Muttertier wird zum Mutterwolf – Rachel Yoders Roman einer Metamorphose „Nightbitch“.

Muttertier wird zum Mutterwolf – Rachel Yoders Roman einer Metamorphose „Nightbitch“.

Werwolf heißt etymologisch aufgeschlüsselt ja Mannwolf. Die Verwandlung eines Mannes in einen Wolf gehört nach wie vor zu den beliebtesten Genres, es gibt unzählige Filme, in denen vor allem Teenager zu Bestien mutieren. Die in Iowa lebende Schriftstellerin Rachel Yoder zeichnet freilich die Verwandlung einer Mutter in einen Hund nach. Die Erzählerin nennt sich nach einer ersten Nacht, in der sie in der Kleinstadt nackt herumstreift, auf den Rasen des unsympathischen Nachbarn scheißt und kleine Säugetiere reißt, selbst „Nightbitch“ oder Wermutter. Vorangegangen ist dieser Metamorphose die Erkenntnis, dass sie sich als Nur-Mutter eines 2-jährigen Knaben auf einem gesellschaftlichen Abstellgleis befindet und absolut keine Zeit mehr für sich selbst hat.

Ihre Karriere als Künstlerin und Galeristin hat sie aufgegeben, zumal ihr sie durchaus liebender Mann die meiste Zeit auf Dienstreise ist und sie mit ihren Elternpflichten allein lassen muss. Das zählt auch zu den Stärken dieses feministischen Romans – die Autorin kommt ohne plumpe Feindbilder aus, denn Nightbitch liebt ihren Mann und ihr Kind, weiß aber keinen Ausweg aus der Öde zwischen Kinderspielplatz und den endlosen Ritualen, bevor ihr Sohn endlich einschläft. Zwar kann sie die anderen Mütter, die sie in der Bücherei und am Spielplatz trifft, nicht ausstehen, aber sie ist klug genug, sie als Spiegelungen ihrer selbst zu erkennen.

Aber eines Tages wachsen ihr eben Haare am Körper und am Steiß bekommt sie etwas, das einem Schwanz ähnelt. In den Schilderungen von Frauengesellschaften, denen plötzlich Flügeln wachsen oder eben Wölfe werden von einer geheimnisvollen Autorin namens Wanda White erkennt sie sich wieder. Und außerdem hat ihr Sohn viel Freude daran, wenn sie mit ihm Hund spielen kann. Er trägt gerne ein Hundehalsband und schläft endlich problemlos im Hundekörbchen.

Der Roman endet mit einer spektakulären „künstlerischen“ Performance vor den Müttern der Kleinstadt, in der Frauen oft die bessere Ausbildung, aber die Jobs die Männer haben. Rachel Yoder ist ein verstörender Roman über die Rolle der Mutter in unserer Gesellschaft gelungen, der aufzeigt, dass hier dringend Änderungsbedarf besteht. Sicher nicht nur in amerikanischen Kleinstädten.


Rachel Yoder: Nightbitch
Aus dem Englischen von Eva Bonné
Klett-Cotta
300 Seiten
€ 25,50