Peter Handkes „Kaspar“ im Akademietheater.

Peter Handkes „Kaspar“ im Akademietheater

Der US-amerikanische Regisseur Daniel Kramer hat für seine Umsetzung von „Kaspar“ drastische Bilder gefunden. – ©Susanne Hassler-Smith

Man könne sein Stück auch als „Sprachfolter“ bezeichnen, merkte Autor Peter Handke einmal zu seinem Stück „Kaspar“, das 1968 durch Claus Peymann in Frankfurt uraufgeführt wurde, an (Peymann saß übrigens in der Premiere im Akademietheater). Der US-amerikanische Regisseur Daniel Kramer hat nun bei seiner Umsetzung tatsächlich recht drastische Bilder für diese Tortur gefunden. Sein Kaspar Marcel Heuperman kommt durch einen engen durchsichtigen Plastikfolienschlauch auf die Welt und sagt seinen einzigen Satz „Ich möchte ein solcher werden, wie einmal ein anderer gewesen ist.“ (Handke hat dabei an den historischen Kaspar Hauser erinnert, der angeblich seinen Findern erklärte: „Ein solcher Reiter möchte ich werden, wie mein Vater gewesen ist.“)

Kaum auf der Welt wird Kaspar von vier Menschen in schwarzen Plastikpaneelen und Gasmasken bedrängt, die ihm schließlich sogar mit Motorsägen zu Leibe rücken, denn in seinem Krabbelkostüm sieht er ja wie eine behaarte Spinne aus (Kostüme: Shalva Nikvashvili).

Immer mehr wird der Arme mit Worten bombardiert, will heißen sozialisiert. Handles Text ist ja eine Kritik an der Vereinnahmung der Menschen durch Sprache und Gebote. Nur was gesagt wird, existiert. Für die Interpretation des Dramas wurde ja schon oft Wittgenstein bemüht. Aber „Kaspar“ ist sicher auch Ausdruck der damaligen Anti-Establishment-Stimmung.

Zum Höhepunkt des Abends wurde die völlig sprachlose Szene gegen Ende. Kaspar und die vier „Einsager“– hochmotiviert und präzise: Laura Balzer, Stefanie Dvorak, Jonas Hackmann und Markus Scheumann – ziehen nach und nach in eine Art Studentenbude ein und spielen Alltag – siw duschen, essen, fernsehen, schlafen und gehen aufs Klo. Allerdings nehmen sie sich gegenseitig gar nicht wahr. „Ich bin still / ich möcht jetzt / kein andrer mehr sein.“ ist im Abspann zu lesen – zum Song „Last Day of Our Acquaintance“ von Sinéad O’Connor.  

Nach einer grellen Clownpartie endet der Abend verstörend: Kaspar sitzt am Schminktisch, neben ihm eine riesige Atombombe. Ja, sprechen ist immer auch mißverstehen.

Infos & Karten: www.burgtheater.at