Theaterkritik – Theater in der Josefstadt, „Rechnitz (Der Würgeengel)“
Elfriede Jelineks „Rechnitz (Der Würgeengel)“ im Theater in der Josefstadt.
Text: Helmut Schneider / Foto: Philine Hofmann
Als man die Geschütze der Roten Armee schon hören konnte, feierte Gräfin Margit von Batthyány mit lokaler NS-Prominenz auf ihrem burgenländischen Schloss in Rechnitz noch ein orgiastisches Fest. Als krönenden Abschluss wurden dabei 180 ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter erschossen und verscharrt. Das Massengrab ist bis heute nicht gefunden. Nach dem Krieg setzte bekanntlich das Verdrängen ein. Erst viel später haben sich Historiker ausführlich mit diesem zynisch-schaurigen Massenmord der Nazis beschäftigt. Da waren die meisten Zeitzeugen im Ort schon tot.
Elfriede Jelinek hat aus diesem historischen Grauen ihr Stück „Rechnitz (Der Würgeengel)“ gemacht, das 2008 uraufgeführt wurde. Die deutsche Regisseurin Anna Bergmann hat es jetzt sehr effektvoll und stimmig im Theater in der Josefstadt inszeniert. Jelineks Text wird dabei kunstvoll überhöht – fast hat man den Eindruck, einer Oper beizuwohnen. Die Drehbühne wird dabei zum Mitspieler. Sona MacDonald hinterlässt im festlichen neongrünen Abendkleid als Gräfin einen gespenstigen Eindruck, zumal im Hintergrund gerade ein Massengrab geschaufelt wird. Auch das übrige Ensemble ist überzeugend. Ein gelungener Abend in der Josefstadt.
Karten und Infos: josefstadt.org