Das neue Wienerlied

Granteln ist „in“


Der Wiener Dialekt ist wieder in, Granteln und Melancholie sowieso. Mit neuen Einflüssen und Weiterentwicklungen feiert das neue Wiener Lied eine wohl verdiente Renaissance. Wir fiebern mit den Künstlern einer baldigen Öffnung der Wiener Kulturszene entgegen.
Text: Ursula Scheidl / Fotos (von oben): Daniela Matejschek, Ingo Pertramer, Astrid Knie, Konstantin Reyer, Wolfgang Seehofer, Stephan Musil


Ernst Molden
Lässig, elegant und ungeheuer vielseitig. Der hoch dekorierte Stadtpoet Ernst Molden ist ein ausgezeichneter Journalist und Romanautor, der Spaß daran hat, absurde Figuren zu erschaffen. Und natürlich demonstriert er auf bisher fünf Alben eine erstaunliche Entwicklung als Singer-Songwriter – Popmusik im Wiener Dialekt nach amerikanischen Vorbildern. Zum Sound seiner elektrischen und akustischen Gitarren erschafft er etwas völlig Neues, das die Wiener Seele zum Schwingen bringt. Mit der herausragenden Schauspielerin Ursula Strauss brachte er neu geschriebene Songs auf besondere Weise zum Erklingen.
ernstmolden.com

Voodoo Jürgens
Sein Debütalbum „Ansa Woar“ wurde gleich mit Gold ausgezeichnet. Die Kunstfigur von David Öllerer erinnert an vergangene Zeiten und an legendäre Serien wie „Ein echter Wiener geht nicht unter“, „Kottan ermittelt“ oder „Kaisermühlen Blues“. Kettenrauchend, mit fettigem Vokuhila und Zuhälterpose aus den 70er-Jahren, hat es der beinahe gescheiterte Liedermacher, dessen Vater ins Gefängnis kam, als er sieben war, geschafft, auch das deutsche Publikum zu überzeugen. Vorzugsweise tritt er in kleinen Bars auf, sie bieten die perfekte Kulisse für seine herrlich schwarzhumorigen Texte.
voodoojuergens.com

5/8ERL IN EHR’N
Dass der Wiener Lebensart ein gutes Schäuferl Soul innewohnt, beweist die fünfköpfige Band mit Hanibal Scheutz, Michaela Liebermann, Clemens Wenger, Max Gaier und Robert Slivovsky (von oben im Uhrzeigersinn) seit 2006 mit Bravour. Sie verwebt behutsam das Todernste mit Euphorie und das Triviale mit Politischem – herauskommt mitreißender Wiener Soul, dem man sich nicht leicht entziehen kann. Die vierfachen Amadeus-Preisträger mit der ganz speziellen Klangfarbe mixen Austropop, Wienerlied, Chanson, Soul und Kabarett und sind in den unterschiedlichsten Musikszenen und im Jazzmilieu ebenso beheimatet wie auf Kleinkunstbühnen.
5achterl.at

Wiener Blond
Frisch und frech singt das Beatbox-Pop-Duo Verena Doublier und Sebastian Radon mittlerweile seit sieben Jahren. Ihr großes Vorbild ist Georg Kreisler, daher schwingt bei ihren Texten immer ein gewisser bissiger Ton mit. Selbstironisch kokettieren sie mehr mit Absurdität als mit Abgründigkeit und kredenzen eine humorvolle Melange in Wiener-Schmäh-Manier.
wienerblond.at

Wanda
Vor sechs Jahren erschien ihre erste Single „Amore“. Die 5-köpfige Rock-Band rund um Sänger Michael Marco Fitzthum erzielte mit dem gleichnamigen Debütalbum „Amore“ auf Anhieb Gold in Österreich. Inzwischen sind die Musiker und ihre zum Teil auf Wienerisch gesungenen, manchmal zynischen Texte absolut Kult! Ohrwürmer wie „Bussi Baby“, „Colombo“ oder „Bologna“ zählen zu den wichtigsten österreichischen Pop-Songs.
wandamusik.com

Agnes Palmisano
Sie erweckte den Wiener Dudler, eine Mischung aus Jodler und Koloraturgesang aus dem Wien des 19. Jahrhunderts, zu neuem Leben. Seit 2011 ist er immaterielles Kulturerbe der UNESCO. Palmisano liebt die Hintergründe und Abgründe der Wiener Musik und singt sich quer durch alle Genres zwischen Wiener Liedern, Couplets, Kabarettchansons und klassischen Liedkompositionen.
agnes-palmisano.at