Literaturbetrieb in Berlin – Nell Zinks „Sister Europe“

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Die Kalifornierin Nell Zink lebt seit 2000 in Deutschland und schreibt hier gut lesbare, aber auch literarisch anspruchsvolle Romane. In ihrem Neuesten nimmt sie Berlins Kulturszene auf die Schippe. Mit schillernden Figuren. Da ist etwa der Sohn des Kunstkritikers Demian, der sich als Mädchen fühlt und in aufreizender Kleidung vergeblich versucht, am Strich Karriere zu machen. Damians Freund ist ein Amerikaner, der im Berlin der Umbruchsjahre mäßig faktenbasierte Büchlein für Pop-Fans bei Konzerten vertreibt. Und da ist ein arabischer Geschichtenerzähler, der voll von Vorurteilen ist, aber dem ein Literaturpreis verliehen werden soll. Eine eher fade Angelegenheit, bei der zum Entsetzen der Gäste nicht einmal Alkohol ausgeschenkt werden darf. Alles kulminiert in einer langen Nacht, in der auch ein vertrottelter Polizist Jagd auf den verhinderten Stricher macht. Mittendrin ist eine Enkelin von schwer belasteten Nazis, die als vermeintliche Widerstandskämpferin eine Villa mitten in Paris für sich retten konnte.

Der Roman ist zweifelsohne sehr amüsant geraten, viel Tiefgang sollte man diesmal bei Zink allerdings nicht erwarten. Sicher nicht das beste Buch der sonst so zuverlässigen Autorin.

Nell Zink: Sister Europe. Aus dem Englischen von Tobias Schnettler. Rowohlt, 268 Seiten, € 25,95