Wienlive-Autor Otto Brusatti betrachtet den aktuellen Film „Tár“ mit den Augen eines Musikkritikers.

Hochverehrt, diskutiert und beschimpft: Cate Blanchett in Tár

Bild: ©EMJAG Productions, Standard Film Company Inc.

Wienlive-Autor Otto Brusatti betrachtet den aktuellen Film „Tár“ mit den Augen eines Musikkritikers.

Der gegenwärtige, Oscar-verweigerte Hit-Film „Tár“. Gelegentlich schon allzu hoch verehrt, diskutiert, beschimpft (wegen abermals einem Frauen-Schlecht-Machen) etc. (und ungemein lang):

Aber es schmerzt halt, dass in solchen Produktionen, die eigentlich seitens von (hier) Musikspezialisten überwacht werden sollten, so viel Falsches auch vorkommt und die Sache nicht nur unglaubwürdig, sondern auch dilettantisch werden lässt.

Die Hauptdarstellerin kann nicht dirigieren (o.k., es wird halt von einem Monate langen Coachings für ein paar Sekunden Endschnitt geredet), die Frau der Hauptdarstellerin ist auch Konzertmeisterin in einem Spitzenorchester und kann nicht/kaum Geige spielen. Die Management-Vorgänge dort sind, nun sagen wir, ungewöhnlich. Das ganze Dirigentinnenleben spielt sich ab, ohne dass es zu heute selbstverständlichen Einsätzen in unterschiedlichen Produktionen kommt (die an sich scheiternde Frau probt gelegentlich in New York oder in Berlin, mehr nicht). Und sonstiges: Die Kommunikation in heutigen Spitzenmusikanstalten funktioniert mit dem Nachwuchs nie (mehr) so. Probespiele detto. Und so fort (auch die Bezugnahmen auf Mahler und Karajan und Bernstein …).

O.k., ist halt ein Film. 

Aber von den Ansprüchen her, gibt er anderes vor.

Ich weiß: Man sagt dann: Ist doch egal, wer sieht und hört das schon. (N.B. die Frau Tár singt einmal etwas aus der 5. Beethoven vor, um ihre Größe als Interpretin zu beweisen; leider im Musik- und Themenbau völlig falsch.) Aber warum dann überhaupt so ein Anspruch?

Man dreht, im Vergleich, auch keinen aufwändigen Formel-1-Film, wo die Hauptdarstellerinnen erkennbar kaum Autofahren können. Alles ähnelt dem wunderbaren und über-kitschigen Film „Zwischenspiel“ von 1968 mit Oskar Werner.

Aber egal. Der Film ist halt ein wenig romantische Brutalität, Romantik für Harte sozusagen, aber ein Bild über die desidertierte Rolle vom angeblich geradezu parasakramentärem Musizieren 2023.

Allein/und: so denkt man sich, geht es zu in der geheimnisvollen Konzertwelt bei uns.