Spaß muss sein, auch in der Geschichte
Kleo auf Netflix – Spaß muss sein, auch in der Geschichte. Serientipp von Helmut Schneider.
Umbruchszeiten sind etwas ganz Besonderes in der Geschichte und der Zusammenbruch des Ostblocks war zweifelsohne die größte der letzten Jahrzehnte. An den Folgen, den vielen Fehlern (etwa den Oligarchenwahnsinn, um nur einen zu nennen), leiden wir leider noch immer. Und sogar dort, wo der Umbruch im Vergleich noch relativ gesittet stattfand wie bei der deutschen Wiedervereinigung sind die Wunden längst noch nicht verheilt.
Die neue Netflix-Serie KLEO spielt sozusagen im Auge des Orkans der deutschen Umbruchszeit, nämlich in Berlin als nach dem Fall der Mauer alles möglich schien. Während die deutschen Industriebonzen großspurig erklärten, sie würden die DDR in ein paar Monaten auf Vordermann bringen können, glaubten einige Ost-Bürger noch, sie könnten aus der alten DDR einen linken, liberalere Vorzeigestaat machen. In diesem Gemenge spielt die neue Serie.
Die ziemlich harmlos ausschauende Titelfigur Kleo (herrlich gespielt von Jella Haase) ist eine ehemalige Killerin des DDR-Apparats in einer Einheit, die es offiziell natürlich gar nicht gibt. Denn ihr Operationsfeld war der Westen. Dort räumte sie feindliche Spione und Überläufer aus dem Weg – in der ersten Szene gleich mit präpariertem Koks. Ihre Karriere nimmt allerdings noch vor dem Mauerfall ein jähes Ende als sie ohne zu wissen warum verhaftet und zu lebenslanger Haft verurteilt wird. Dabei ist sie doch das Enkelkind eines Stasi-Obersten. Als dann die DDR den Geist aufgibt, kommt sie aus dem Gefängnis und beginnt einen Rachefeldzug gegen alle, die für ihren jähen Absturz – im Gefängnis verliert sie auch noch ihr Kind – verantwortlich sind. Wobei das Problem besteht, dass sie bis zum Schluss im Dunkeln tappt. Damit aber nicht genug kommt ihr ein eher tollpatschiger westdeutscher Polizist auf die Spur. Ein Kampf jeder gegen jeden beginnt. Doch bei Kleo handelt es sich eben nicht um eine Action-Serie wie es sie zuhauf gibt, sondern um eine Komödie, bei der man auch auf historische Fakten wenig Rücksicht nimmt. So killt Kleo etwa den Stasi-Minister Erich Mielke obwohl der in Wahrheit viel später im Altenheim gestorben ist. Im Vorspann wird freilich eingeblendet: „Dies ist eine wahre Geschichte, nichts davon ist wirklich passiert.“
Den Machern der deutschen Serie (Hanno Hackfort, Richard Kropf und Bob Konrad) ging es einfach um den Spaß. Und den hat man schon deshalb, weil man sich an dem nachgebauten 80er/90er-Jahre-Ambiente nicht satt schauen kann und weil dauernd neue – oft absurde – Wendungen in der Story auftauchen. Am lustigsten ist Thilo (Julius Feldmeier), ein verstrahlter, verkiffter Raver mit Topfschnitt, der in Kleos Abwesenheit in ihre alte Wohnung zieht. Hausbesetzung war ja das Ding der Stunde. Und Vincent Redetzki spielt einen schwer an Quentin Tarantino erinnernden Ex-Kollegen und Psychopathen, der mit schief sitzender Brille die Kränkung des kapitalistischen Siegs mit Laibach-Songs verwinden will.