„Café Creativ“ mit dem Informatiker & Physiker Werner Gruber

In der vierten Ausgabe der beliebten Diskussionsreihe der Wirtschaftskammer Wien – Sektion Werbung und Marktkommunikation – und Wienlive sprach der Physiker und Informatiker Werner Gruber über Möglichkeiten von KI und die Auswirkungen auf die Geopolitik. Gruber, bekannt aus diversen TV-Sendungen („Science Busters“, „Experimentalküche“) sowie populärwissenschaftlichen Bestsellern verblüffte das Publikum im vollen Café Landtmann mit Beispielen, was die KI schon heute zu leisten imstande ist. In der Moderation durch Helmut Schneider, Chefredakteur von Wienlive, erzählte Gruber wie er schon in den 90er-Jahren an der Uni Wien daran arbeitete, ein menschliches Gehirn zu simulieren, um etwa ein Phänomen wie das Stottern zu verstehen. Heute gelingt es KI-Programmen, innerhalb kürzester Zeit wissenschaftliche Arbeiten zu erstellen, die fast fehlerfrei sind. Nach seinen Ausführungen diskutierte Gruber dann noch sehr lange mit interessierten Gästen des Café Creativ über selbstfahrende Autos, die revolutionären Erfolge von KI in der Medizin, die globale Chipproduktion oder ein bedingungsloses Grundeinkommen als Folge der kommenden Automatisierung.

„Café Creativ“ verbindet die legendäre Wiener Kaffeehauskultur mit aktuellen Themen aus Werbung, Marktkommunikation und Medien. Die neue Veranstaltungsreihe bietet eine exklusive Plattform für Impulsvorträge, spannende Diskussionen und wertvolles Networking. In der Tradition der großen Wiener Denker und Praktiker aus der Welt der Marktforschung und Kommunikation – wie Ernst Dichter, Paul Lazarsfeld und Maria Jahoda – lädt das „Café Creativ“ zu einem Dialog, der nicht nur intellektuell anregend, sondern auch gesellig und inspirierend ist. Gäste erwartet eine einzigartige Atmosphäre, die den Austausch von Ideen und Perspektiven fördert – begleitet von Wiener Schmäh und einer Auswahl an exquisiten Kaffeehaus-Schmankerln.

In der nächsten Folge wird am 13. Mai die Philosophin Lisz Hirn über Philosophie als Hilfe für Wirtschaft und Management sprechen (Café Landtmann, 18 Uhr).

Was wäre wenn… Wajdi Mouawads „Die Wurzel aus sein“ im Akademietheater

Foto: ©Tommy Hetzel

Schriftsteller, zumal Romanciers, müssen quasi aus Berufsgründen vom Schicksal besessen sein. Ihr Job ist es ja, sich Lebensentwürfe auszudenken. So schrieb der im Vorjahr verstorbene Paul Auster mit „4321“ einen 1000-Seiten-Roman, in dem er vier verschiedene Schicksale eines 1947 geborenen Jungen ausbreitet. Im Akademietheater sehen wir jetzt etwas Ähnliches auf der Bühne. Der libanesische Autor Wajdi Mouawad beschreibt in „Die Wurzel aus sein“ fünf Versionen des Lebens von Talyani Waqar Malik, dessen Eltern vor der Frage standen, ob und wohin sie vor dem Krieg im Libanon fliehen sollen. Einmal bleibt Malik in Beirut, einmal wird er Neurochirurg in Rom, einmal ein Künstler in Quebec, einmal Taxifahrer in Paris und einmal ist er ein Mörder, der in einer Todeszelle in Texas auf seine Hinrichtung wartet. Das Ganze hat einen persönlichen Hintergrund, denn Wajdi Mouawads Vater schickte den Bruder zum Flughafen, um die nächste Maschine nach Rom oder Paris zu buchen, um die Familie in Sicherheit zu bringen. Es wurde Paris, aber es hätte auch anders kommen können…

Im Stück sind wir am Tag der verheerenden Explosion eines Chemielagers im Hafen von Beirut 2020. Wajdi Mouawad hat viel zu erzählen in diesem doch sehr epischen Drama, das im Akademietheater dreieinhalb Stunden dauert, dank der geschickten Regiekunst von Stefan Bachmann und seinen beeindruckenden Schauspielern aber trotzdem sehr kurzweilig geriet.

Denn wir lernen natürlich auch die jeweiligen Familien Maliks – sehr präsent gespielt von Thiemo Strutzenberger – kennen und alle haben natürlich ihre Eigenheiten, die aufzuzählen hier den Rahmen sprengen würden. Es ist ein bisschen wie in einer sehr guten TV-Serie, man bekommt Charaktere zum Lieben und Ablehnen, manche versteht man, andere nicht. Olaf Altmann genügen als Bühne dunkelgraue Wände, die sich magisch verschieben, die Darsteller brauchen kaum mehr als bisweilen einen Tisch und einen Stuhl, wir eilen immer wieder durch Orte und Zeiten. Am Ende wollen die Hiergebliebenen die ganze Familie nach Beirut einladen, wo ein ganzes Viertel in Schutt und Asche liegt. Ein Abend der maximal unterhält.

Infos und Karten: burgtheater.at

Immer in der Fremde – Christoph Zielinskis Roman „Laurenzerberg“ über polnische Juden in Wien nach dem Krieg. Am 10. Mai bei RUND UM DIE BURG.

Immer in der Fremde – Christoph Zielinskis Roman „Laurenzerberg“ über polnische Juden in Wien nach dem Krieg. Am 10. Mai bei RUND UM DIE BURG.

Am Laurenzerberg beim Schwedenplatz befindet sich die Wohnung von Ada und Szymon, aus Polen stammende Juden, wo auch Adas Cousin Wacek und seine Frau Fela oft zu Gast sind, zumal Wacek in Szymons Unternehmen arbeitet. Wir sind im Wien der 60er-Jahre. An den Schaltstellen der Stadt arbeiten noch immer frühere Nazis, die gerne von ihren Kriegserlebnissen erzählen, während sich die ehemaligen KZ-Häftlinge ihrer tätowierten KZ-Nummer auf dem Arm schämen. Sie sind nach Wien gekommen, weil man im Ostblock mitnichten vor antisemitischen Anfeindungen geschützt ist.

Der bekannte Krebsspezialist Prof. Christoph Zielinski wollte dieser Generation mit seinem Roman eine Art Denkmal setzten. Entstanden ist aber auch das Bild eines Wien, in dem Klassenunterschiede zelebriert werden und die Vergangenheit der Opfer am besten nicht angesprochen wird. Und natürlich ist „Laurenzerberg“ auch ein Migrantenroman über Menschen, die sich nirgendwo zu Hause fühlen und sich in Wien nach Krakau sehnen – obwohl sie wissen, dass dort gerade ein Regime alle Freiheit zunichte macht.

Zielinski kann sehr gut Szenen aus dieser Welt malen – etwa den Besuch der zunächst noch armen Familie bei der schon wohlhabenderen Familie im Südbahnhotel oder die ärztliche Konsultation bei einem Professor, der seiner jüdischen Patientin gerne Anekdoten aus seiner Zeit als SS-Mann in Italien erzählt. Im Nachwort beschreibt Zielinski das Entstehen des Romans – nichts ist wirklich erfunden, aber er hat die verschiedensten Personen zu Romanfiguren zusammengesetzt.

Am 10. Mai wird Christoph Zielinski seinen Roman bei RUND UM DIE BURG vorstellen (13.30 Uhr, Restaurant Vestibül im Burgtheater, Eintritt frei)


Christoph Zielinski: Laurenzerberg
Ueberreuter, 168 Seiten, € 20,95

Ein Film über den Musiker Otto Lechner

Text: Otto Brusatti

OTTO LECHNER  – DER MUSIKANT. Ein Spielfilm („Spiel“ in des Wortes Doppelsinn) von Bernhard Pötscher (2025) umfassend vorgeführt mit dem Titelgeber, exzeptionellen Freunde-Künstlern, besonderer Musik.

Vorweg vielleicht: Das ist keine gemütliche oder vordergründig fesche Unterhaltung mit dem virtuosen und zugleich abgründigen Akkordeon inmitten. Außerdem: Man muss in den 100 Filmminuten warten können, Gelassenheit zeigen wie der Protagonist, sich mit einer Reihe von oft neuen Klangkombinationen tragen lassen. Lechner, ausschließlich im Zentrum, und das nicht nur auf Bühnen oder beim Musikerfinden, sondern auch in seiner privaten Umgebung – des kleinbürgerlichen Niederösterreich – bis in die Gegenwarten mit Partnerin (und Mutter seines Kindes) Anne Bennent, vor Fans, duettierend in Frankreich. Ja, richtig, in „Umgebung und Gegenwarten“, bei Lechner wohl vielfach andere aber faszinierend bewältigte als für die Mitmusiker, aktuell sodann für die Kino-Besucher. Der der Virtuose, Kreative, Zurückgenommene, Witzige … ist im Heranwachsen erblindet.

Man muss beim Zu-Schauen und -Hören wie gesagt Gelassenheit haben. Lechner erzählt, fährt in der Eisenbahn, singt Kafka, musiziert zurückgenommen, dann wieder ausbrechend mit formidablen Leuten, in Jazz und Wienerischem und Weltmusikalischen, manchmal auch in Wellen von 10 Minuten Dauer. 

Der Film beweist, wie so manches und nie so plärrend Propagiertes wie fast ausschließlich im lumpigen Pop-Geschäft, dass aus Österreich im Zeitalter der (digitalen) Musikmassen noch allemal Welt-Führendes kommt. Der Film (er wird bloß in viel zu wenigen Kinos gezeigt) wirbt mit dem Epitheton Elementarereignis. Über manche Strecken hin: zurecht.


In den Niederungen des Franz Antel – „006.AM.PSYCHOSEE“ im Off-Theater

Franz Antel war zweifelsohne einer der produktivsten Filmregisseure Österreichs. Nach dem Krieg lieferte er am laufenden Band Filme ab, die wesentlich zur zuckerlrosa Identität des Landes als erstes Nazi-Opfer beitrugen. Dass Antel NSDAP-Mitglied war, störte niemanden. Als dies an der Kinokasse nicht mehr so gut ging, drehte er jede Menge Sexklamotten. Im Off-Theater lädt man jetzt bei der Produktion „006.AM.PSYCHOSEE“ Zuschauer zu einem Besuch in Antels Filmstudio, bei der auch der Meister selbst auftritt. Quasi gegen die seichte Unterhaltung bürstet Regisseur Ernst Kurt Weigel seinen Abend mit der britischen Dramatikerin Sarah Kane, die in den 90er-Jahren die Bühnenwelt mit düsteren Stücken schockierte und die sich nicht einmal 30 Jahre alt das Leben nahm. Auch Kane tritt im Off-Theater als Schauspielerin am Set von Antel auf. In einer beklemmenden Szene muss sie sich vor dem von einer Frau als geifernden Greis gespielten Franz Antel ausziehen, während im Hintergrund ein Motorboot über den Wörthersee flitzen soll und ein schmieriger Filmstar auf seinen Auftritt wartet. Nicht alles an diesem Abend ist freilich so explizit. Das große Team – Yvonne Brandstetter, Kajetan Dick, Ylva Maj, Sophie Resch, Christian Kohlhofer, Christina Berzaczy, Bernhardt Jammernegg, Matthias Böhm, Rina Juniku, Leonie Wahl, Ernst Kurt Weigel – versucht das Publikum immer wieder zum Mitagieren zu bewegen. Die Franz-Antel-Welt regt eben auch zur Parodie an, zumal man sich an der Bar sogar Getränke holen kann.

Infos & Karten: off-theater.at

Unsere fragilen Verbindungen – Colum McCanns kluger Roman „Twist“ über Unterseekabeln enthüllt unsere gestörte Kommunikation

Man glaubt ja immer, heutzutage laufe das Internet und alles, was daran hängt, längst über Satelliten. Ein Irrtum, denn weit mehr als 90 Prozent des transkontinentalen Datenaustausches – von Telefonaten übers Internet bis hin zu Finanztransaktionen – funktionieren über Unterseekabel. Davon gibt es derzeit 1,48 Millionen Kilometer. Wenn eines dieser überraschend dünnen – nur 4 Zentimeter dicken – Glasfaserkabeln ausfällt, rücken spezielle Schiffe zur Reparatur aus, um sie wieder zu flicken. Um eine solche Aktion und natürlich um noch viel mehr geht es im neuen Roman des inzwischen in New York lebenden irischen Autors Colum McCann, der damit wiederum beweist, dass er zur absolut ersten Riege der lebenden Schriftsteller gehört.

In „Twist“ sind wir im Kopf des gescheiterten Schriftstellers Anthony Fennell, der eine Reportage – 10.000 Zeichen – über die Reparatur eines Kabelbruchs in der Tiefsee schreiben soll und der in Kapstadt mit dem Einsatzleiter John Conway zusammentrifft. Beide sind Iren, die schon in verschiedenen Regionen der Welt gelebt haben. Fennell lernt auch Zanele ,die ungewöhnlich hübsche Frau Conways, die aus den Townships stammt und als Schauspielerin eine Beckett-Aufführung in England vorbereitet, kennen.

McCanns Figuren sind freilich maximal vielschichtig, der Erzähler hat eine gescheiterte Ehe hinter sich, einen Sohn, den er fast nie besucht, und er ist Alkoholiker. Die Fahrt auf dem Reparaturschiff nützt er als Entzug, denn an Bord ist Alkohol verboten. Conway wird im Laufe des Romans immer mysteriöser, seine Verbindung mit Zanele brüchig. Irgendetwas treibt den betont selbstkontrolliert wirkenden Mann an, dessen größte Leidenschaft das Apnoetauchen ist. Wir erleben schließlich, wie zwei Kabel geflickt werden – ein höchst komplexer Vorgang, der eine perfekt eingespielte international besetzte Mannschaft erfordert. McCann hat zweifelsohne gut recherchiert. Doch bevor das dritte Kabel vor der Küste Ghanas – die einfachste Operation – ausgeführt wird, verschwindet Conway plötzlich und Fennell strandet in Accra, wo er die schrecklichen Auswirkungen der Globalisierung und des Kolonialismus erleben muss.

Fennell spricht es selbst an: Die Geschichte Conways scheint eine weitere Adaption von Joseph Conrads „Herz der Finsternis“, der Erzähler beschreibt genau die Eingangsszene in Coppolas Verfilmung „Apocalypse Now“, in der der Schauspieler Martin Sheen in real einen Spiegel mit der bloßen Faust zertrümmert. Der finale Twist Conways soll hier aber nicht verraten werden. Nach dem grandiosen Buch über den Nahostkonflikt aus der Sicht der Opfer – „Apeirogon“ – ist McCann wieder ein Roman gelungen, der zentrale Fragen unserer heutigen Welt stellt. Unsere Existenz baut zunehmend auf fragile technische Lösungen, während wir für unsere persönlichen Bindungen kaum mehr Worte oder Gesten finden. Ein Buch, das sehr lange nachhallt.

Colum McCann: Twist
Aus dem Englischen von Thomas Überhoff
Rowohlt
414 Seiten
€ 29,50

Antú Romero Nunes gibt mit Brechts „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ einen farbenfrohen Kommentar zum Kapitalismus ab

Bild: ©Tommy Hetzel

Geschrieben im finnischen Exil, verwendete Bertolt Brecht in seiner bitterbösen Komödie „Herr Puntila und sein Knecht Matti“ auch die literarische Vorarbeit seiner Gastgeberin Hella Wuolijoki. Movens sind die beiden Aggregatzustände des reichen Gutsherrn Puntila: Ist er, wie er selbst sagt „sternhagelnüchtern“, gibt er den kapitalistischen Paradeunternehmer, der seine Arbeiter ausbeutet, wo er nur kann. Betrunken – in diesem Stück sein Normalzustand – liebt er seine Mitmenschen und gesteht auch seiner Tochter Eva alle Freiheiten zu. Mittendrin sein Chauffeur Matti, der seinen Herrn nur allzu zu gut durchschaut.

Im Burgtheater macht Antú Romero Nunes daraus ein sehr kulinarisches Sittenbild unserer Gesellschaft. Pablo Chemor komponierte für ein Live-Streichquartett die Musik von Paul Dessau weiter, Matthias Koch schuf expressionistisch-bunte Bühnenbilder und das Ensemble wirkte maximal gutgelaunt. Als Puntila bringt Bruno Cathomas mühelos die Naturgewalt seiner Rolle auf, Marie-Luise Stockinger zeigt als seine Tochter auch artistisch, was sie kann, und Julia Windischbauer versteht es, den Matti als nicht allzu besserwisserisch, sondern menschlich darzustellen. Felix Rech gibt den Eva zugedachten Ehemann, dessen Schulden ihn zur Selbstverleugnung zwingen. Viele Nebenrollen und eine große Komparserie machen den Abend zu einem Breitleinwand-Spektakel. Ob es freilich nötig war, die Unterprivilegierten mit einem slawischen Akzent auszustatten darf bezweifelt werden. Doch dieser Brecht ist mitsamt seiner Klassenkritik von Beginn an ein veritabler Spaß, den man nicht versäumen sollte.

Infos & Karten: burgtheater.at

Die Netflix-Serie „Adolescence“ wird jetzt viel diskutiert, die ältere Serie „Unbelieveable“ ist aber nicht minder wichtig

Bild: ©Netflix

Ein 13-Jähriger, der eine Mitschülerin absticht, weil er glaubt, dass 80 Prozent der Frauen auf nur 20 Prozent der Männer stehen – dieser Fall von Frauenhass geboren aus der Hoffnungslosigkeit, niemals eine Frau abzubekommen, ist zweifelsohne ein bedeutendes Themenfeld, das durch die Grausamkeit der schnellen Kommentare in den sozialen Plattformen noch verstärkt wird. Nebenbei ist die vierteilige englische Serie „Adolescence“ auch filmisch sehr gut umgesetzt.

Schon lange auf Netflix und unbedingt auch sehenswert ist die US-Serie „Unbelievable“, in der es um ein ähnliches Thema, nämlich um brutale Vergewaltigungen geht. Und hier liegt der Fokus klar auf den Opfern bzw. den Ermittlerinnen. In der ersten Folge erleben wir gleich was passiert, wenn eine durch ihre Kindheit – zahlreiche Foster-Eltern – labile sehr junge Frau vergewaltigt wird und die Befragung durch Polizisten nicht durchsteht. Regisseurin und Serienentwicklerin Susannah Grant geht es freilich nicht um eine schwarz-weiß-Darstellung, die Polizisten in Washington handeln so, wie sie es gelernt haben und das Opfer Marie schafft es nicht, sich konzentriert zu erinnern. Noch dazu haben wir es hier mit einem sehr raffinierten Gewalttäter zu tun, der absolut keine Spuren hinterlässt. Erst als einer Ermittlerin in einem anderen Fall durch Zufall der Gedanke kommt, dass sie es mit einem Serienvergewaltiger zu tun haben, wird die Geschichte zu einem Krimi. Tini Collette als abgebrühte Detektivin, Meritt Wever als ihre hartnäckige, gläubige Kollegin und Karlyn Denver als Marie sind auch großartige Schauspielerinnen. Hintergrund der Geschichte ist übrigens ein echter Kriminalfall. Was die Serie schafft, ist es, zu vermitteln, welch multiple Schäden eine Vergewaltigung anrichtet. Marie ist nicht nur in ihrem sowieso schon schwachen Vertrauen in ihre Mitmenschen erschüttert, sondern verliert als mutmaßliche Lügnerin auch Job und Freunde. Das ist als Zuschauer teilweise schwer zu ertragen zumal Gewalt gegen Frauen gerade in Österreich ein schweres Problem darstellt.

Wienlive – Podcast SCHNEIDER & BRUSATTI ab heute mit neuer Folge: Johann Strauss und die Operette

Monatlich neu plaudern Wienlive-Chefredakteur Helmut Schneider und der Musikexperte und Wienlive-Kolumnist Otto Brusatti in einem Podcast über Johann Strauss, dessen 200. Geburtstag sich heuer bekanntlich jährt. Otto Brusatti, der 1999 die große Johann-Strauss-Ausstellung „Unter Donner und Blitz“ im Wien Museum kuratiert hat, findet zu Strauss durchaus ungewöhnliche Zugänge.

Johann Strauss hatte ursprünglich keine Ambitionen als Bühnenkomponist. Angeblich soll er von seinem Kollege Jaques Offenbach dazu angeregt worden sein, eine erhebliche Rolle spielte allerdings auch seine Frau Jetty, die spätestens nach dem Tod der Mutter Anna zu seiner Managerin aufstieg. Viele Operettenlieder sind daher quasi Songfassungen bekannter Walzer des Komponisten. Seine letzte Operette „Wiener Blut“ ist gänzlich aus älteren Kompositionen zusammengestellt. Johann Strauss „Die Fledermaus“ wiederum ist die bekannteste und vielleicht sogar beste Operette überhaupt.

Gleich reinhören: 2.FOLGE: Wie Johann Strauss zur Operette kam

Das Nachfühlen einer Beziehung – Jaqueline Scheiber: dreimeterdreißig bei RUND UM DIE BURG am 10. Mai

Dreimeterdreißig ist die Höhe der Wiener Altbauwohnung, in der Klara eines Tages neben ihrem toten Freund Balázs aufwacht. Ein Schock zweifelsohne, doch Klara will das Offensichtliche nicht wahrhaben.

Die österreichische Autorin Jaqueline Scheiber, Jahrgang 1993, war einige Jahre als Influencerin unter dem Namen Minusgold sehr erfolgreich und arbeitete auch als Sozialarbeiterin. „dreimeterdreißig“ ist ihr erster Roman und er ist sehr poetisch geworden. Scheiber reflektiert dabei aber nicht nur die Gefühlswelt von Klara, sondern auch das Umfeld des anscheinend bestens integrierten Ungarn Balázs, der in einem Theater hinter der Bühne arbeitete. Daneben ist es auch ein Bild der Generation der jungen Menschen nach dem Zerfall des Ostblocks, das Aufwachsen in instabilen Verhältnissen. Freiheit kann bekanntlich auch überfordern. Die Erfahrung, einen nahen Menschen zu verlieren, musste die junge Autorin auch selbst machen. Trotzdem ist „dreimeterdreißig“ kein Buch über Trauer, sondern ein intensiver Roman über eine Beziehung.

Am 10. Mai wird Jaqueline Scheiber ihr Buch bei RUND UM DIE BURG (12.30 Uhr, Restaurant Vestibül im Burgtheater) vorstellen.


Jaqueline Scheiber: dreimeterdreißig
Leykam, 240 Seiten, € 25,50

Jaqueline Scheiber: dreimeterdreißig
Leykam, 240 Seiten, € 25,50