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Wer sagt denn, Musiktheater sei antiquiert und bringe immer nur dieselben alten Stoffe? Die Volksoper will den Gegenbeweis antreten. Ihre Chefin Lotte de Beer gab dem Komponisten und Librettisten Moritz Eggert den Auftrag zu einer Operette – dem antiquertesten Genre überhaupt –  zum vieldiskutierten Thema „Verschwörungstheorien“.

Moritz Eggerts Operette „Die letzte Verschwörung“ an der Wiener Volksoper

Bild: ©Barbara Pálffy

Wer sagt denn, Musiktheater sei antiquiert und bringe immer nur dieselben alten Stoffe? Die Volksoper will den Gegenbeweis antreten. Ihre Chefin Lotte de Beer gab dem Komponisten und Librettisten Moritz Eggert den Auftrag zu einer Operette – dem antiquertesten Genre überhaupt –  zum vieldiskutierten Thema „Verschwörungstheorien“. Und der hat prompt und – wie die Premiere zeigte – auch zum Gefallen des Publikums geliefert. Ein zweieinhalbstündiger (mit Pause) musikalischer Spaß, der auch intellektuell nicht unterfordert.

Wir erleben den Fall des beliebten Fernsehmoderators Friedrich Quant (Timothy Fallon), der ausgerechnet nach dem Auftritt eines Spinners, der behauptet, die Erde wäre eine Scheibe, an seiner eigenen Weltanschauung zu zweifeln beginnt als dieser ihm nachkolorierte Urlaubsbilder von Quants Familie zeigt. Wie der „Schwurbler“ (Orhan Yildiz) das macht, wird nicht ganz klar, allerdings zerfleddert Quants Glaube an die Tatsachen von da an an allen Enden. Reptilienmenschen haben die Kontrolle übernommen, das FBI sowieso und bald schon schauen Außerirdische vorbei, während in der Küche der Pizzeria Kinder als Belag aufbereitet werden. In den Videoeinspielungen regnet sowieso schon die Matrix runter vom Schirm – Quant verliert Familie und findet unter den Mitkämpfern eine Geliebte (Lara: Rebecca Nelsen), die sich freilich am Ende als nicht menschlich herausstellt. Moritz Eggert hat nicht viel ausgelassen, was es so an Humbug im Netz gibt – als der Bundeskanzler mit der sagenhaft reichen Mobilfunk-Sponsorin kuschelt, wachsen beiden Stacheln und Scheren. Dazu gibt es flotte, in Ansätzen sogar schlagertaugliche Musik, bisweilen erinnert der Soundteppich auch an Film. Intergalaktisch tanzen Menschen in silberglänzenden Vollkörperkostümen dazu.

Bevor das alles völlig entgleitet, kommt Regisseurin Lotte de Beer am Ende höchstpersönlich auf die Bühne und fordert bei dieser „Probe“ eine realistischere Darbietung. Ein Hinweis darauf, dass sich das Genre selbst nicht ernst nimmt. Viel Applaus für den kurzweiligen Abend.


Infos & Karten: volksoper.at

Johannes Kalitzkes Kapitän Nemos Bibliothek, basierend auf dem gleichnamigen Roman des schwedischen Schriftstellers Per Olov Enquist, erlebte erst jüngst seine Uraufführung bei den Schwetzinger Festspielen.

Johannes und der Ich-Erzähler – Johannes Kalitzkes Kapitän Nemos Bibliothek

Johannes Kalitzkes Kapitän Nemos Bibliothek, basierend auf dem gleichnamigen Roman des schwedischen Schriftstellers Per Olov Enquist, erlebte erst jüngst seine Uraufführung bei den Schwetzinger Festspielen.

Johannes und der Ich-Erzähler, die gesellschaftlich nicht unterschiedlicher sein könnten, wachsen in einem nordschwedischen Dorf miteinander auf. Während Johannes aus einer „Außenseiterfamilie“ stammt, kommt der Ich-Erzähler aus „gutem Hause“. Als die beiden sechs Jahre alt sind, ergibt eine Untersuchung, dass sie bei der Geburt vertauscht wurden und das Gericht entscheidet, dass sie „zurückgetauscht“ werden müssen. Ihrer familiären Identität beraubt, müssen sie nun bei der jeweils anderen Mutter, in einer anderen gesellschaftlichen Konstellation als zuvor, leben.

In dieser unerträglichen Lebenssituation voll Unglück und Wahnsinn findet der Ich-Erzähler Zuflucht in seiner eigenen Welt. Er taucht in seiner Fantasie zur Bibliothek in Kapitän Nemos Unterseeboot Nautilus.

Wir präsentieren Ihnen dieses brandneue Stück nun in einer Inszenierung des Regisseurs Simon Meusburger; die junge Bühnenbildnerin Hana Ramujkic gibt ihr Debüt als Ausstatterin an der Neuen Oper Wien.


11., 13., 15. & 16. April 2023
19:30 Uhr
Atelierhaus der Akademie der bildenden Künste Wien (Semperdepot), Lehargasse 8, 1060 Wien

Wienlive-Autor Otto Brusatti betrachtet den aktuellen Film „Tár“ mit den Augen eines Musikkritikers.

Hochverehrt, diskutiert und beschimpft: Cate Blanchett in Tár

Bild: ©EMJAG Productions, Standard Film Company Inc.

Wienlive-Autor Otto Brusatti betrachtet den aktuellen Film „Tár“ mit den Augen eines Musikkritikers.

Der gegenwärtige, Oscar-verweigerte Hit-Film „Tár“. Gelegentlich schon allzu hoch verehrt, diskutiert, beschimpft (wegen abermals einem Frauen-Schlecht-Machen) etc. (und ungemein lang):

Aber es schmerzt halt, dass in solchen Produktionen, die eigentlich seitens von (hier) Musikspezialisten überwacht werden sollten, so viel Falsches auch vorkommt und die Sache nicht nur unglaubwürdig, sondern auch dilettantisch werden lässt.

Die Hauptdarstellerin kann nicht dirigieren (o.k., es wird halt von einem Monate langen Coachings für ein paar Sekunden Endschnitt geredet), die Frau der Hauptdarstellerin ist auch Konzertmeisterin in einem Spitzenorchester und kann nicht/kaum Geige spielen. Die Management-Vorgänge dort sind, nun sagen wir, ungewöhnlich. Das ganze Dirigentinnenleben spielt sich ab, ohne dass es zu heute selbstverständlichen Einsätzen in unterschiedlichen Produktionen kommt (die an sich scheiternde Frau probt gelegentlich in New York oder in Berlin, mehr nicht). Und sonstiges: Die Kommunikation in heutigen Spitzenmusikanstalten funktioniert mit dem Nachwuchs nie (mehr) so. Probespiele detto. Und so fort (auch die Bezugnahmen auf Mahler und Karajan und Bernstein …).

O.k., ist halt ein Film. 

Aber von den Ansprüchen her, gibt er anderes vor.

Ich weiß: Man sagt dann: Ist doch egal, wer sieht und hört das schon. (N.B. die Frau Tár singt einmal etwas aus der 5. Beethoven vor, um ihre Größe als Interpretin zu beweisen; leider im Musik- und Themenbau völlig falsch.) Aber warum dann überhaupt so ein Anspruch?

Man dreht, im Vergleich, auch keinen aufwändigen Formel-1-Film, wo die Hauptdarstellerinnen erkennbar kaum Autofahren können. Alles ähnelt dem wunderbaren und über-kitschigen Film „Zwischenspiel“ von 1968 mit Oskar Werner.

Aber egal. Der Film ist halt ein wenig romantische Brutalität, Romantik für Harte sozusagen, aber ein Bild über die desidertierte Rolle vom angeblich geradezu parasakramentärem Musizieren 2023.

Allein/und: so denkt man sich, geht es zu in der geheimnisvollen Konzertwelt bei uns.


Markus Feigl ist Chef des Büchereiverbandes Österreich BVÖ, der 1.358 Büchereien in ganz Österreich betreut, und Vorsitzender der „Stiftung Lesen Österreich“. Beide Institutionen unterstützen den Vorlesetag am 23. März. Feigl im Interview über die Wichtigkeit des Lesens und über seine Liebe zu Büchern.

Lesen als Lebenselixier

Bild: ©Arman Rastegar

Markus Feigl ist Chef des Büchereiverbandes Österreich BVÖ, der 1.358 Büchereien in ganz Österreich betreut, und Vorsitzender der „Stiftung Lesen Österreich“. Beide Institutionen unterstützen den Vorlesetag am 23. März. Feigl im Interview über die Wichtigkeit des Lesens und über seine Liebe zu Büchern.

Von Caroline Autherry

Lange Tische mit Stapeln von Büchern – liebevoll nimmt Markus Feigl ein Exemplar in die Hand, blättert darin, legt es zurück, geht weiter, zieht ein anderes Buch hervor … Hier, im Hauptquartier des Büchereiverbandes Österreich BVÖ in Wien, warten Hunderte Werke österreichischer Verlage auf die Auslieferung an Büchereien in ganz Österreich. – Ein Dankeschön des Büchereiverbandes für Büchereien, die an Programmen und Initiativen teilnehmen. Mag. Markus Feigl ist Geschäftsführer des BVÖ – Bücher sind sein Leben. Mit 16 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unterstützt er Gemeinden und Pfarren in ganz Österreich bei der Erhaltung und der Führung der Büchereien. 88 öffentliche Bibliotheken gibt es in Wien, österreichweit sind es 1.358, elf Millionen Medien warten in den Büchereien auf potenzielle Leserinnen und Leser.

Nachvollziehbar, dass der „Büchereiverband Österreich“ Partner des Vorlesetages am 23. März ist. Markus Feigl, überdies Vorsitzender der „Stiftung Lesen Österreich“ weiß:
„Vorlesen ist extrem wichtig, weil es einen positiven Bezug zu Büchern schafft und die Welt des Lesens eröffnet.“

wienlive: Welches Buch lesen Sie derzeit?

Markus Feigl: „Der Donnerstagsmordclub“ von Richard Osman. Ein sehr amüsanter und intelligenter Krimi in bester britischer Tradition.

Warum ist Lesen so wichtig?

Abseits von den pragmatischen Gründen des Lesens, wie den Alltag zu bewältigen, am Berufsleben und am gesellschaftlichen Leben teilnehmen zu können, bereichert uns das literarische Lesen. Das Wissen wird erweitert, Empathiefähigkeit gebildet oder ausgebaut, die Persönlichkeit entwickelt sich im Idealfall zum Besseren.

Sie sind umgeben von Büchern. Was leistet der „Büchereiverband Österreich“ BVÖ fürs Lesen?

Gegründet wurde der Verband bereits nach dem Zweiten Weltkrieg zur Unterstützung der Gemeinden und der Pfarren bei der Erhaltung und Führung der Gemeinde- bzw. Pfarrbüchereien. Das machen wir – neben zahlreichen anderen Tätigkeiten – bis heute. Der BVÖ unterstützt u. a. österreichweit Bibliotheken durch Maßnahmen wie die Abwicklung der bundesseitigen Förderung des Medienankaufs, Projekte zur Leseförderung und die Förderung von Veranstaltungen in den Bibliotheken.

Worin liegen die Aufgaben der Büchereien?

Im Vordergrund steht heute, dass man in den Büchereien kreativ sein kann, seine Phantasie ausleben darf, und natürlich kann man sich in der Bibliothek Wissen aneignen. Wichtig ist, dass hier nichts konsumiert werden muss. In der Bibliothek kann man etwa Aufgaben machen, weil zu Hause kein Platz ist. Aber in Büchereien soll es nicht nur ums Lernen gehen, sie sollen kein verlängerter Arm der Schule sein, sondern hier kann man auch Spaß haben und etwas Schönes erleben. 

Sie sprechen von Kindern und Jugendlichen. Stellen diese den Großteil der Besucherinnen und Besucher?

Nein, aber der Fokus hat sich auf Kinder und Jugendliche verlagert. Wir wollen, dass sie ganz selbstverständlich Büchereien besuchen, dass sie keine Schwellenangst haben und dass sie wissen, dass es sich lohnt hinzugehen. Um das zu erreichen gibt es beispielsweise in Wien eine Empfehlung der Bildungsdirektion, dass jede Wiener Volksschulklasse zumindest einmal pro Jahr die nächstgelegene öffentliche Bücherei besuchen sollte. Durch diese Maßnahme wird bei Kindern das Interesse an Büchereien und am Lesen geweckt. In den Büchereien finden Veranstaltungen statt, etwa Autorenlesungen, und die Kinder haben Gelegenheit, mit ihnen zu sprechen. Das kommt sehr gut an.

Die Wiener Büchereien verzeichnen pro Jahr rund 1,6 Mio. Besucherinnen und Besucher und 4,9 Mio. Entlehnungen, österreichweit sind es mehr als 7 Mio. Besuchende und 21 Mio. Entlehnungen. Das analoge Buch ist demnach noch immer sehr gefragt?

Das analoge Buch bleibt das erste Medium zum Lesen. Die elektronischen Bücher konnten die gedruckten Bücher nicht kannibalisieren, die digitalen Bücher haben nie mehr als fünf Prozent erreicht.

Am 23. März ist Vorlesetag, der BVÖ ist Partner. Warum ist Vorlesen so wichtig?

Vorlesen eröffnet den Zugang zum Lesen, die Geschichten regen die Phantasie an. Wenn etwa die Eltern vorlesen, verbinden die Kinder etwas überaus Positives mit dem Vorlesen und generell mit Büchern, denn vorgelesen wird in einer angenehmen, schönen Atmosphäre. Und das nehmen die Kleinen mit ins Leben. Deshalb ist der BVÖ Partner des Vorlesetages, wir bewerben ihn in unseren Büchereien in ganz Österreich.

Am Vorlesetag können und sollen Menschen jedes Alters jeder Altersgruppe vorlesen, deshalb kann jede und jeder eine Vorlesung anmelden, ob im privaten Bereich oder im öffentlichen, etwa in einem Altersheim oder in einem Kindergarten. Alles ist möglich.

Wem lesen Sie am Vorlesetag vor?

Meinem kleinen Sohn und seinen Schulfreunden aus dem Buch „Die Kuh, die vom Himmel fiel“ aus der Reihe „Geschichten aus Bad Dreckskaff“ von Philip Ardagh. Sehr lustige und sehr schräge Kindergeschichten. 

Welche Bücher haben Ihr Leben bestimmt?

Als Kind haben die Karl-May-Bücher für mich eine große Rolle gespielt. Da habe ich auch die Aus-dauer entwickelt, dicke Bücher zu lesen. Später, mit etwa 17 Jahren, habe ich dann die Welt des französischen Romanciers Raymond Queneau für mich entdeckt. Den größten Einfluss auf meine Lesevorlieben und durchaus auch auf meine Weltsicht hatte aber das von Humanismus und auch von Humor und Melancholie geprägte Werk des schwedischen Schriftstellers und Philosophen Lars Gustafsson. 

Was sind für Sie die fünf wichtigsten Bücher der Weltliteratur, die man unbedingt lesen sollte?

Die Romanpentalogie „Risse in der Mauer“ von Lars Gustafsson, die sehr atmosphärisch, sehr poetisch und auch heiter vom Lebensgefühl in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts erzählt.

Der Schelmenroman „Der abenteuerliche Simplicissimus“, das Hauptwerk von Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen, das wichtigste Prosawerk des Barock in deutscher Sprache.

„Don Quijote“ von Miguel de Cervantes, der erste große Roman der Neuzeit und neben der Bibel das meistübersetzte Buch der Weltliteratur.

„Das Leben. Gebrauchsanweisung“ von Georges Perec – eines meiner absoluten Lieblingsbücher über das Leben in einem Pariser Mietshaus, ein kunstvolles Puzzle der menschlichen Existenz

„Die Dämonen“ von Heimito von Doderer – meines Erachtens der großartigste Roman der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Ein Buch, das Sie immer wieder lesen?

Eines der schönsten Bücher, das ich immer wieder lese und erst jüngst wieder zur Hand genommen habe, ist „So tun, als ob es regnet“ von der deutschen Autorin Iris Wolff. Über vier Generationen des 20. Jahrhunderts und vier Ländergrenzen hinweg wird erzählt, wie historische Ereignisse die Lebenswege von Einzelnen prägen – mit unglaublichem Sprachgefühl und poetischem Charme. 


vorlesetag.eu

Im Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek werden bis 5. November 2023 Manuskripte, Typoskripte, Bücher und Objekte aus dem Nachlass von Ingeborg Bachmann präsentiert.

Eine Hommage an Ingeborg Bachmann im Literaturmuseum

Bild: ©Heinz Bachmann/Familienarchiv Bachmann

Im Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek werden bis 5. November 2023 Manuskripte, Typoskripte, Bücher und Objekte aus dem Nachlass der Autorin präsentiert. Zu sehen sind Originalbriefe aus Bachmanns Briefwechseln mit Paul Celan, Max Frisch oder Ilse Aichinger ebenso wie Gedichtentwürfe und autobiografische Aufzeichnungen.

Die Ausstellung

Ingeborg Bachmann (1926–1973) zählt zu den bedeutendsten SchriftstellerInnen des 20. Jahrhunderts. Mit ihren Gedichten, Erzählungen, Romanprojekten, Hörspielen und Essays schuf sie ein einzigartiges, vielschichtiges Werk von ungebrochener Strahlkraft. Die neue Sonderausstellung im Literaturmuseum der Österreichischen Nationalbibliothek versteht sich als Hommage an die Dichterin, deren Todestag sich am 17. Oktober 2023 zum 50. Mal jährt.

Präsentiert werden von 17. November 2022 bis 5. November 2023, Manuskripte, Typoskripte, Bücher und Objekte aus dem umfangreichen Nachlass der Autorin, der sich im Bestand der Österreichischen Nationalbibliothek befindet. Zu sehen sind erstmals eine Reihe von Originaldokumenten wie zum Beispiel Briefe aus Bachmanns Briefwechseln mit Paul Celan, Max Frisch oder Ilse Aichinger ebenso wie Gedichtentwürfe und autobiografische Aufzeichnungen. Die Schau dokumentiert in zehn Themenkapiteln Bachmanns Auseinandersetzung mit Krieg, Krankheit, Beziehungs- und Geschlechterverhältnissen. Sie beleuchtet das leidenschaftliche Interesse der Autorin für Musik und Philosophie, führt an zentrale Orte ihrer Schreibbiografie und gibt Einblick in die Entstehungsgeschichten von Texten und in die Schreibpraxis der Dichterin

Anhand von Filmausschnitten, Fotografien und Tonaufnahmen wird außerdem jene geheimnisvolle Aura ihrer Person nachvollziehbar, die Bachmann früh zu einer Ikone der Nachkriegsliteratur werden ließ.

Die Aktualität und anhaltende Wirkung von Bachmanns Texten belegen Arbeiten und Statements zeitgenössischer AutorInnen, FilmemacherInnen und KünstlerInnen: In der Ausstellung vertreten sind etwa Ruth Beckermann, Michael Haneke, Alexander Kluge, Karoline Riha oder Sabine Gruber. Diese haben sich auf ganz unterschiedliche Weise mit Bachmann auseinandergesetzt, etwa in Form von Keramiken der österreichischen Künstlerin Veronika Dirnhofer, Malereien von Anselm Kiefer, die Bachmann gewidmet sind oder durch den „Ingeborg Bachmann Altar“, den der Schweizer Künstler Thomas Hirschhorn in Berlin im öffentlichen Raum gestaltete.


www.onb.ac.at

Gegossen für die Ewigkeit – Die kostbaren Bronzen der Fürsten von Liechtenstein sind jetzt bei freiem Eintritt zu sehen. Ein Interview mit Direktor Johann Kräftner.

Gegossen für die Ewigkeit – Ein Interview mit Direktor Johann Kräftner

Die kostbaren Bronzen der Fürsten von Liechtenstein sind jetzt bei freiem Eintritt zu sehen. – ©Sandra Olak

Unter dem Titel „März im Palais“ lockte schon im Vorjahr die Sonderausstellung „Treuer Fürst – Joseph Wenzel und seine Kunst“ trotz Corona mehr als 25.000 Menschen in einem Monat in das Palais Liechtenstein. Nicht zuletzt eine gute Gelegenheit, das Barockpalais am Alsergrund zu besuchen – denn es ist sonst nur innerhalb angemeldeter Führungen offen. Heuer wird bis 31. März – wieder bei freiem Eintritt und natürlich ganz ohne Corona-Einschränkungen – die Schau „Gegossen für die Ewigkeit. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein“ gezeigt.

Kuratiert hat sie der Direktor der Liechtenstein Collections Johann Kräftner, der sich mit dieser Ausstellung nach mehr als 20 Jahren als Chef des Hauses in die wohlverdiente Pension verabschiedet. Der 1951 in St. Pölten geborene Kräftner ist ausgebildeter Architekt und arbeitete an der TU Wien als Leiter des Instituts für künstlerische Gestaltung. 2004 wurde er Direktor des Liechtenstein Museums in Wien sowie der Fürstlichen Sammlungen Vaduz.

wienlive: Wie sind die Liechtenstein Collections aufgestellt?

Johann Kräftner: Der Sitz der Sammlungen befindet sich immer dort, wo der Fürst ist – also in Vaduz, allerdings wird die Sammlung aus praktischen Gründen von Wien aus geleitet. An beiden Standorten befinden sich große Depots – es gab Zeiten, als in drei Städten Ausstellungen von uns gezeigt wurden. Trotzdem haben wir immer genügend Ersatz für ausgeliehene Kunstwerke im Haus.

Sind Sie oft in Vaduz?

Früher war ich schon oft dort, fast jede zweite Woche, aber durch die Pandemie haben sich die Kommunikationsmöglichkeiten verbessert – man kann viel aus der Ferne machen. Wir haben das bei unserer großen Ausstellung in Hongkong gesehen, deren Erarbeitung noch vor der Pandemie begonnen worden war. Dann waren Flüge nach Hongkong schwierig bis unmöglich und ich bin erst dort gewesen, als die Ausstellung aufgebaut wurde. Es hat alles zwei Jahre lang virtuell wunderbar funktioniert und es war bewegend, unsere Ansprechpartner zum ersten Mal vor Ort zu sehen.

Sehen Sie sich eher als Manager oder als Ausstellungsmacher, Wissenschaftler, Kunstvermittler und Künstler?

Ich mache alles, was gerade notwendig ist. Wir haben hier keine große Mannschaft, sondern sind ein kleines Team. Ich bin natürlich für die Inhalte der Sammlung und die Ausstellungen verantwortlich, aber auch für alle Neuerwerbungen. Wir geben hier viel Geld aus und das ist eine Riesenverantwortung. Auch in der Bronzen-Ausstellung zeigen wir viele Neuerwerbungen. Es ist also von allem etwas.

In der Sammlung sind ja nur historische Bronzen, oft Abgüsse von Steinskulpturen – warum wurden die damals angefertigt?

Reiche Fürsten hatten in der Renaissancezeit Palais und die mussten sie natürlich ausstatten. Die Liechtensteins besaßen etwa auch Palais in Südmähren und Tschechien – auch im Palais in der Bankgasse in Wien gab es schon eine Galerie mit Bronzen. Wir zeigen in der Ausstellung auch die Hängepläne von damals.

Was für Themen gibt es in der aktuellen Ausstellung?

Ein wichtiges Thema ist die Reiterskulptur. Das ist ja etwas, das auch in Wien allgegenwärtig ist. Auf fast jedem historischen Platz steht eine Reiterstatue – etwa auf dem Heldenplatz, dem Josefsplatz oder auf der Albertina-Rampe. Die Modelle, die in der Antike im Florenz der Renaissance davor in Kleinbronzen entwickelt wurden und in der Sammlung sind, hatten Nachwirkungen in Wien. In diesen Skulpturen spürt man auch die große Sehnsucht nach der Antike.

Denn das Modell, das all diesen Reiterskulpturen zugrunde liegt, ist jene des Marc Aurel in Rom. Wir haben die Kopie, die von Antico um 1500 gegossen wurde. Eine vergoldete Büste des Marc Aurel von Antico habe ich mit dem Hinweis, dass Marc Aurel in Wien gestorben ist und somit mit dieser Stadt verbunden war, kürzlich erwerben können – obwohl sie schon der Getty-Sammlung versprochen war. Unsere Sammlung ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten sehr schön gewachsen. Um die Ausstellung zu komplettieren haben wir aber auch einige Leihgaben, etwa aus dem Kunsthistorischen Museum – obwohl die selbst ein großes Jubiläum feiern.

Sie gehen tatsächlich gleich nach der Ausstellung im April in Pension?

Ja, ich werde demnächst 72 und bin eigentlich seit 2002 im Haus. Irgendwann muss es genug sein und es wurde auch schon ein Nachfolger – Stephan Koja aus den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – bestimmt.

Sie werden aber sicher in irgendeiner Form weiterarbeiten, oder?

Ich arbeite an einem Buch über ostasiatische Gärten. Da habe ich noch zwei, drei Monate Knochenarbeit vor mir. Und ich interessiere mich für begrünte Fassaden. Die werden bei uns oft mit Hochtechnologie angelegt, die leider sehr anfällig ist – das kann nicht die Zukunft sein. Ich habe ein halbes Leben lang weltweit Beispiele für natürliche Begrünungen gesammelt. In Florenz gibt es etwa einen 25 Meter hohen Turm, der von oben bis unten begrünt ist. Hier liegt die Zukunft.


Infos: liechtensteincollections.at

Yasmina Reza ist eine der wenigen Autorinnen, die Stücke schreiben, die für Theaterhits gut sind. „Kunst“, „Drei Mal Leben“ oder „Der Gott des Gemetzels“ sind längst Dauerbrenner auf den Bühnen.

Yasmin Rezas „Serge“ Akademietheater

Bild: ©Matthias Horn

Yasmina Reza ist eine der wenigen Autorinnen, die Stücke schreiben, die für Theaterhits gut sind. „Kunst“, „Drei Mal Leben“ oder „Der Gott des Gemetzels“ – letzteres wurde sogar von Roman Polanski erfolgreich verfilmt – sind längst Dauerbrenner auf den Bühnen. Im Akademietheater spielt man jetzt allerdings ihren im Vorjahr erschienenen Roman „Serge“ in einer von Lily Sykes und Andreas Karlaganis hergestellten Bühnenfassung. Und so darf man sich auch nicht wundern, wenn der von Michael Maertens gespielte Jude Jean gleich zu Beginn spricht, obwohl er allein auf der Bühne ist.

Er ist der Erzähler der Geschichte über sich und seinem Bruder Serge (Roland Koch) und seiner Schwester Nana (Alexandra Henkel). Serges Tochter Joséphine (Lilith Häßle) will nach dem Tod ihrer Großmutter nach Auschwitz fahren, denn alle sind ja Nachkommen von Überlebenden der Shoah. Der nicht unproblematische Trip gerät natürlich zur Familienaufstellung. Im Fokus steht – wie im Titel ja schon angedeutet – Serge, dem gerade seine Frau – längst müde von seinen Seitensprüngen – abhandengekommen ist. Er ist der dominantere der beiden Brüder, Jean ist die Duldernatur – er ist emotional nur an den halbwüchsigen Sohn seiner Freundin gebunden. Auch er hat natürlich eine gescheiterte Ehe hinter sich.

In den knapp zweistündigen Abend gibt es viel Emotion zu erleben, eingebettet in jüdischem Humor reiben sich die Figuren aneinander oder schwelgen in Kindheitserinnerungen. Das ergibt in der Regie von Lily Sykes und vor allem durch die Kunst der eingesetzten Schauspielerinnen und Schauspieler – Martin Schwab gibt einen sterbenden Onkel – einen interessanten, kurzweiligen Theaterabend. Wirklich viel haften bleibt aber nicht. Yasmina Reza hat für diesen Stoff sicher nicht zufällig die Romanform gewählt, denn in einem Buch lassen sich einfach besser Stimmungen und Befindlichkeiten unterbringen.

Info: burgtheater.at

Die Berge stellen sozusagen den Battleground der österreichischen Identität dar. Nicht zufällig beginnt ja auch unsere Bundeshymne mit „Land der Berge…“. Und mit Sesselliftbetreibern und Schiverband-Chefs legt man sich besser nicht an, will man hierzulande politisch überleben, –  wie die Pandemie wieder eindrucksvoll gezeigt hat.

Was tun mit den Bergen? – Elfriede Jelineks „In den Alpen“ & Fiston Mwanza Mujilas „Après les Alpes“ im Volkstheater

Bild: ©Marcel Urlaub

Die Berge stellen sozusagen den Battleground der österreichischen Identität dar. Nicht zufällig beginnt ja auch unsere Bundeshymne mit „Land der Berge…“. Und mit Sesselliftbetreibern und Schiverband-Chefs legt man sich besser nicht an, will man hierzulande politisch überleben, –  wie die Pandemie wieder eindrucksvoll gezeigt hat. Als im Jahr 2000 155 Menschen in einer Gletscherbahn in Kaprun hilflos verbrannten, war nachher niemand schuld – es gab nur Freisprüche. Elfriede Jelinek verarbeitete die Katastrophe in ihrem 2002 uraufgeführten Stück „In den Alpen“. Das Volkstheater spielt dieses jetzt mit Fiston Mwanza Mujilas „Après les Alpes“ – einem Auftragswerk des Theaters – an einem Abend. Claudia Bossard hat die beiden schwer zu fassenden Stücke inszeniert.

Jelinek lässt dabei die Toten auftreten und Klage führen. Das Grauen wird mittels eines Kindes und eines Schilehrers ausgebreitet. Hinter einer Glaswand schwebt ein um sich selbst kreisenden riesiger Meteor – eine täuschend echte Projektion. Natürlich steht der Massentourismus am Pranger und die „gute“ österreichische Tradition der Leugnung von Verantwortung. Schuld hatte nur ein kleiner Heizstrahler, der laut Bedienungsanleitung gar nicht hätte eingebaut werden dürfen.

Fast nahtlos geht Jelineks Stück dann in die Uraufführung von Fiston Mwanza Mujilas „Après les Alpes“ über – es gibt keine Pause, lediglich die Bühnenarbeiter tragen immer mehr Teile der Kulisse weg. Fiston Mwanza Mujila ist gebürtiger Kongolese, lebt und arbeitet aber schon seit 2009 in Graz. Im Zentrum seines Textes steht die Umwandlung der Alpen in ein Bergbaugebiet – denn der Tourismus ist aufgrund des Schneemangels schon längst perdu. Warum sollen nur im „globalen Süden“ Kinder im Bergwerk schuften? Julia Franz Richter spielt in barocker Robe die exaltierte Frau Gartner mit ihren kruden Nachnutzungsphantasien. Daneben agieren Anna Rieser, Uwe Rohbeck, Christoph Schüchner und Stefan Suske engagiert spielend auf der Bühne. Nick Romeo Reimann setzt eine eindrucksvolle Schlusspointe, indem er aus großer Höhe immer wieder von einer Flugzeugtreppe auf dicke Matten springt.

Ob dieser nicht leicht konsumierbare Abend Publikum anlocken kann, wird sich zeigen.


Infos & Karten: volkstheater.at

Die Proklamation des Staates Israel am 14. Mai 1948 durch David Ben-Gurion gilt als Gründung Israels. Das Jüdische Museum Wien dokumentiert jetzt in einer Schau dieses historische Ereignis und wünscht Israel damit Alles Gute zum 75-jährigen Jubiläum.

Happy Birthday Israel! – Eine Ausstellung im Jüdischen Museum Wien

Bild: ©JMW

Die Proklamation des Staates Israel am 14. Mai 1948 durch David Ben-Gurion gilt als Gründung Israels. Das Jüdische Museum Wien dokumentiert jetzt in einer Schau dieses historische Ereignis und wünscht Israel damit Alles Gute zum 75-jährigen Jubiläum.

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs stellte sich für die Überlebenden der Schoa die Frage nach dem Wohin. Eine Rückkehr in ihre zumeist osteuropäischen Herkunftsländer war für sie ausgeschlossen. Rund 300.000 „Displaced Persons“ (DPs) wurden in Österreich zunächst in Camps in der amerikanischen Besatzungszone untergebracht. Für die meisten war das Ziel die Emigration nach Palästina oder in die USA.
 
Da die Einreise in das britische Mandatsgebiet Palästina nicht legal möglich war, gewannen zionistische Gruppen und Verbände in den DP-Camps an Einfluss, die die Errichtung eines jüdischen Staates forderten. Ihre Referenzfigur war der Wiener Theodor Herzl (1860 – 1904), der unter dem Eindruck des Antisemitismus 1896 in Wien das Buch „Der Judenstaat“ veröffentlicht und damit den politischen Zionismus begründet hatte.
 
Die Kabinettausstellung im Jüdischen Museum zeigt Fotos aus den DP-Camps vor und unmittelbar nach der Staatsgründung Israel und damit einen kleinen Ausschnitt einer langen Beziehungsgeschichte.


„Happy Birthday Israel“
Museum Dorotheergasse
22.02.2023 – 02.07.2023

Mehr Menschen für das (Vor-)Lesen begeistern möchte der Österreichische Vorlesetag, der seit 2018 vom echo medienhaus durchgeführt wird.

Wer liest, lebt länger! Der Vorlesetag am 23. März – ein Zeichen gegen Analphabetismus

Bild: ©Elisabeth Lechner

Mehr Menschen für das (Vor-)Lesen begeistern möchte der Österreichische Vorlesetag, der seit 2018 vom echo medienhaus durchgeführt wird. Heuer findet das Event am 23. März statt. Mitmachen kann und soll jeder/jede. Auch Schulen und Unternehmen können teilnehmen! Die Lesungen können einfach auf vorlesetag.eu registriert werden.

Wichtig: Bei einer öffentlichen Vorlesung (analog oder digital) muss unbedingt ein lizenzfreier Text verwendet werden! Und natürlich gibt es auch heuer für alle, die sich anmelden und vorlesen, das Vorlesebuch mit vielen Geschichten gratis mit der Post zugestellt.

Der ÖSTERREICHISCHE VORLESETAG ist eine Initiative, die das Lesen wieder ins Zentrum des allgemeinen Interesses rücken will. Lesen ist der Grundbaustein unserer Kultur. Leider zeigt sich, dass manche in der Generation „Digital Natives“ Schwierigkeiten haben, sinnergreifend zu lesen.

Gut lesen zu können, ermöglicht den Kindern einen besseren Zugang zur Bildung und damit zu einem besseren Leben. Und Vorlesen ist der erste Schritt dazu. Kinder lernen durch Nachahmung. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Kinder, denen regelmäßig 15 Minuten pro Tag vorgelesen wird, eher leidenschaftliche Leserinnen und Leser werden. Und damit mündige Bürger, die Fake-News von Information unterscheiden können.

Aber nicht nur Kinder freuen sich über anregende Vorlesegeschichten. Wenn im Alter die eigene Sehkraft schwindet, sind Seniorinnen und Senioren dankbare Zuhörerinnen und Zuhörer. Vorgelesen zu bekommen, vermittelt ihnen das Gefühl der Aufmerksamkeit und Wärme in einem Lebensabschnitt, wo das soziale Miteinander immer mehr verloren geht.

Apropos Alter – ein in Expertenteam der Yale University wertete im Rahmen einer Studie über Alterungsprozesse die Daten von mehr als 3.600 Teilnehmern über einen Zeitraum von zwölf Jahren aus. Die Ergebnisse waren eindeutig: Wer liest, lebt länger! Die Lebenserwartung der Probanden, die wöchentlich bis zu dreieinhalb Stunden lasen, war 17 Prozent höher als die Lebenserwartung der Nichtleser. Bei den Viellesern, die pro Woche mehr als dreieinhalb Stunden lesen, lag die Lebenserwartung sogar 23 Prozent höher.

Alle Vorlesungen sollten auf der Website www.vorlesetag.eu angemeldet werden. Jede angemeldete Vorleserin/jeder angemeldete Vorleser erhält das jährlich neu gestaltete Vorlesebuch kostenfrei zugestellt. In diesem Buch finden sich Kurzgeschichten für Kinder, junge Erwachsene und klassische Lektüre.