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Vor zehn Jahren übernahmen Sarah Legler und Jorghi Poll den Literaturverlag Edition Atelier.

Literaturverlag am Alsergrund – Edition Atelier

Bild: ©Stefan Diesner

Vor zehn Jahren übernahmen Sarah Legler und Jorghi Poll den Literaturverlag Edition Atelier.

Die Verlagsgeschichte geht zurück bis in die 80er-Jahre, als der legendäre Politiker Jörg Mauthe zu seinem „Wiener Journal“ einen Verlag einrichtete, der dann später von der Wiener Zeitung fortgeführt wurde.

Im Dezember 2011 machte sich die „Edition Atelier“ von der Wiener Zeitung unabhängig und übersiedelte in die Schwarzspanierstraße im 9. Wiener Gemeindebezirk. Sarah Legler als Geschäftsführerin und Jorghi Poll als Lektor wurden zu je 50 Prozent Eigentümer.

Poll: „Wir sind ein kleines Team und allesamt Allrounder. Sarah hilft auch beim Lektorat aus und ich gestalte als Grafiker und Zeichner auch unsere Bücher. Das Programm gestalten wir gemeinsam. Bernadette Lietzow macht die Pressearbeit und betreut Veranstaltungen.“
Vor anderthalb Jahren übersiedelte der Verlag in ein Gassenlokal in der Nussdorfer Straße 62, in dem neben dem Büro auch eine Buchhandlung mit kleiner Auswahl an Neuerscheinungen und natürlich dem gesamten eigenen Sortiment Platz findet. Da es in der Nachbarschaft keine alternative Buchhandlung gibt, kommen Anrainer auch gerne hierher, um Bücher zu bestellen.

Literatur & Widerentdeckungen

Was ist nun das Besondere an diesem Wiener Kleinverlag?

Sarah Legler: „Wir legen viel Wert auf den Kontakt mit unseren Autorinnen und Autoren. Viele betreuen wir ja schon seit Jahren und sie bleiben auch bei uns.“
Natürlich kommen auch sehr viele unverlangte Texte beim Verlag an. Meist kann aber schnell entschieden werden, ob ein Manuskript für eine Veröffentlichung taugt. Als bisherigen Bestseller nennen Poll und Legler den Roman „Reibungsverluste“ der in Sarajewo geborenen und längst in Wien lebenden Autorin und Übersetzerin Mascha Dabić. In dem Buch geht es um eine Dolmetscherin für Geflüchtete, die an den Leidensberichten der Menschen, die sie täglich hören muss, zu verzweifeln droht. Gerade ist eine Paperback-Ausgabe erschienen.

In der Regel werden pro Titel aber etwa 1.000 bis 1.500 Exemplare gedruckt. Die „Edition Atelier“ braucht natürlich Mittel aus der Verlagsförderung des Bundes und bei Wiener Autorinnen und Autoren kann auch bei der Stadt Wien um Unterstützung angesucht werden. Dass die Bücher des Verlages unverwechselbar sind, dafür sorgt Jorghi Poll als Grafiker und Zeichner. Gerade ist seine erste Graphic Novel erschienen. Die Wiener Fahrrad-Publizistin Petra Sturm hat ein Porträt der Radrennpionierin Cenzi Flendrovsky (1872–1900) verfasst, das durch seine Zeichnungen zu einer Bildgeschichte wurde.

Ein weiteres Standbein des Verlags sind Wiederauflagen von in Vergessenheit geratenen Autorinnen und Autoren der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Heuer ist etwa der Roman „Maskerade“ von Hans Flesch-Brunningen (1895–1981) erschienen, in dem es um eine Dreiecksbeziehung in Rom vor dem Hintergrund des drohenden Weltkriegs geht.

Infos: editionatelier.at

Die Buchhandlung analog wird heuer auch den Büchertisch beim Literaturfestival Rund um die Burg bereitstellen.

analog – Die neue Grätzlbuchhandlung gegenüber dem Café Jelinek

Bild: ©Helmut Schneider

Zuletzt war Baruch Pomper 4 Jahre lang als Straßenbahnfahrer in Wien unterwegs – doch ein in der Pandemie leer gewordenes Geschäftslokal verschaffte ihm plötzlich die Chance, sich seinen Traum von einer eigenen Buchhandlung zu erfüllen. Zumal ihm vor Jahren schon einmal Bücher Glück gebracht hatten – denn bei der gemeinsamen Buchhändlerlehre hatte er seine Frau Alex kennengelernt. Und das Eckgeschäft in der Otto-Bauer-Gasse 6/Königsegggasse war noch dazu – mit Holztäfelung und Wendeltreppe zum Halbstock – ein wahres Juwel.
Baruch Pomper: „Unsere Buchhandlung war von Beginn an gut besucht, es hat sich angefühlt, als ob wir immer schon dagewesen wären.“
Und in einer solchen Umgebung und in einer solchen Ausstattung war der Name „analog“ nur logisch.

Baruch Pomper: „Unsere Buchhandlung war von Beginn an gut besucht, es hat sich angefühlt, als ob wir immer schon dagewesen wären.“ – ©Helmut Schneider

Vielleicht liegt es aber auch am Programm. Im „analog“ wird genau das angeboten, was die Bewohner eines Bezirks innerhalb des Gürtels so brauchen. Viel österreichische Literatur, Krimis, Philosophie, Kinder- und Musikbücher.
„Der Plan ist, auch einmal einen Plattenspieler aufzustellen und jene Musik zu spielen, die in Büchern beschrieben wird.“ Und da Tochter Maryam neben ihrer Ausbildung auch im Shop arbeitet, gibt es auch eine gute Auswahl an Mangas und Graphic Novels.

Dass die Buchhandlung gegenüber dem Kultcafé Jelinek liegt, ist auch kein Nachteil, kommen doch dadurch auch viele Kultur-Touristen vorbei und außerdem genießen im Jelinek viele Autorinnen und Autoren ihren Kaffee. Von Beginn an gab es in der Buchhandlung auch regelmäßig Lesungen. Und gemeinsam mit einem befreundeten FM4-Redakteur betreibt man auch einen Podcast.

Inzwischen sind viele Kundinnen und Kunden Freunde geworden und Baruch und Alex servieren gerne Tee und Kuchen – oder stehen draußen tratschend und rauchend mit Bekannten. Neben dem Aschenbecher befindet sich auch ein Wühlkorb mit Pixiebüchern.

Das Wappentier der Buchhandlung ist eine Krähe – Vögel sind auch an der Decke der Buchhandlung aufgemalt. Warum? „Ganz einfach: Krähen sind sehr intelligent und sozusagen die Leser unter den Tieren!“, erklärt Alex, die seit Jahren in der Innenstadt auch noch einen zweiten Laden – das Hutgeschäft „GUT BEHÜTET“– betreibt.

Die Buchhandlung analog wird heuer auch den Büchertisch beim Literaturfestival Rund um die Burg bereitstellen.

www.buchhandlunganalog.at

Erika Pluhar

Eine echte Wienerin – Blick zurück ohne Scham


Wenn man auf Wikipedia geht und bei Erika Pluhar nachschaut, kann man nur staunen: Die Liste der Theaterrollen, Filme, Bücher und CDs – darunter finden sich auch Wienerlied-Platten wie „Die Wiener Lieder der Erika Pluhar“ (1977) und „Lied. Wien. Wir.“ (2006) – umfasst rund sieben Seiten.
Text: Christoph Hirschmann / Fotos: Bubu Dujmic, Ludwig Schedl


Wie das in ein einziges Menschenleben hineinpasst, bleibt unbeantwortet – denn die Kunst-Allrounderin staunt selbst darüber.
Doch nicht nur die Quantität des Œuvres der langjährigen Burgtheater-Publikumsverführerin und nicht minder erfolgreichen Schriftstellerin („Die Stimme erheben“) und Lied-Interpretin ist bestechend, sondern auch die unbestechliche Qualität ihres Tuns durch all die Jahre hindurch.

Finance Conference 2014

Diese Erkenntnis macht Erika Pluhar wohl couragierter und souveräner als die vielen Zauderer und Zögerer allerorts:
„Ich muss sagen: Der Rückblick macht mich nicht unzufrieden“, sagt sie. „Ich habe auch in jungen Jahren nie einen Blödsinn gespielt oder gedreht. Ich war nie in einer Rosamunde-Pilcher-Verfilmung und war nie eine Kommissarin. Ich habe drei Mal die Buhlschaft abgelehnt. Und ich habe auch nie Werbung gemacht … Also, langer Rede kurzer Sinn: Ich blicke zurück ohne Scham.“


Kuratorium für die umfassende Landesverteidigung

Unser Heer kann mehr


Was bedeutet eigentlich umfassende Landesverteidigung in Zeiten von Corona und Cyber Crime? Vier Vollprofis erklären, was wirklich dahinter steckt (von links): Mag. Jürgen Wimmer, Stabschef des KULV; Mag.(FH) Dr. Gottfried Reiter, Leiter des Bildungsinstitutes des Kuratoriums für die Umfassende Landesverteidigung; Mag. Dr. Wolfgang Baumann, Präsident des KULV; Mag. Anton Wessely, Sektionsleiter „Militärische Landesverteidigung“ im KULV.
Text: Ursula Scheidl / Foto: Arman Rastegar


Wenn wir an unser Bundesheer denken, fallen uns zunächst die Präsentation militärischen Geräts am Wiener Ring am 26.Oktober, Einsätze beim Hochwasserschutz oder an unseren Grenzen und nicht zuletzt die Aushilfe beim Paketdienst der Post ein. Unser Heer hilft immer dann, wenn Not am Mann ist. Aber ist das wirklich alles? Keineswegs! Zur umfassenden Landesverteidigung gehören die militärische, die geistige, die zivile und die wirtschaftliche Landesverteidigung. Das politisch unabhängige Kuratorium für Umfassende Landesverteidigung (KULV) forciert eine breite sicherheitspolitische Diskussion über die Notwendigkeit der Wiederbelebung der Umfassenden Landesverteidigung sowie deren notwendige Anpassung an die aktuellen und zukünftigen Herausforderungen. Dies soll unter Einbindung des Parlaments und der Bevölkerung geschehen. Davon abgeleitet erstellt und kommuniziert das KULV modern und unkompliziert gesamtstaatliche Empfehlungen für Politik, Bund, Länder, Gemeinden und die Bevölkerung.

Warum wurde der Verein KULV 2015 gegründet?
Wolfgang Baumann: Wir mussten erkennen, dass in der Bevölkerung die Inhalte der umfassenden Landesverteidigung zu wenig verankert sind. Durch den EU-Beitritt meinen die Österreicher auch, dass wir uns im Bedarfsfall auf die EU verlassen können. Wir haben aber 2015 bei der Migrationskrise und jetzt bei der Pandemie gesehen, dass die EU hier keine Zuständigkeiten hat, und die Nationalstaaten unverändert ihre Aufgaben erledigen müssen.

Die militärische Landesverteidigung leuchtet ein. Was verstehen Sie unter geistiger Landesverteidigung?
Gottfried Reiter: Das ist die wichtigste Säule überhaupt, da geistige Landesverteidigung die ideellen Voraussetzungen schaffen soll. Hier soll bereits bei der Jugend angesetzt werden: warum gibt es die Wehrpflicht, was sind die Werte unserer Republik? Seit 1978 gibt es einen Erlass, in dem die Inhalte der geistigen Landesverteidigung und der poltischen Bildung geregelt sind. Allerdings können viele Lehrer damit nichts anfangen, die meisten verstehen darunter eine Werbemaßnahme des Bundesheeres. Tatsächlich sollten sie, abgeleitet von einem Bedrohungsbild vermitteln, welche Maßnahmen jeder Mensch in seinem Alltag zur Krisenvorbereitung treffen sollte, etwa die Bevorratung. Das muss natürlich altersadäquat erfolgen. Hier müssen wir ein gemeinsames Verständnis zwischen dem Unterrichts- und dem Verteidigungsministerium schaffen.

Ist die Sicherheitsschule in Wiener Neustadt ein erster Versuch?
Reiter: Im 5-jährigen HAK-Lehrplan soll natürlich ein Schwerpunkt auf die geistige Landesverteidigung gelegt werden. Vor allem der schulautonome Erweiterungsbereich „Führung und Sicherheit“ bietet sich dafür an. Gerade in Zeiten von Covid 19 ist es wichtig, Risikoszenarien gut abschätzen und entsprechend reagieren zu können.

Wie steht es mit der wirtschaftlichen und zivilen Landesverteidigung?
Jürgen Wimmer: Die Bevölkerung ist auf eine Krise nicht entsprechend vorbereitet, wenn es etwa einen längeren Stromausfall gibt oder die Wasserversorgung gestört ist. In anderen Ländern ist es selbstverständlich, dass man alles zu Hause hat, um auch ohne Strom zu überleben. Das ist besonders wichtig, um auch ohne Internet Nachrichten zu empfangen. In der wirtschaftlichen Landesverteidigung müssen wir die Bevorratung und die Logistikketten sicherstellen, dass wir im Rahmen der kritischen Infrastruktur Betrieb in Österreich unterstütze, während der Pandemie haben etwa Schutzmasken gefehlt.

Sind wir nun besser vorbereitet?
Wolfgang Baumann: Vermutlich ja. Allerdings kommt nun die Wirtschafskrise dazu, und man müsste festlegen, welche Betriebe infrastrukturell wirklich relevant sind. Diese muss der Staat entsprechend unterstützen.

Die Katastrophenhilfe wird von den Menschen in Österreich enorm positiv gesehen. Die Bevölkerung ist dankbar. Was stört Sie daran?
Anton Wessely: Im Prinzip nichts, aber das sind keine Aufgaben der Landesverteidigung. Einsätze zur Katastrophenhilfe bedürfen nur technischer Kräfte und Mann-Stärke und erfordern, so wie sicherheitspolizeiliche Assistenzeinsätze, kein militärisches Gerät. Die Fähigkeit zum militärischen Kampf ist das Alleinstellungsmerkmal des Bundesheeres gegenüber den anderen Einsatzorganisationen Österreichs.

Was sind die nächsten Ziele?
Wolfgang Baumann: Wir haben das große Glück ein Verfassungsgesetz zu haben, in dem Landesverteidigung nicht nur militärisch, sondern umfassend gesamtstaatlich betrachtet wird. Wir müssen die Herzen der Bevölkerung gewinnen und alle vier Aspekte bewusst machen. Auch in der Außenpolitik sollte klar sein, dass wir kooperative Nachbarschaftspolitik betreiben und nicht nur egoistisch an uns selber denken.


Every Scarf tells a tale

Silk & Love


Der Name ihres Labels „Decielis“ bedeutet „vom Himmel“, dabei steht Zoë Hili mit beiden Beinen fest im Leben. Geboren in Bahrain und aufgewachsen quer über den Globus, verarbeitet die in Wien lebende Designerin weltkulturelle Einflüsse in ihren Accessoires. Hinter jedem Seidenschal, jedem Bandeau, jedem Schuh verbirgt sich eine zauberhafte Geschichte.
Text: Klaus Peter Vollmann / Fotos: Patrick Langwallner; Decielis


Es ist nicht nur geographisch gesehen ein langer Weg von Bahrain nach Wien-Neustift, doch Zoë Hili hat ihn mit offenen Augen zurückgelegt, um im beschaulichen Heurigendorf zu ihrer Designerbestimmung zu finden.

Geboren und bis zu ihrem 12. Lebensjahr aufgewachsen am Persischen Golf, lebte sie danach mit ihren Eltern in Kanada und anschließend im italienischen Rom. „Ich war ein Teenager und begann, mich für Kunst zu begeistern. Als ich 17 war, sind wir nach Hongkong gezogen – das war das genaue Gegenteil des klassischen Rom –, eine hypermoderne Stadt. Aber genau diese spannende Dualität hat mich auch in meiner künstlerischen Entwicklung beeinflusst.“

Nach dem Studium am London College of Fashion arbeitete sie bei Roland Mouret, ging auf Reisen und schließlich nach Wien, wo ihre Eltern inzwischen beheimatet waren. Zunächst für Louis Vuitton tätig, machte sich Zoë Hili Anfang 2017 mit ihrem eigenen Label „Decielis“ selbstständig.

DIE GANZE WELT IST INSPIRATION
„Obwohl ich es studiert habe, wollte ich keine Damenmode, sondern etwas Neues machen. Ich war immer auch eine gute Illustratorin und liebe es, Geschichten zu erzählen“, erklärt Zoë Hili. Ihre ersten Entwürfe waren Tücher, die sie per Hand zeichnet und denen eben eine persönliche Geschichte, meist inspiriert durch eine ihrer Reisen, innewohnt. Der Name „Decielis“ heißt übersetzt zwar „vom Himmel“, ist in Wahrheit aber nur eine leichte Abwandlung des Nachnamens ihrer Großmutter. Der rasche Erfolg führte bald zu weiteren Accessoires wie Bandeaus und Sandalen – erst vertrieben in Pop-up-Stores, heute erhältlich in Wiener Shops ebenso wie in Boutiquen in Dubai – und natürlich online.

Wien als Lebensmittelpunkt möchte die Designerin unbedingt treu bleiben. „Hier ist es ideal für mich. Man ist in Europa, strategisch zwischen Ost und West. Wien ist keine riesige Stadt wie London, aber doch international. Ich mag den Lebensstil.“ Zoë Hilis aufgeweckte Hundedame Mila kann dem nur zustimmen. Obwohl ein Golden Retriever, fühlt sie sich bei ausgedehnten Spaziergängen in den Neustifter Weinbergen pudelwohl.               


„Decielis“: Design, das eine Geschichte erzählt.