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Drei Meister, drei hinreißende Ballette! 

BIld: ©Ashley Taylor

Die erste Saisonvorstellung des Wiener Staatsballetts ist der dreiteilige Ballettabend Shifting Symmetries. Er vereint drei herausragende Choreografien von Hans van Manen, William Forsythe und George Balanchine, deren verbindendes Element die ebenso konsequente wie zupackende Auseinandersetzung ihrer Schöpfer mit der Kunstform Ballett ist.

Musikalisch erwartet das Publikum ein abwechslungsreicher Abend mit Kompositionen von Frank Martin, Thom Willems und Johannes Brahms, dessen Klavierquartett g-Moll op. 25 Sie in einer prächtigen Orchesterfassung von Arnold Schönberg erleben können.

Für das Nederlands Dans Theater II schuf Hans van Manen 1994 Concertante zu Frank Martins Petite symphonie concertante – eine Komposition, von deren Ausdrucksvielfalt, dynamischen Rhythmen und zwingendem Charakter er sich zu einer Choreografie inspirieren ließ, in der sich acht Tänzerinnen und Tänzer wie Teile eines Puzzles zu tänzerischen Momentaufnahmen fügen und wieder lösen. Komplexe Strukturen im Raum und streng definierte Blickrichtungen bauen wie in einem Krimi eine unauflösbare Spannung auf, durch die sich der Tanz zu einer Begegnung zwischen Menschen weitet, über die Hans van Manen sagte: »Man kann sich noch so sehr nahestehen, letztlich weiß man nie genau, was der andere denkt.«

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„Das ursprünglich für das Ballett der Pariser Oper geschaffene In the Middle, Somewhat Elevated ist ein Thema mit Variationen im strengsten Sinne“, schreibt William Forsythe über sein 1987 im Auftrag Rudolf Nurejews entstandenes Werk zu den kraftvoll stampfenden elektronischen Klängen seines langjährigen künstlerischen Partners Thom Willems. „Es nutzt die akademische Virtuosität des klassischen Balletts, und erweitert und beschleunigt deren traditionelle Figuren“, so der Choreograph. Mit In the Middle, Somewhat Elevated ist ein Werk William Forsythes zu erleben, welches das Ballett grundlegend revolutioniert hat.

Den Vorschlag, sich mit dem Klavierquartett g-Moll op. 25 in der prächtigen Orchesterfassung, die Arnold Schönberg 1937 von Johannes Brahms’ Komposition angefertigt und stolz als dessen »Fünfte Symphonie« bezeichnet hatte, auseinanderzusetzen, nahm George Balanchine von Igor Strawinskis Assistenten Robert Craft an, als er 1964 nach einem großen Werk für seine neue Spielstätte – das New York-State-Theater – suchte. 1966 kam das Brahms-Schoenberg Quartet schließlich zur Uraufführung – nicht nur als Feier der Bühne im Lincoln Center, sondern auch als Hommage an eine unvergleichliche Compagnie, die sich als 55-köpfiges Ensemble in vier, den Sätzen der Komposition folgenden Miniaturballetten von unterschiedlichsten Seiten zeigt: voller Eleganz im Allegro, voller Romantik und Lyrik in den beiden Mittelsätzen, mit Virtuosität in dem von Volkstanzelementen gefärbten »alla zingarese«-Finale. Brahms-Schoenberg Quartet zählt nicht zu den experimentellen Werken Balanchines, sondern ist ein Tanz- und Orchesterfest.

Spielstätte
Wiener Staatsoper

Termine
11., 14., 16., 18. & 23. Jänner 2025

Werkeinführung jeweils 30 Minuten vor Vorstellungsbeginn im Gustav-Mahler-Saal

wiener-staatsoper.at/staatsballett

Das Wiener Staatsballett zeigt mit „Les Sylphides“ Choreographien von Michel Fokine und Uwe Scholz sowie eine Uraufführung von Adi Hanan.

Abwechslungsreicher Dreiteiler

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Das Wiener Staatsballett zeigt mit „Les Sylphides“ Choreographien von Michel Fokine und Uwe Scholz sowie eine Uraufführung von Adi Hanan.

 Die Premiere von Les Sylphides 1909 in Paris sorgte für großes Aufsehen. Ihr Choreograph, Michel Fokine, hatte zu Musik Frédéric Chopins das erste »Ballet Blanc« ohne eine konkrete Handlung geschaffen. Voller Poesie entfalten sich Bilder eines jungen Mannes, der in einem mystischen Wald wundersamen Sylphiden begegnet. Viele kleine Details werden in Soli und kleinen Formen vom gesamten Ensemble getanzt. Olga Esina zeigt überaus elegant ein Prélude, Elena Bottaro tanzt eine Mazurka,und Ionna Avraam führt einen großen Walzer an. In der Volksoper wählte man die Orchestrierung von Frederic Chopins Klavierstücken durch Benjamin Britten, die kurzzeitig verschollen und nun erstmals auch in Wien erklingt.

Nach der Pause brilliert die israelische Künstlerin und Ensemblemitglied Adi Hanan mit einer Uraufführung für das Wiener Staatsballett. In Eden wirft die junge Choreographin zu Musik von Franz Schubert und Arvo Pärt einen frischen Blick auf eine der berühmtesten biblischen Geschichten – Adam und Eva im Garten Eden – und konfrontiert animalisch-wilde Paradies-Vorstellungen mit der Erforschung des Verlusts der Unschuld und der Bewusstwerdung des Menschen im eigenen Körper. Zwei genderfluide Vierergruppen tanzen in raschem Wechsel.

Hinter der Gruppe sind zwei Tänzer*innen in nicht sehr ansprechenden Kostümen – Claudine Schoch und Marcos Menha – die sich, in einen weißen Kokon, bewegen. Schließlich werden sie vom „Wächter des Gartens“ (Yuko Kato) aus dem Stoff geschält.
Das letzte Stück des Abends „Jeunehomme“ in der Choreografie des 2004 früh verstorbenen Uwe Scholz zu Mozarts 9. Klavierkonzert war musikalisch und tänzerisch herausragend. Das Orchester unter der Leitung von Ido Arad und das Ensemble des Wiener Staatsballetts harmonieren perfekt. In einem engen Miteinander agieren Tanz und Komposition, vereinen Dramatik und Leichtigkeit und erschaffen im gemeinsamen Rhythmus eigene Ballettwelten: Bilder von Hingabe und Zweifel, Nähe und Ferne. Jeunehomme, 1986 für Les Ballets de Monte-Carlo choreographiert, gilt bis heute als eine der bedeutendsten Schöpfungen des Choreographen. In Wien wird die Choreographie erstmals seit der Uraufführung wieder im kompletten Bühnen- und Kostümbild Karl Lagerfelds zu sehen sein, das den Geist der Mozart-Zeit aus der Perspektive des zeitgenössischen Couturiers kongenial einfängt. 

 
LES SYLPHIDES
Musik Frédéric Chopin in einer Orchestrierung von Benjamin Britten

EDEN (URAUFFÜHRUNG)
Musik Franz Schubert & Arvo Pärt

JEUNEHOMME 
Musik Wolfgang Amadeus Mozart
Choreographie Uwe Scholz


wiener-staatsoper.at