Yasmina Rezas „James Brown trug Lockenwickler“ in den Kammerspielen

Yasmina Rezas „James Brown trug Lockenwickler“ in den Kammerspielen

Szenebild aus „James Brown trug Lockenwickler“ – ©Moritz Schell

Die Französin Yasmina Reza kennt man als scharfe und witzige Chronistin unser westlichen Mittelstandsgesellschaft. In „Der Gott des Gemetzels“ treffen etwa zwei Familien, deren Kinder körperlich aneinandergeraten waren, zu einem Versöhnungstreffen aufeinander, was natürlich gründlich schiefgeht. Das Stück wurde auch von Roman Polański höchst erfolgreich verfilmt. In der neuen, erst im Vorjahr in München uraufgeführten Komödie „James Brown trug Lockenwickler“ geht es wieder um eine Familie und deren Sohn. Dieser hält sich seit seinem fünften Lebensjahr für den kanadischen Superstar Céline Dion. Das Stück spielt in einer psychiatrischen Einrichtung – in den Kammerspielen ist man da gleich in einer Art weißen Gummizelle (Bühnenbild: Sabine Freude). Jacob/Celine, gespielt von Julian Valerio Rehl, ist fast in allen Szenen anwesend, oft aber nur stummer Beobachter.  Regisseurin Sandra Cervik unterstreicht das Märchenhafte der Geschichte, denn alle Figuren wirken von der Autorin stark überzeichnet. Die Psychologin (Alexandra Krismer) ist mit ihrem seltsamen Verhalten geradezu das Klischee ihrer Zunft. Was dieser Komödie allerdings abgeht ist ein klarer Konflikt, denn Reza stellt sich keinesfalls der heutigen Identitäts-Problematik. Dass sich Jacob als Frau fühlt, ist zwar für die Eltern nicht angenehm, würde aber wahrscheinlich sogar der konservativen aber unsichere Vater (Juergen Maurer) irgendwie schlucken. Sein insistieren, Céline Dion zu sein, ist allerdings wirklich ein psychischer Defekt, den man mit dem Recht auf die eigene Identität schwer verteidigen kann. Der einzige Freund, der Jacob in seiner Rolle akzeptiert, ist ausgerechnet ein junger weißer Mann, der sich für einen Schwarzen hält. Manche würden das als sozio-kulturelle Aneignung empfinden…

In den Kammerspielen gehen die gut anderthalb Stunden Spiel durch die Professionalität des Ensembles – Maia Köstinger spielt die ratlose Mutter – sehr kurzweilig vorbei. Am Ende bricht die hintere Wand der Zelle weg und Jacob steht glücklich im Sternenhimmel. Na schön, Wohlfühlstücke sind ja heute eh rar.


Infos & Karten: josefstadt.org