Über KI machten sich Menschen schon Gedanken, als es noch nicht einmal Taschenrechner gab und findige Programme besiegten Profispieler in Schach und Go lange vor Rechner mit heutigen Kapazitäten. Davon erzählt der Roman „Maniac“ des in Rotterdam geborenen und in Chile lebenden Autors Benjamin Labatut.

Pioniere der KI – Benjamin Labatuts Wissenschaftsthriller „MANIAC“

Über KI machten sich Menschen schon Gedanken, als es noch nicht einmal Taschenrechner gab und findige Programme besiegten Profispieler in Schach und Go lange vor Rechnern mit heutigen Kapazitäten. Davon erzählt der Roman „Maniac“ des in Rotterdam geborenen und in Chile lebenden Autors Benjamin Labatut.

Er beginnt mit dem Wiener Physiker Paul Ehrenfest, der Einstein verteidigte und zu dessen Freund wurde – bis er zunehmend verzweifelnd an den politischen Umständen sich und seinen am Down-Syndrom leidenden Sohn 1933 in Amsterdam erschoss. An Ehrenfest zeigt Labatut wie die Physik durch die Quantentheorie und die Mathematik durch Kurt Gödels Unvollständigkeitssatz erschüttert wurden.

Den größten Teil des Buches macht aber die Schilderung des ungarischen Mathematikgenies John von Neumann aus. Neumann arbeitete an der Quantenmechanik, erfand die Spieltheorie, arbeitete an entscheidender Stelle am berühmten Manhattan-Projekt zur Schaffung der ersten Atombombe mit – er berechnete etwa den besten Zeitpunkt der Detonation, um die maximale Zerstörungskraft zu entwickeln – und schuf die ersten modernen Computer. Der Buchtitel MANIAC steht für Mathematical Analyzer Numerical Integrator And Computer, die Architektur eines funktionierende Rechners, die noch heute gültig ist. Als er unheilbar krank im Spital lag, bewachte das US-Militär sein Zimmer, damit niemand noch im letzten Moment eventuelle neue Ideen von Neumann mitschreiben konnte. Labatut beschreibt Neumann aber nie direkt, sondern lässt ihn durch Menschen aus seiner Umgebung – Mitarbeiter, seine Frauen, seine Mutter – sehen.

Im letzten Kapitel geht es um die berühmten Duelle Mensch gegen Maschine anhand von Schach und Go. Die Schachgroßmeister gaben bald w/o, aber das weitaus komplexere chinesische Go-Spiel schien lange Zeit für Rechner zu komplex. Erst 2016 schlug das Programm AlphaGo die koreanische Go-Legende Lee Sedol, der daraufhin zu spielen aufhörte. Der Kampf wird spannend wie ein Krimi erzählt – ein Buch für Menschen, die über die Zukunft unserer Welt im Schatten von Maschinen nachdenken wollen.


Benjamin Labatut: MANIAC
Aus dem Englischen von Thomas Brovot
Suhrkamp
400 Seiten
€ 27,50