Als Migrantin in Wiener Neustadt – Toxische Pommes und „Ein schönes Ausländerkind“.

Als Migrantin in Wiener Neustadt – Toxische Pommes und „Ein schönes Ausländerkind“

Als sich der Krieg in Jugoslawien ausbreitet, flieht die Familie der Erzählerin nach Österreich – zumal ihre Identität innerhalb der Volksgruppen nicht so eindeutig ist. Die drei landen ausgerechnet in Wiener Neustadt, weil es dort – Verwandten zufolge – eine Stelle als Haushaltshilfe geben soll. Die Erzählerin ist da noch ein Kind und wir erleben so die Sozialisation eines „Ausländerkindes“ in Österreich. Wobei sich die Kleine aus Rijeka bald als Musterschülerin entpuppt, die sogar in Deutsch Bestnoten erzielte. Ewas, das die Lehrerin nur schwer akzeptieren konnte, denn „Ein Ausländerkind bekommt kein Sehr Gut in Deutsch“.

Auch das Erlangen der Staatsbürgerschaft war schon damals schwierig und nur durch einige Tricks möglich. Dabei war die Mutter ausgebildete Apothekerin. Nur durch zusätzliche Kurse konnte sie schließlich in ihrem Job arbeiten und bekam eine Stelle in einer Apotheke. Später arbeitete sie in einem großen Pharmaunternehmen. Papa hat – obschon ebenfalls Akademiker – hingegen grobe Schwierigkeiten – nicht nur mit der Sprache. Vom Schiffsbauingenieur wird er zum Hausmann in der Familie. Erst findet das die Erzählerin super, weil Papa immer Zeit für sie hat, doch später nervt sie ihr Vater immer mehr. Zur großen Tragödie ihrer Adoleszenz wird ein Schwimmwettbewerb. Die Erzählerin war zu einer Spitzenschwimmerin herangereift. Bei einem Fun-Wettbewerb sollte sie mit ihrem Vater antreten, doch der ist – trotz guter Fitness – mental unfähig, sich wirklich anzustrengen. Daraufhin ignoriert das Kind ihren Vater, der für die Sozialisation in der Fremde so gar nicht gerüstet scheint.

„Ein schönes Ausländerkind“ ist ein gut lesbarer Roman über die Wünsche, Ängste und Sehnsüchte einer Heranwachsenden fern der Heimat. Der Prolog passt allerdings nur bedingt. Da wird nämlich beschrieben, wie die Erzählerin nach dem Jus-Studium in einem Amt arbeitet, wo sie anscheinend nichts zu tun hat und sich schrecklich langweilt. Als das endlich auffällt, wird sie einvernehmlich gekündigt. Aber das ist ihr egal, denn sie fühlt sich längst „innerlich tot“. Die nachfolgende Beschreibung ihrer Sozialisation – eben das gesamte Buch – liest sich nicht so hart, dass man diese innere Leere verstehen kann.

Toxische Pommes ist natürlich ein Pseudonym. Irina – so der Verlag – arbeitet tatsächlich als Juristin in Wien und wurde in der Pandemie durch witzige Videos auf TikTok und Instagram bekannt. Inzwischen ist sie auch mit ihrem Kabarettprogramm „Ketchup, Mayo & Ajva – Die sieben Sünden des Ausländers“ erfolgreich.

Am 11. April wird das Buch im Wien Museum präsentiert – Anmeldung unter wienmuseum.at/event