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Bussi-Bussi bei Jauchenduft – Martin Kušej inszeniert Molieres „Menschenfeind“ im Burgtheater. – ©Matthias Horn

Bussi-Bussi bei Jauchenduft – Martin Kušej inszeniert Molières „Menschenfeind“ im Burgtheater

Bild: ©Matthias Horn

Gleich zu Beginn tragen vermummte Gestalten im finsteren Bühnenbild einen Sarg – sonst aber ist dieser „Menschenfeind“ in der Burg bei aller Düsternis ganz lustig. Denn Star des Abends ist die schon 1979 erschienene Molière-Übersetzung des 2022 verstorbenen Dichters Hans Magnus Enzensberger. Der hatte dabei die damals sich formierende und bis heute hartnäckig bestehende Bussi-Bussi-Gesellschaft der 80er-Jahre treffend abgebildet. Nun gilt ja Wien – zumal in der deutschsprachigen Bühnenszene – als Hauptstadt der Heuchelei und Intrige. Und wenn man da noch ein nicht mehr verlängerter Theaterdirektor ist, macht Molières „Menschenfind“ bei der Inszenierung natürlich doppelt Spaß.

Martin Kušej hat die herrlich flapsige Enzensberger-Übersetzung dann noch mit ein paar Wien-Bonmots aufgefettet. Da kommt der Jedermann-Skandal vor, man speist bei Do&Co und über „Martin K.“, der „nie da“ ist wird gelästert. Das Theaterpublikum sieht sich indessen gespiegelt selbst. Und bisweilen steigt oder stürzt ein Protagonist in eine Lacke, die dank eines eigens kreierten Raumdufts dezent nach Gülle riecht. Der weiße Anzug des Moralisten Alceste wird im Laufe des zweistündigen Abends auch nicht blütenrein bleiben.

Ein bestens gelauntes Ensemble kämpft da mehr oder weniger gutgemeint gegen den von Itay Tiran glaubhaft dargestellte Alceste, um sich ihr Konstrukt aus böswilliger Anständigkeit nicht zerstören zu lassen. Marvie Hörbiger ist im schwarzen Glitzeranzug seine Begehrte, die sich freilich ihren Spaß am gesellschaftlichen Parkett nicht nehmen lassen will. Köstlich ihr Wortduell mit der pharisäerhaften Arisnoé, gespielt von Alexandra Henkel. Christoph Luser gibt den Freund, der ihm zur Nachsicht rät, Markus Mayer den von ihm gekränkten Mann mit besten Beziehungen. Und wenn kurz die Schaukämpfe ruhen, feiern im Hintergrund Komparsen wilde Partys zu Walzer, Volksmusik, Disco oder Schlager.

Das Wiener Premierenpublikum verstand die Gesellschaftskritik und applaudierte ausgiebig.


Info und Karten: burgtheater.at  

©Christian Wind

Inszenieren gegen den Autor – Frank Wedekinds „Lulu“ in den Kammerspielen

Bild: ©Christian Wind

Nicht zuletzt auch wegen der gelungenen Vertonung durch Alban Berg ist Frank Wedekinds Drama um eine kindliche Femme Fatale, die schließlich selbst zum Opfer ausgerechnet eines Lustmörders wird, noch immer viel auf den Bühnen zu sehen. Man mag die Darstellung der ebenso verhängnisvollen wie naiven Kindsfrau zurecht unzeitgemäß finden. Aber vieles in der Literatur ist eben nur interessant, weil wir es nicht bis ins Letzte verstehen. Und klarerweise muss keine Bühne dieses nicht einfache Stück heute spielen. Aber wenn es gespielt wird, wünscht man sich eine ernsthafte Auseinandersetzung und keine dem Zeitgeist folgende Belehrung durch einen Regisseur.

In den Kammerspielen macht Elmar Goerden aber genau letzteres. Er beginnt schon damit, dass seine Lulu nicht als Lustobjekt vor dem Maler Eduard, ihrem späteren ersten Ehemann, sitzen will und kurz verschwindet, ehe sie sich trotzig doch wieder hinsetzt. Bei jeder Gelegenheit wird über den Text gelästert und am Schluss kommen endlich alle darauf, dass sie das gar nicht hätten spielen sollen. Johanna Mahaffy als Lulu kann da nur verlieren. Sie muss verführerisch, kaltblütig, naiv und gleichzeitig emanzipiert sein – das ist unmöglich zu schaffen. Das Stück funktioniert aber nur dann, wenn man über sie rätseln kann und nicht wenn man erklärt bekommt, was alles daran falsch ist. Rechts auf der mit einem abstrakten Muster überzogenen Bühne ist in einem beleuchteten Schrein sogar der Theatertext präsent. Als Dr. Schön legt sich Joseph Lorenz mächtig ins Zeug, er gibt den abgebrühten Schauspieler, der spielt, was man von ihm verlangt. Als Lulu verfallene lesbische Gräfin wird Susa Meyer ausgenützt und gedemütigt – was natürlich auch nicht ohne Kommentar passieren darf.

Nun soll Goerden der Josefstadt-Direktion selbst Wedekinds „Lulu“ vorgeschlagen haben, man versteht leider wirklich nicht, was er damit bezwecken wollte. Will jemand klüger sein als die Urheber klassischer Stücke, geht das doch fast immer schief. Und wenn es schon – was längst aus der Mode gekommen ist – dekonstruiert werden muss, dann bitte bis zur letzten Konsequenz und nicht so halbherzig wie in den Kammerspielen.

Infos & Karten: josefstadt.org

Ingeborg – im Gewitter der welkenden Rosen

Bild: ©Polyfilm

Otto Brusatti zum Film „Ingeborg Bachmann – Reise in die Wüste“.

In letzter Zeit sind wieder einmal die – vielleicht – spannenden Frauen im Kino dran. Leider etwas simpel und schlimmer. Eine lesbische Super-Dirigentin namens Tár, die nicht dirigieren kann (und schon gar nicht Gustav Mahler). Dessen leicht betrügerische Frau, Alma, von der wundersamen Emily Cox gegeben und mit der Mahler-Frau wenig bis nichts zu tun habend. Von diversen Sisi/Sissi-Behübschungen reden wir lieber nicht. Apropos – eine davon ist ja die ebenfalls intensive Vicky Krips, welche aktuell in einem Frau-Trotta-Film, wie es genannt wird, „Ingeborg Bachmann – [auf der] Reise in die Wüste“ verkörpert. Man vermittelt dort die vier Jahre dauernde Beziehung der Poetin zu Max Frisch und dann – in einigen zwischengeschnittenen Film-Fetzen – Bachmanns Reisefluchtversuch vor allem nach Ägypten, gemeinsam mit ihrem Liebhaber Adolf Opel, lustig und erotisch auf der Suche nach Erholung aus der Trennungspsychose von Frisch. Und apropos Frisch – da agiert auf der Leinwand ein umgänglicher, dicklicher, oft gemütlicher, grinsender Mann, der wenig mit dem wiewohl brutalen wie ihr manchmal hündisch nachlaufenden wie sie betrügenden Schweizer Dichter zu tun hat.

Gleichviel. Sozusagen Pilcher für Maturanten. Beziehungsgewitter, nicht solitär.

Das Pech für die Regisseurin und Gestalterin ist, dass in den letzten Monaten sowohl Bachmanns Traumdarstellungen zur Eigentherapie als auch der ziemlich umfangreiche Briefwechsel zwischen den beiden herausgekommen ist. Und dort steht ganz was anderes, auch wüstes, auch peinigendes. Die Veröffentlichungen handeln von außergewöhnlichen, sich peinigenden Menschen. Sie zeigen Ingeborg Bachmann bereits am Weg in den selbst herbeigeführten Untergang, zeigen – wie viele Bilder es vermitteln – eine eitle, nur um sich kreisende, durchaus faszinierende Frau, die bereits mit 25 Jahren begann auszusehen, wie von einem heftigen Holzschnitzer gefertigt. Frisch hingegen, der von Bachmann wohl tausend Mal in ihrem Schreiben als ihr Mörder apostrophiert wird und der – zugegeben – seine heftigsten Affären in wunderbare Romane gezwängt hat, der noch diesbezüglich bis vor kurzem von der Frauenforschung gehasst worden ist, kommt vor allem als fader Kumpel rüber.

Dennoch, ein hübscher Streifen. Man hat aber von dem wohl nichts, wenn man über dessen literarhistorische Voraussetzungen nichts weiß.

Und nun doch noch was – was Böses vielleicht und mehr. Ingeborg Bachmann ist, ob mancher ihrer vor allem Gedichte und den Roman „Malina“ als besondere Poetin zurecht geschätzt. Allein, und nun kommt das Böse: Wird einmal es auch zu einer Bachmann-Neubewertung, -deutung, -abfuhr gar kommen, wenn, getragen vielleicht zunächst durchaus von wissenschaftlich-analytischer Seite dokumentiert ist, wie viel (um nicht zu sagen: wie beinahe alles) sie aus den Bildern in der Lyrik des Frisch-Vorgängers Paul Celan gezogen hat. Abgesehen davon, dass ihr fertiggestelltes Oeuvre, so sehr man es auch bereits bis hin zur letzten Skizze auseinandergenommen hat, schmäler ist als bei fast allen tatsächlich Großen der Literatur des 20. Jahrhunderts.

Aber – Frau Krips (die im Film maximal für 5 Sekunden auch als schreibende I.B. agieren darf) ist lieb und hübsch und hat eine Ausstrahlung. Immerhin doch.

In den Wiener Kinos wie z.B. Admiral, Filmcasino, Votiv, De France und mehr.

Bernhard Günther ist seit 2016 Künstlerischer Leiter des Festivals Wien Modern.

Wien Modern – 91 Veranstaltung in 36 Spielstätten

Bild: ©nafezrerhuf

Heuer findet Wien Modern zum 36. Mal statt, bis zum 2. Dezember gibt es einen Monat lang insgesamt 91 Veranstaltungen an 36 Spielstätten in 14 Bezirken. Das 1988 von Claudio Abbado initiierte Festival, das seit 2015 Bernhard Günther (Foto) leitet, ist mit heuer 43 Ur- und 22 Erstaufführungen die größte Plattform zur inspirierenden Begegnung von Künstler:innen und Hörer:innen neuer Musik aller Spielarten.

Das Motto heuer ist „GO – Bewegung im Raum“, denn Musikhören muss nicht beim Stillsitzen vonstatten gehen. So wird es am 21. November an einem öffentlichen Ort (wird einen Tag vorher bekanntgegeben) um 16.15 Uhr en Konzert mit Musik von Erik Satie, Jimi Hendrix und Joseph Haydn geben. Olga Neuwirth erweckt beim Gassatim-Konzert (21.11.) mit rund 100 Mitwirkenden, 120 Knackfröschen und einem kleinen weißen Hund eine anarchische Aktion des jungen Joseph Haydn neu zum Leben: Eine Art Flashmob oder besser Happening im öffentlichen Raum führt in einer guten halben Stunde einmal quer durch die Musikgeschichte, von Joseph Haydn, Erik Satie und Charles Ives über das Berlioz-Requiem, Edgar Varèse, Olga Neuwirth und einen Begräbnismarsch bis hin zu Little Wing von Jimi Hendrix und dem am Ende alles aufsammelnden Plattenteller von Dieter Kovačič a.k.a. dieb13. Die Komponistin Olgar Neuwirth hat dabei eine Idee von Joseph Haydn aufgegriffen, der Wiener in der City spontan mit Musik aufweckte.  („Im öffentlichen Raum“)

Und beim Abschlusskonzert von Wien Modern am 2. Dezember im Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien wird eines der frühesten und beeindruckendsten Werke der Minimal Music zu hören sein – mit 20 Dudelsäcken! : In „C von Terry Riley“, 1964 im Tape Music Center San Francisco vor rund 100 Zuhörer:innen uraufgeführt, mit Steve Reich, Jon Gibson, Pauline Oliveros, Stuart Dempster und Morton Subotnick als Teil des Ensembles. 53 kurze Motive werden von allen Mitgliedern des variablen Ensembles der Reihe nach wiederholt. So entsteht aus einer einzigen Notenseite ein komplexes Gesamtgefüge. Diesen fast 60 Jahre alten psychedelischen Klassiker nimmt der bretonische Dudelsackspieler und Ensembleleiter Erwan Keravec mit einer außergewöhnlichen Besetzung in Angriff: 20 Dudelsäcke, Bombarden und Binioù erzeugen in einer minimalistisch gehaltenen Ausstattung einen frei begehbaren Klangraum.

Mit dem Festivalpass (120 € / 96 € / 48 €), dem Mengenrabatt (30% Ersparnis ab vier Veranstaltungen) sowie kostenlosen Angeboten bietet das Festival Gelegenheit zur Begegnung mit der zeitgenössischen Vielfalt der Musik.


INFO
wienmodern.at

In England spielt man William Shakespeares Königsdrama „Heinrich V.“ öfters als seinen „Hamlet“, obwohl sich das Stück nur auf den ersten Blick für patriotischen Stolz eignet.

Wem nützt ein Krieg? – Shakespeares „Heinrich V.“ im TAG

Bild: ©Anna Stöcher

In England spielt man William Shakespeares Königsdrama „Heinrich V.“ öfters als seinen „Hamlet“, obwohl sich das Stück nur auf den ersten Blick für patriotischen Stolz eignet. Klar, hier vernichtet im sogenannten Hundertjährigen Krieg ein entkräftetes englisches Heer eine ausgeruhte französische Übermacht, doch schon wie es zum Krieg kommt, erinnert mehr an die Filmsatire „Wag the Dog“ als an Heldenepen. Die mächtigen Adeligen um den Erzbischof von Canterbury wollen eine drohende Reichensteuer abwenden und machen dem jungen König Heinrich Frankreich als lukrativere Beute schmackhaft. Mittels eines uralten obskuren Erbfolgegesetzes soll der französische König abgesetzt werden. Zudem werden an Engländern verübte Massaker von Franzosen fingiert.

Im Theater TAG in der Gumpendorfer Straße inszeniert Hausherr Gernot Plass sehr direkt und flott und sehr frei nach Shakespeare. Herausgekommen ist ein dramatischer Appell gegen den Krieg. Die meisten der 7 Darsteller und Darstellerinnen (Andreas Gaida, Markus Hamele, Michaela Kaspar, Raphael Nicolas, Lisa Schrammel, Georg Schubert) müssen in mehrere Rollen schlüpfen, nur Jens Claßen bleibt immer der junge König. Chargierend zwischen jugendlichem Ungestüm und der Weisheit eines Landeschefs macht er das sehr glaubhaft. In 100 Minuten sehen wir eine Parabel auf die Perfidie des Krieges, denn die Engländer können sich ihres Sieges nicht lange freuen. Der König erkrankt wenig später und stirbt, während sich in Frankreich eine Jungfrau anschickt, ihr Heimatland wieder von den Besatzern zu befreien.

Interessant ist, dass die Ansprache Heinrichs vor seinen zahlenmäßig eklatant unterlegenen Soldaten trotzdem zu einem Baustein des englischen Selbstbewusstseins wurde. „We few, we happy few, we band of brothers“ – die St.-Crispins-Tag-Rede – wird immer dann hervorgeholt, wenn England gerade wieder im Krieg ist und klingt gerade in unseren unruhigen Zeiten umso befremdlicher.

Infos & Karten: www.dastag.at

Das erste internationale Gitarrenfestival „ART OF GUITAR WIEN“ feiert am 3. & 4. November in der Kulturgarage in der Seestadt Premiere. Wir verlosen 2 x 2 Karten!

ART OF GUITAR – PREMIERE IN DER SEESTADT

Bild: ©Willi Pleschberger

Das erste internationale Gitarrenfestival „ART OF GUITAR WIEN“ feiert am 3. & 4. November in der Kulturgarage in der Seestadt Premiere. Wir verlosen 2 x 2 Karten!

Mit dem ersten internationalen Gitarrenfestival ART OF GUITAR WIEN entsteht in der Seestadt ein kultureller Fixpunkt rund um die Gitarre und ihre Künste: auf höchstem Niveau, inspirierend, international und offen für verschiedene Disziplinen und Genres. Die erste Ausgabe des Festivals findet vom 3. – 4. November in der Kulturgarage und trägt den Traum einer weltoffenen und vielfältigen Zukunft in ihrem Namen: CITY OF DREAMS. 

Mastermind von ART OF GUITAR WIEN ist die österreichische Gitarristin, Sängerin und Komponistin Julia Malischnig, die nicht nur als Musikerin international reüssiert, sondern die auch mit ihren renommierten internationalen Gitarrenfestivals La Guitarra esencial in Millstatt am See und La Guitarra Erl im Tiroler Festspielhaus Erl über die Grenzen Österreichs hinaus beachtenswerte Erfolge feiert. 

Programm Neben Konzerten mit dem australischen und Grammy-nominierten Weltstar-Gitarrist Tommy Emmanuel und dem Julia Malischnig Project Ritmo de la Vida wird eine Ausstellung des anerkannten Künstlers Harald Schreiber ebenso zu sehen sein wie der prämierte Kurzfilm Angelus Novus Reloaded von Robert Hofferer. 

Mit einem Kaleidoskop an Klangfarben und Stilen herausragender Musiker:innen und Künstler:innen lässt ART OF GUITAR WIEN ein hochkarätiges neues Festival in der Seestadt erwarten. 


Informationen & Details
wien.gitarrenfestival.at

In Antiochia steht ein Café Central – Händels Oratorium „Theodora“ im MuseumsQuartier.

In Antiochia steht ein Café Central – Händels Oratorium „Theodora“ im MuseumsQuartier

Bild: ©Monika und Karl Forster

Na so was: Intendant und Regisseur Stefan Herheim lässt Händels Oratorium „Theodora“, die Neuproduktion des Theater an der Wien im MQ, doch tatsächlich im Wiener Café Central – dem Lieblingscafé der Stadttouristen – spielen. Dabei ist die Handlung dieses Stücks so gar nicht kaffeehauslike, sondern ziemlich grausam, geht es darin doch um den Märtyrertod von Christen zur Zeit Kaiser Diokletians in Antiochia. Aber ja, das Kaffeehaus war früher schließlich der Laufsteg der Wiener Gesellschaft, wo vieles auch verhandelt wurde. Das passt vor allem vor der Pause, denn da wird einmal lange das römische Gesetz, wonach dem obersten Gott Jupiter geopfert werden muss, verhandelt. Wer sich dem widersetzt, droht der Tod. Im Mikrokosmos Kaffeehaus ist der Statthalter der Cafetier und seine Kellnerinen und sein Kellner die ersten Christen. Die Kaffeehausgäste sind das wankelmütige Volk, das sich leicht mit Kuchen aus der Vitrine bestechen lässt. Angeblich war „Theodora“ des Komponisten liebstes Stück, trotz des Misserfolgs bei der Uraufführung 1750 in London.

Bejun Mehta, der in Wien bestens bekannte und vielfach gefeierte Countertenor, debütiert im akustisch nicht optimalen MuseumsQuartier als Operndirigent. Am eindrucksvollsten gelingen die Chorpassagen, der Arnold Schönberg Chor leistet aber auch darstellerisch wirklich Großartiges. Sängerisch überzeugen das Publikum vor allem Mezzosopranistin Julie Boulianne als Theodoras Kollegin und Unterstützerin Irene und der Countertenor Christopher Lowrey als Theodoras Befreier Didymus, im Drama ein römischer Offizier und Kriegsheld, im Café aber natürlich ebenfalls ein Kellner. Er kann nicht sehen wie Theodora – Sopran Jaqueline Wagner – nicht nur eingesperrt, sondern sogar zur Prostitution gezwungen werden soll. David Portillo, wie auch alle anderen Sängerinnen und Sänger aus den USA, gibt als Statthalter den Bösewicht. 

Zauberhaft ist Händels Musik vor allem bei den Übergängen, aber nach der Pause können auch einige Arien das Herz rühren. Da wird das Kaffeehaus dann zum Kerker, was nicht mehr so gut passt – aber Umbauten sind im MQ wohl schwierig, zumal das Central wirklich detailgerecht nachgebaut wurde. Das Publikum schien mit der Aufführung musikalisch zufrieden, Herheims Inszenierung wurde weniger beklatscht. Sehenswert ist „Theodora“ aber allemal.

Termine noch am 21., 23., 25., 27. und 29. Oktober – www.theater-wien.at

Olga Scheps – ©Uwe Arens

Klassische Musik in höchster Vollendung beim Liszt Festival Raiding

Bild: ©Uwe Arens

Jahr für Jahr zieht das Liszt Festival Raiding mit seinem erstklassigen Konzertsaal und seinem von den Intendanten Eduard und Johannes Kutrowatz sorgfältig kuratierten Programm Klassik-Begeisterte in den charmanten Geburtsort von Franz Liszt.

Highlights

Eröffnet wurde der musikalische Reigen im Oktober vom ensemble minui, das die Gäste in eine Welt der Sagen entführte. Rusanda Panfili & Friends lassen mit einer Mischung aus Folklore, Klassik und progressiver Musik musikalische Welten gekonnt miteinander verschmelzen. Mit einer eigens für das Liszt Festival Raiding kreierten und arrangierten Hommage an Toni Stricker tragen Ferry Janoska & Freunde den unverwechselbaren pannonischen Stil des legendären Geigers und Komponisten weiter.

„Mozart Pur“ heißt das Motto bei Geigenvirtuosen Benjamin Schmid & Freunde. Es wartet ein Abend voll Violinsonaten, Kammermusik und himmlischer Klänge Wolfgang Amadeus Mozarts, die Raum für Wunderwerke des gemeinsamen musikalischen Dialogs schaffen. In gewohnter Liszt-Manier bilden auch im Oktober die Klavierkonzerte das Zentrum des musikalischen Reigens. Volle Frauen-Power versprechen die erstklassigen Pianistinnen Olga Scheps, Maya Ando und Maria Radutu in der Konzertreihe „Kosmos Klavier“.



Bis 22. 10. 2023
lisztfestival.at

Vienna City Gallery Walk – Die Vielfalt der Kunst erleben

Bild: ©Vienna City Gallery Walk

Erleben Sie die Vielfalt der Kunst beim Vienna City Gallery Walk: Ausstellungen, Performances, musikalisch performative Rundgänge, zeitgenössische Musik-Komposition und viele weitere kulturelle Höhepunkte.

Der Vienna City Gallery Walk inszeniert den spielerischen Zugang zu Kunst und Kultur in Wien und die Vielfalt von Bild, Skulptur, Musik und vielen Geschichten. Musikalisch performative Rundgänge, Performances,  Literatur, Kunsttouren und Ausstellungsführungen laden ein zum zwanglosen, Kunst-inspirierten Gehen, zum begeisternden Miteinander der Menschen in der Stadt und bereichern die einzigartigen Präsentationen der Wiener Galerien-Szene.

Kunst erleben

Hochwertige Kunst früherer Zeiten wird in fünf GALLERY TOUREN mit aktuellen zeitgenössischen Werken verbunden und der Zugang zum Werkschaffen in Ateliers eröffnet. So wird die gesellschaftliche Auseinandersetzung mit Kunst und Design zum Erlebnis und schafft Bewusstsein für Qualität und Individualität.

Die TOUR GUIDES gehen durch die Wiener City, führen aber auch zu den Programmpartner:innen außerhalb des ersten Bezirks. Freuen Sie sich auf drei engagierte Programmtage! Genießen Sie Kunst. Machen Sie mit. Kostenfrei.

Erleben Sie die Vielfalt der Kunst beim Vienna City Gallery Walk: Ausstellungen, Performances, musikalisch performative Rundgänge und mehr.
©Zwischen den Zeilen/Zangerle

Zwischen den Zeilen
Ein sprachlich, musikalisch, performativer Rundgang durch Wien’s ersten Bezirk und die Innenstadt-Galerien mit Bodo Hell – ohne Punkt und Komma  (Text / Klang / Performance), Götz Bury – Blattsalat verschlingend  (Objekte / Performance) und Werner Zangerle – Sprechgesang flötend  (Performance / Flöte).

Ganz selektiv durch die Lesebrille blickend, wollen die drei Herren anlässlich des Vienna City Gallery Walk flanierend begehen, und zu einer Art Sprechstunde laden. Um nicht vor leeren Wänden zu reden, werden potentielle BesucherInnen eingeladen den hellhörigen Spaziergängern zu folgen und zu vernehmen, was denen so brennend auf den Zungen liegt.

Alle Details dazu gibt es hier.

Musik zum Gehen und (Auf)Stehen – Das Ensemble Reihe Zykan+

SPRACH-, GESANGS- UND INSTRUMENTALMASSNAHMEN in Verbindung gebracht mit ausgesuchten Ausstellungspräsentationen in den Galerien.

Die zeitgenössische Musik betrachtet das gesellschaftliche und politische Leben oft aus dem toten Winkel. Die Reihe ZYKAN + liefert ein Gegenmittel. Das 2020 von Irene Suchy und Michael Mautner gegründete Vokal- und Instrumentalensemble widmet sich, neben dem diesbezüglichen Repertoire der Moderne, auch einem Aspekt der in der zeitgenössischen Musiklandschaft unterbelichtet ist, dem Humor, der Satire.

Alle Details dazu gibt es hier.

Erleben Sie die Vielfalt der Kunst beim Vienna City Gallery Walk: Ausstellungen, Performances, musikalisch performative Rundgänge und mehr.
©Imago Sonus

Imago Sonus

Individuelle, auf die künstlerischen Werke ausgerichtete, Miniatur-Kompositionen unter Mitwirkung ausgewählter Komponist*innen und Musiker*innen.

Der Ausgangspunkt dieser Veranstaltungen ist die Symbiose von musikalischer Komposition und angewandter und bildender Kunst bzw. Komponist*innen und Künstler*innen. Gemeinsam verbinden wir für unser Publikum die unterschiedlichen Kunstrichtungen miteinander und schaffen parallele, sich befruchtende, erlebnisse und eindrücke aus Wort, Musik, Bild und Skulptur.

Alle Details dazu gibt es hier.

Erleben Sie die Vielfalt der Kunst beim Vienna City Gallery Walk: Ausstellungen, Performances, musikalisch performative Rundgänge und mehr.
Geschichte spaziert beim Vienna City Gallery Walk. – ©A. Kleinlerchner

Laute(r) Frauen – Geschichte spaziert

Teilnehmer*innen spazieren durch die Innere Stadt und begegnen dabei engagierten Bildhauerinnen, Malerinnen, Sammlerinnen und Galeristinnen von heute und gestern, aus dem Biedermeier und der Epoche der Wiener Werkstätte. Lauter Frauen, die viel Ausdauer und Mut bewiesen haben, bei der Ausübung ihrer Kunst, bei Weltumrundungen und / oder im Ringen mit der Obrigkeit. Ihre Stimmen erheben: Susanna Oberforcher, Galeristinnen, Künstlerinnen, Sammlerinnen

Alle Details dazu gibt es hier.

Lichtblicke

Im Rahmen unserer TOUREN weisen wir auch auf die Wiener Lichtblicke  – Chromotopia 2023 hin. Künstlerische Lichtinterventionen (bei Dunkelheit), im ersten Bezirk am Justizpalast, im Grete-Rehor-Park, am Heldentor. Alle Destinationen finden Sie hier.


Informationen & Programm
21.09. & 22.09.23: 16.00 – 21.00 Uhr
23.09.23: 11.00 –16.00 Uhr
gallerywalk.at

Regieberserker und Autor Rainer Werner Fassbinder gestaltete den Übergang zwischen Bühne und Film zeitlebens fluid. Vieles, was im Theater uraufgeführt wurde, verfilmte er später.

Die bitteren Tränen der Petra von Kant – Rainer Werner Fassbinder am Akademietheater

Bild: ©Matthias Horn

Regieberserker und Autor Rainer Werner Fassbinder gestaltete den Übergang zwischen Bühne und Film zeitlebens fluid. Vieles, was im Theater uraufgeführt wurde, verfilmte er später. So auch „Die bitteren Tränen der Petra Kant“, 1971 erstmals als Theaterstück in Frankfurt und 1972 mit Hanna Schygulla als Film. Seine Themen waren ja auch immer ähnlich. Zerstörerische Lieben im falschen gesellschaftlichen System.

Im Akademietheater hat Lilja Rupprecht dieses Drama in einen zeitlosen Rahmen gestellt, man telefoniert zwar noch mit einem Wählscheibentelefon, aber es hat keine Schnur mehr und der Raum sieht aus wie ein modernes Schwimmbad – weiße Kacheln, viel Glas, die Wände werden mittels Videoprojektionen zum erweiterten Spielplatz. Dörte Lyssewski als Titelheldin, die am Beginn schon als Wrack auf dem Boden liegt, wird erweckt und angekleidet von ihrer Marlene (Annamária Láng). Nach dem Ende einer Beziehung mit einem Mann wird sie von einem zufällig eintreffenden jungen Mädchen im Gefolge ihrer Freundin Sidonie (Stefanie Dvorak) wieder aufgebaut und verliebt sich prompt in sie. Als gefeierte Modeschöpferin kann sie dieser Karin (Nina Siewert) eine Karriere als Model bieten. Die Klassenunterschiede zwischen den beiden können krasser nicht sein. Karin ist in schwierigen sozialen Familienverhältnissen aufgewachsen (der trinkende Vater hat die Mutter erstochen und sich dann erhängt), während Petra an ihrer gutbürgerlichen Abstammung kaut.

Das Liebesdrama mit vorhersehbarem Ausgang – die junge Karin lässt die viel ältere Petra als erfolgreiches Model zurück und geht zu ihrem australischen Ehemann – bekommt durch die extremen Kostüme (Annelies Vanlaere) eine futuristischen Schwung, in den Wortgefechten geht es freilich wie immer um Abhängigkeiten, Macht und immer mehr um die existenzielle Einsamkeit, die Lyssewski sehr anschaulich darzustellen vermag. Überhaupt ist das Ensemble perfekt eingespielt, man ist als Zuseher bereit, ihnen alle Worte zu glauben. Das im letzten Drittel eingefügte Gespräch einer Journalistin (Stefanie Dvorak) mit Fassbinder (Norman Hacker), ein Zusammenschnitt zweier realer Interviews mit dem Regisseur, bringt biografische und zeithistorische Authentizität. Ein dichter Abend, der trotz der wenig überraschenden Handlung niemals langweilig wird, wozu auch die Live-Musik (Viktoria Mezovsky /Jessica Choma) entscheidend beiträgt.


Infos & Karten: burgtheater.at