Kneipengespräche – Daniel Kehlmanns „Nebenan“ am Burgtheater
Daniel Kehlmann hat sein Drehbuch zum Film von Daniel Brühl fürs Burgtheater adaptiert. Es geht um einen erfolgreichen Schauspieler (Florian Teichtmeister), der gerade zu einem Casting in die USA aufbrechen will, und seinen armen Nachbarn (Norman Hacker), der über Kreditkartenrechnungen Peinliches über ihn herausfindet. Doch das präsentiert der ehemalige Ossi in der herabgekommenen Berliner Kneipe nur in kleinen Dosen, sodass der gestresste und nervös auf seinem Handy telefonierende Promi erst nach und nach das Ausmaß dieses Stalkings erkennt. Das ist mäßig spannend und höchstens so komplex wie weniger gute Netflix-Serien. Klar betrügt ihn die Partnerin und klar benützt er halblegale Sexplattformen. Warum ihn der Nachbar aber so hasst, wird nicht schlüssig erklärt. Weil er ihn ignoriert? – na da könnte man viele Menschen ans Messer liefern wollen. Weil er in einem Haus wohnt, das gentrifiziert wurde? Weil er ihn beneidet? Gar ein Klassenkampf?
Martin Kušej inszenierte mit allerhand netten Details – die dünne und wenig komplexe Berliner Kneipen-Suppe wird aber dadurch auch nicht gehaltvoller. Die riesige Burg-Bühne (Jessica Rockstroh) wirkt deplatziert. Für die meiste Spannung sorgen da noch zwei Nebenfiguren mit ganz wenig Text: Katharina Pichler als resolute Wirtin und Stefan Wieland als Trinker am Tresen, der von Zeit zu Zeit einen unverständlichen Wutsager loslässt, den die Chefin sofort unterbindet. Und das Publikum ist schon erheitert, wenn im Radio von kilometerlangen Staus an der österreichischen Grenze berichtet wird.
INFOS: burgtheater.at