Peter Patzak

Die literarischen Erinnerungen des Kottan-Regisseurs Peter Patzak


Die Wohnhausanlage am Friedrich-Engels-Platz ist ein stattlicher Gemeindebau in der Brigittenau. Er ist nach dem Sandleitenhof der zweitgrößte kommunale Wohnbau des „Roten Wien“. Hier wuchs Regielegende Peter Patzak („Kottan ermittelt“) in den 50er-Jahren auf und hier lässt er auch sein Alter Ego Philip Engels seine ersten Erfahrungen – auch jene erotischer Natur – machen.
Text: Helmut Schneider / Foto: Stefan Joham


Patzak taucht kongenial ein in die Stimmung nach dem Krieg, als Halbstarke die Vorräte der Alliierten plündern, ein Moped – auch Schlurfrakete genannt – das Objekt der Begierde jedes jungen Mannes und Wohnraum ein knappes Gut war. Noch sind auch die Bombentrichter aus dem Weltkrieg noch nicht aus dem Stadtbild verschwunden.

„Wo bitte wohnt Herr Friedrich Engels?“ ist eine außergewöhnliche Liebesbekundung an Wien-Brigittenau, an die einzigartige Aufbruchsstimmung 1955 und das skurrile Milieu, das sich im Mikrokosmos des Friedrich-Engels-Platzes entfaltet. Es ist ein Rückblick des Filmemachers im Stil von Fellinis „Amarcord“ auf die eigene Jugend. Das Buch hat starke autobiografische Züge, doch manches ist frei erfunden. Authentisch ist die Grundstimmung: Wie war Jungsein Mitte der Fünfzigerjahre in Wien?

Peter Patzak zeigt ein Kaleidoskop aus Einzelschicksalen, menschlichen Sehnsüchten, Trieben und Gebrechen, das alle Themen des Lebens, auch die historischen, subtil und unangestrengt zeichnet. Traurig, komisch, liebenswert und sehr humorvoll.

Patzaks Prosa erinnert an einen inneren Monolog, die Figuren und Szenen steigen wie aus einem Traum auf. Herrlich die beschriebenen Personen wie der Bezirksinspektor Janda oder das frivole Fräulein Mair. Von Philip angehimmelt wird die Tochter des Hausmeisters, die die Aufnahmeprüfung für die Ballettschule der Wiener Staatsoper schafft. Er verdienst sich ein paar Groschen durch das Schleppen von Kohle aus dem Keller zu den Wohnungen der anderen Hausparteien. Das Buch ist weniger sentimental als schlicht magisch. Der Autor weiß um die Besonderheiten dieser Stadt, die damals noch alle Schattierungen von Grau aufwies. Und das ist nicht nur für jene, die diese Zeit erlebt haben, interessant zu lesen.  


Das Buch
Peter Patzak
Wo bitte wohnt Herr Friedrich Engels?, echomedia buchverlag, 198 Seiten, € 19,80

Der Autor
Peter Patzak (* 2. Jänner 1945 in Wien) ist ein österreichischer Filmregisseur. Der spartenübergreifende Künstler wandte sich nach einem Studium der Fächer Kunstgeschichte, Psychologie und Malerei dem Film zu. Der Sohn eines Polizisten im Rang eines Majors, wurde vor allem durch die Kriminalfilm-Parodie Kottan ermittelt, die er ab 1976 sieben Jahre lang für den ORF produzierte, bekannt. Außerdem ist er ein engagierter Maler, der schon viele Ausstellungen vorweisen kann.