Voodoo Jürgens im Café Weidlinger. – ©Stefan Diesner

Rickerls Wien – Voodoo Jürgens über seine erste Rolle und seine Karriere

Voodoo Jürgens im Café Weidlinger. – ©Stefan Diesner

Liedermacher Voodoo Jürgensentwickelte mit Regisseur Adrian Goiginger den Musikfilm RICKERL, in dem er einen traumtänzerischen Wiener Sänger und Vater spielt. Beim Interview im Café Weidinger erzählt der Austropopstar über den Film und seine Karriere.

Heite grob ma Tote aus“: Mit dieser – auf FM4 viel gespielten – Single im breiten Wiener Dialekt wurde Voodoo Jürgens 2016 schlagartig berühmt. Es folgten die Alben „Ansa Woar“, „’S klane Glücksspiel“ und zuletzt 2022 „Wie die Nocht noch jung wor“, sowie zahlreiche Auftritte in Österreich und Deutschland. In der Theaterproduktion mit Stephanie Sargnagel spielte er im Rabenhof und sogar im „Tatort“ hatte er einen Gastauftritt. In „RICKERL – Musik is höchstens a Hobby“ spielt er aber seine erste Hauptrolle in einem Film. Wobei der Streifen von Adrian Goiginger (Regisseur u.a. von „Die beste aller Welten“ und „Der Fuchs“) doch ein bisschen autobiografisch geworden ist. Der Plot wurde bei vielen Gesprächen entwickelt, das Drehbuch schrieb aber Goiginger selbst.

„Ich wollte auf keinen Fall vermitteln, dass harte Arbeit immer zum Erfolg führt.“

Voodoo Jürgens

„RICKERL“ erzählt die Geschichte eines Wiener Musikers, der seinen Job auf einem Friedhof verliert – Voodoo Jürgens hat auch einmal in diesem Gewerbe gearbeitet – und jetzt als Musiker über die Runden kommen muss. Er besitzt zwar schon viele auf Schmierzettel geschriebene Songs, aber Selbstvermarktung gehört zweifelsohne nicht zu seinen Talenten. Als Musikmanager mit Herz hat der Schriftsteller Georg Biron einen Gastauftritt.

Zum eigentlichen Movens des Films wird allerdings Rickerls Beziehung zu seinem Sohn, der nach der Trennung bei seiner Mutter und dessen neuen Partner lebt. Der etwas chaotische Rickerl verliert seinen ihn innigst liebenden – von Ben Winkler sehr authentisch dargestellten – Sohn zwischendurch. Ausgespart wird auch nicht das zwiespältige Verhältnis des Protagonisten zu seinem sich immer auf der Suche nach Geld befindenden Spieler-Vater. 

Und während üblicherweise bei einem Musikfilm der Durchbruch des Stars das Grande Finale bildet, verweigert RICKERL das A-Star-Is-Born-Happy-End. 

Helmut Schneider: Waren Sie Autodidakt beim Schreiben und in der Musik?

Voodoo Jürgens: Ja, mein Großvater war ein Sportler und ich bin dann auch in eine Sportschule gegangen. Kunst und Kultur waren lang gar kein Thema in unserer Familie. Ich bin damals ziemlich viel Skateboard gefahren. Das Gitarrespielen habe ich mir beigebracht, damit ich Lieder singen kann. 

Im Film ist Autobiografisches dabei. Sie waren auch Friedhofsgärtner …

Ich habe dem Adrian – meistens hier im Weidinger – viele Geschichten erzählt. Aber wir wollten beide nicht meine Biografie machen, wenngleich einige Anekdoten dann doch in den Film gekommen sind. 

Der Sohn ist sehr präsent. Haben Sie selbst Kinder?

Ich habe eine Tochter, aber die Idee, ein Kind in die Handlung einzubauen, ist von Adrian gekommen. 

Im klassischen Künstlerfilm hat ja der Künstler zwar am Anfang keinen Erfolg, aber dann wird er entdeckt. Das wird bei RICKERL verweigert, warum? 

Genau das war mir wichtig. Ich wollte eine Geschichte erzählen, wo das zumindest offen bleibt. Eben keine 0815-Erfolgsstory. Ich kenne ja viele, die es probieren und hart daran arbeiten und bei denen es niemals aufgeht. Ich wollte auf keinen Fall vermitteln, dass harte Arbeit immer zum Erfolg führt.



Rickerl – Musik is höchstens a Hobby. Der Spielfilm von Adrian Goiginger kommt am 19. Jänner in die österreichischen Kinos.

Rickerl – Musik is höchstens a Hobby. Der Spielfilm von Adrian Goiginger kommt am 19. Jänner in die österreichischen Kinos.

Was war Ihnen noch wichtig? 

Es ist ja ein sehr schmaler Grat, wo etwas kitschig, das Wienerische platt wird und in Klischees abdriftet. Auch die Schauplätze im Film sind keine Ansichtskartensujets von Wien. 

Wo in Wien fühlen Sie sich persönlich am wohlsten? Ihr Klischee wären ja die Beisln …

Ich bin jetzt eher weniger in Beisln als früher. Es gibt ja auch immer weniger Beisln. Aber dieses Gefühl, dass an einem Ort die Zeit stehen geblieben ist, mag ich schon sehr. 

Sie sind sehr viel auf Tournee, auch in Deutschland – werden Sie da überhaupt verstanden?

Ich bin sogar mehr in Deutschland unterwegs als in Österreich, weil es dort mehr Auftrittsmöglichkeiten gibt. Im bayerischen Raum werde ich gut verstanden. Im Norden wird die Textebene natürlich weniger wichtig, aber die Band gleicht das dann gut aus. Da geht es dann mehr um das Feeling, das ich vermitteln kann. 

Der klassische Spruch, den ich dann oft in Deutschland höre, lautet dann: „Kein Wort verstanden, aber richtig geil!“ 

Ich habe aber schon das Gefühl, dass bei meinen Konzerten mehr rüberkommt, als es den Leuten wirklich bewusst ist. Meine Texte lassen sich über die Musik schon gut vermitteln. Mir geht das ja genauso manchmal bei amerikanischen Songs, wo ich auch nicht immer so auf den Text achte. 

Voodoo Jürgens ist natürlich eine Kunstfigur, Sie stehen ja für ein gewisses Lebensgefühl?

Ja, deswegen habe ich ja auch ein Pseudonym gewählt. Das hat sich natürlich erst entwickelt. Der Voodoo ist quasi eine Version von mir, bei der ich mehr draufdrücke.


Voodoo Jürgens mit Ben Winkler als Sohn und Agnes Hausmann als Ex. – ©FILMLADEN Filmverleih


Sie sind in Tulln aufgewachsen, aber schon lange in Wien. Fühlen Sie sich inzwischen als Wiener?

Ja, klar. Ich habe mit 15 in Wien eine Lehre angefangen, lebe also schon lange hier. Für mich war aber schon lange vorher klar, dass ich Tulln verlassen würde.

Der Schriftsteller Georg Biron spielt auch im Film mit, wie ist das entstanden?

Lustigerweise hat Adrian das Drehbuch in seinem Salzburger Heimatdialekt geschrieben und so brauchten wir jemanden, der das ins Wienerische übersetzt. Für mich war das neben der Musik nicht machbar und so ist der Georg eingesprungen und hat dann auch gleich eine kleine Rolle übernommen. 

 Der Film scheint aus der Zeit gefallen, es tauchen zwar Handys auf, aber auch Schreibmaschinen und Kassettenrekorder. War das gewollt?

Na ja, es gibt durchaus auch heute Menschen – zu denen auch ich gehöre –, die auf das Analoge, das Haptische abfahren. Und der Rickerl ist eben so einer. 

Der Hauptkonflikt ist aber die Geschichte mit dem Sohn …

Der Rickerl muss eben schauen, wo er seinen Platz findet – er hat ja eine Trennung hinter sich, ist arbeitslos. Und in seiner Rolle als Vater ist er sich genauso unsicher wie beim Musizieren.

In einer Szene gibt es eine Schlägerei auf einer Hochzeit, wo der Rickerl spielt. Haben Sie so etwas schon erlebt?

Ja, tatsächlich – aber in meiner Kindheit, wo ich mit den Eltern bei einer Hochzeit war und irgendwer die Braut angebraten hat. Da gab es dann eine Schlägerei. 


Informationen & Details zum Film: filminstitut.at