Theaterkritik – Alles, was der Fall ist
Wittgenstein auf der Bühne
Wittgenstein auf der Bühne: „Alles, was der Fall ist“ im Akademietheater.
Text: Helmut Schneider / Fotos: Marcella Ruiz Cruz
Heuer jährte sich im April der Todestag des einzigen österreichischen Philosophen von Weltrang. Wobei Ludwig Wittgensteins Einfluss wahrscheinlich noch immer überall sonst mehr anerkannt wird als bei uns. Besonders im englischsprachigen Raum bedeutete der „Tractatus logico-philosophicus“ eine Zäsur im philosophischen Denken.
Im Akademietheater nahm sich erfreulicherweise das Regie-Duo „Dead Centre“ (Ben Kidd & Bush Moukarzel) Wittgensteins an. Allerdings erschienen den beiden die zentralen Thesen des Philosophen aus der Erkenntnisphilosophie nicht so interessant. Sie machten aus dem Denken darüber, was überhaupt gedacht und beschrieben werden kann, ein Problem der Ethik.
Konkret zeichneten sie mithilfe einer Green Box sowie Videotechnik den realen Fall der Amokfahrt eines Jugendlichen in Graz 2015 nach – immer betonend, dass man aus den Tatsachen nicht die Ursachen der Wahnsinnstat ablesen könne. Von der Steiermark geht es da etwa in den Grenzwald von Bosnien, wo sich die Familie des Attentäters 1993 zur Flucht aufmachte. Dazwischen werden Szenen aus Macbeth eingestreut, in denen es ebenfalls um gut oder böse geht. Aber natürlich kann auch Shakespeare sich im Sinne der Logik nicht exakter ausdrücken als die Flüchtlingsfamilie.
Philipp Hauß gibt dabei den Erzähler und Arrangeur, der im Puppentheater die Szenen aufbaut. Andrea Henke, Andrea Wenzl, Tim Werths und Johannes Zirner spielen wechselnde Rollen, zwischendurch auch Shakespeares Hexen. Das ist streckenweise sehr unterhaltsam, die einfachen optischen Effekte entfalten durchaus Wirkung. So wirklich schlau wird man aus den Ideen aber nicht. Am Ende heißt es dann aber sowieso erwartungsgemäß „Die Grenzen meiner Sprache sind die Grenzen meiner Welt.“