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Wandern in der Hochsteiermark

Foto: ©Andreas Steininger

In seinem neuen Buch beleuchtet Andreas Steininger eine malerische Region, von der einst schon Peter Rosegger schwärmte.

Die Hochsteiermark, eine wunderschöne Region im Nordosten der Steiermark, umfasst die vielfältige Bergwelt von Roseggers Waldheimat, dem Mariazeller Land, vom Hochschwab, dem Naturpark Mürzer Oberland und den sanften Fischbacher Alpen. Sie umfasst aber auch die Kornmesserstadt Bruck an der Mur, mit Mariazell den wichtigsten Wallfahrtsort Mitteleuropas oder mit dem Neuberger Münster im Naturpark Mürzer Oberland einen der bedeutendsten Sakralbauten Österreichs.

Mit seinem Buch „Wandern in der Hochsteiermark. Auf der BergZeitReise unterwegs in den Wiener Hausbergen“ macht Bergretter, Skiführer, Wanderexperte und Geschäftsführer des Naturparks Mürzer Oberland Andreas Steininger Lust darauf, in dieser vielfältigen Region auf Entdeckungsreise zu gehen. Steininger führt uns in eine alpine Region mit reicher kulturhistorischer Vergangenheit vor den Toren Wiens. In eine Region, in der Hochtechnologie ebenso beheimatet ist wie einsame Bergerlebnisse auf Hochschwab, Rax und Schneealm. Mit Tipps für Tagestouren und mit Wandervorschlägen ist dieses Buch auch ein praktischer Ratgeber für wunderschöne Erlebnisse in der Hochsteiermark, einer Gegend, von der schon Peter Rosegger, der „Waldbauernbub“ aus dem Mürztal, schwärmte.


hochsteiermark.info

hochsteiermark.at

In seinem neuen Buch beleuchtet Andreas Steininger eine malerische Region, von der einst schon Peter Rosegger schwärmte.

160 Seiten
€ 19,90
Kral-Verlag
ISBN 978-3-99103-198-7

Zwischen USA und Irland – Colm Tóibíns Roman „Long Island“, die Fortsetzung seines Erfolgs „Brooklyn“

Der Ire Colm Tóibín ist einer der besten europäischen Erzähler. Mit „Brooklyn“ – 2010 auf Deutsch erschienen – gelang ihm ein Aussiedlerroman, der zeigte, dass selbst für Menschen, die dieselbe Sprache sprechen und aus demselben Kulturkreis kommen, Migration alles andere als leicht ist. „Brooklyn“ wurde 2016 auch erfolgreich verfilmt. Jetzt erschien – gut 15 Jahre später – eine Fortsetzung mit dem gleichen Personal. Thema ist wieder die kulturelle Differenz verschiedener Kulturkreise und die Unfähigkeiten der Menschen zur Kommunikation. Über weite Strecken bestimmt das Ungesagte die Handlung.

Der Roman beginnt mit einem Paukenschlag. Eines Tages taucht bei der in Long Island mit ihrem Mann Tony und den zwei halbwüchsigen Kindern lebenden Eilis ein Mann auf, der ihr erklärt, er werde das Kind, das Tony mit seiner Frau gezeugt hatte, nach der Geburt vor ihre Haustüre legen. Eilis ist entsetzt – den Seitensprung hätte sie ihm wahrscheinlich verziehen, aber ein anderes Kind will sie unter keinen Umständen aufziehen. Tonys italienische Familie sieht das anders, seine Mutter erklärt sich bereit, das Kind zu sich zu nehmen. Doch man wohnt in der Siedlung Haus an Haus, Eilis würde das Ergebnis von Tonys Seitensprung täglich sehen müssen. Sie flüchtet geradezu zu ihrer Mutter, die in Kürze ihren 80. Geburtstag feiern wird – in Enniscorthy, im Westen Irlands. Eilis hatte ihre Heimat vor 20 Jahren das letzte Mal besucht, als sie schon heimlich mit Tony verheiratet war und eine Liebschaft mit dem Pubbesitzer Jim eingegangen war. Ihr Schwanken zwischen Jim und Tony machte die Spannung von „Brooklyn“ aus. Und natürlich trifft Eilis jetzt wieder auf Jim, der sich gerade mit Eilis‘ Freundin Nancy verloben will. Wieder bleibt bis zum Ende offen, wie die Liebesgeschichten ausgehen, wenn man so will, lässt Tóibín sogar noch Raum für einen dritten Roman.

In der Nacherzählung klingt das natürlich wie der Inhalt eines Groschenhefts. Doch Colm Tóibín ist eben ein großartiger Erzähler, der das Unvermögen seiner Protagonisten, sich verständlich zu erklären, genau beobachtet. Er braucht dazu auch keine großen sprachlichen Kunststücke – die Einfachheit seines Stils entspricht perfekt dem Gehalt seiner Geschichte. Der Roman wird abwechselnd von Eilis, Nancy und Jim erzählt, wir sind ganz nahe bei ihnen und verstehen komplett ihre Dilemmata. Mit Zeitangaben ist der Autor sparsam, wir sind in der 2. Hälfte des 20. Jahrhundert, Eilis Kritik daran, dass amerikanische Jungs in Vietnam sterben müssen, hat einen Verweis aus Tonys Großfamilie zur Folge und verweist uns in die 70er-Jahre. Ein Roman für Menschen, die sonst keine Liebesromane lesen.


Colm Tóibín: Long Island
Aus dem Englischen von Giovanni und Ditte Bandini
Hanser Verlag
316 Seiten
€ 27,50

Zwischen Berlin und Nicaragua – Jörg Magenaus 80er-Jahre-Roman „Liebe und Revolution“

An der Uni in Berlin wird noch fleißig Karl Marx diskutiert und in einem Lesekreis treffen einander Studenten, um gemeinsam Peter Weiss‘ „Ästhetik des Widerstands“ zu lesen und zu deuten. Wir sind im linken Milieu von Westberlin.

Jörg Magenau, den man auch als Redakteur des deutschen Feuilletons kennt, führt in seinem ersten Roman „Liebe und Revolution“ zwei Erzählstränge zusammen. In dem einen fällt gerade die Berliner Mauer und Tausende „Ossis“ feiern ihre erste Nacht im Westen. Im anderen ist der Protagonist Paul – im Rückblick – gerade in Nicaragua, um den Sandinisten im Kampf gegen die von den USA unterstützen Contras zu helfen. Er trifft sogar den regierenden Revolutionär Daniel Ortega. Paul ist aber nicht bei der kämpfenden Truppe –  seine Aufgabe ist es, mit einfachsten Mitteln ein Fabriksgebäude für die Näherinnen eines Dorfes zu bauen. Paul ist kein richtig Überzeugter, er wirkt eher wie ein Getriebener des Zeitgeistes, was sich auch in seinem Liebesleben widerspiegelt. In Berlin war er mit Beate zusammen, die er beim historischen Mauerfall zufällig wieder trifft. In Nicaragua schwärmte er für die unnahbare Sigrid, die er freilich bei einem gefährlichen Überfall in Stich lässt – sie wird verschleppt. Zurück in Berlin arbeitet er bei einer Nachrichtenagentur, während Beate schon einen Job im Feuilleton hat.

Magenau gelingt es überzeugend, die jeweiligen Stimmungen und Milieus in den zwei Ländern einzufangen, der nachdenkliche Paul wird zwar von ihm nicht in Schutz genommen, er bringt aber doch Verständnis für seine Schwächen auf. Der Roman ist sehr gut lesbar – die Engführung der zwei Erzählstränge funktioniert perfekt.


Jörg Magenau, den man auch als Redakteur des deutschen Feuilletons kennt, führt in seinem ersten Roman „Liebe und Revolution“ zwei Erzählstränge zusammen.

Jörg Magenau: Liebe und Revolution
Klett-Cotta, 304 Seiten, € 24,80

Rund um die Burg – Großer Andrang beim Buchfestival

Nino aus Wien las aus seinem neuen Buch „Kochbuch Take 16“. – ©Stefan Burghart

Am 10. & 11. Mai kamen an drei ausgewählten Orten in Wien Literaturfans zusammen um Lesungen und Gesprächen über Literatur zu lauschen.

Alle drei Locations trugen ihren Teil zur guten Stimmung beim Festival „Rund um die Burg“ bei. Im randvollen Vestibül des Burgtheaters konnte Bühnenluft geschnuppert werden, das Stelldichein Meierei im Volksgarten verströmte Gartenflair im Freien und das Restaurant Vestibül brachte am Samstag Kaffeehausatmosphäre ein. Baruch Pomper von der Buchhandlung „analog“ sorgte zudem überall für ein „erlesenes“ Erlebnis.

Das höchst interessierte Publikum erlebte aber nicht nur Lesungen, denn die Autorinnen und Autoren beantworteten jeweils zu Beginn auch die Fragen von Ani Gülgün-Mayr (ORF 3) und Festival-Programmmacher Helmut Schneider.

Literarische Autorinnen und Autoren machten zwar das Gros der Auftritte aus, diskutiert wurde aber auch über die Neue Oper, die Wirtschaft nach Corona und dem Angriff Russlands auf die Ukraine oder die propagandistische Kulturpolitik von Dollfuß und Schuschnigg.

Rund um die Burg dankt seinen Unterstützern Stadt Wien und dem Bundesministerium Kunst & Kultur.


rundumdieburg.at

Drei Schwestern in Linz – Caro Reichls Debütroman „Was glänzt, verschwindet mit uns“

Die in Wien lebende Linzerin Caro Reichl beschreibt in ihrem Erstlingsroman „Was glänzt, verschwindet mit uns“ drei Schwestern und ihre komplizierte Verbindung zueinander.

Die erzählende Protagonistin Nola ist die jüngste, die selbstbewusste Katrin die älteste Schwester. Der Roman setzt ein, als die Mittlere, Ida, im Sterben liegt, womit Nola – obwohl als Psychotherapeutin arbeitend – überhaupt nicht umgehen kann. Just in der Sterbenacht hat sie einen One-Night-Stand, nachdem sie sich zuvor liebevoll um ihre Schwester gekümmert und sogar Idas Kater bei sich aufgenommen hat. Da kommt auch noch ausgerechnet ihre heimliche Jugendliebe zu ihr in Therapie, doch Herr Pechmann kann sich offensichtlich überhaupt nicht mehr an seine ehemalige Schulgefährtin erinnern. Ihre enge Verbindung zu Ida hatte sich in einem Phönix manifestiert, die sie sich ebenso wie ihre Schwester tätowieren ließ. In wirren Tagträumen bewegt sie sich wie der mystische Vogel durch die Lüfte. Vom Phönix wird ja berichtet, dass er sich aus der eigenen Asche wieder erheben kann. Wir dürfen also für Ida hoffen.

Dabei verliert Nola nach und nach den Boden unter ihren Füßen. Sie gefährdet ihre ziemlich lieblose Beziehung zu ihren in Salzburg arbeitenden Freund, indem sie in dessen Wohnung Idas Hinterlassenschaft lagert. Sie schwärmt weiterhin für Herrn Pechmann und mischt sich sogar gegen ihr Berufsethos in dessen Leben ein. Schließlich verschlampt sie Termine. Nicht einmal mit dem Kater kann sie eine Beziehung aufbauen. Als dieser auch noch stirbt, hat sie einen völligen Zusammenbruch.

Caro Reichl schafft es, uns trotz dieser trüben Geschichte als Leser bei der Stange zu halten. Ihre Hauptperson gewinnt mit den Seiten immer mehr Kontur und stellt sich dann ziemlich überraschend als höchst manipulativ heraus. Ein vielversprechender Erstling.


2 Tage Literatur und Diskussion – das Programm von „Rund um die Burg“

Nächste Woche können im Vestibül im Burgtheater, im Stelldichein Meierei im Vestibül und im Restaurant Vestibül bei freiem Eintritt Lesungen und Diskussionen mit aktuellen Autorinnen und Autoren besucht werden. Alle Infos auf www.rundumdieburg.at. Hier das Programm:

FREITAG, 10. MAI

VESTIBÜL BURGTHEATER 

16:00ERÖFFNUNG
16:15NINO AUS WIEN
Kochbuch Take 16
17:00JULIA JOST
Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht
17:30BARBARA RIEGER
Eskalationsstufen
18:00VALERIE FRITSCH
Zitronen
18:30DIRK STERMANN
Mir geht’s gut, wenn nicht heute, dann morgen

STELLDICHEIN – MEIEREI IM VOLKSGARTEN (BEI EXTREMWETTER IM CAFÉ FRAUENHUBER)

19:00BARBI MARKOVIĆ
Minihorror
19:30GABRIELE KÖGL
Brief vom Vater
20:00POESIEGALERIE MIT FRANZ JOSEF CZERNIN & KIRSTIN BREITENFELLNER
20:30RENATE WELSH
Ich ohne Worte
21:00REINHARD GÖWEIL
Angebot sucht Nachfrage 2.0
21:30JULYA RABINOVICH
Der Geruch von Ruß und Rosen

SAMSTAG, 11. MAI

RESTAURANT VESTIBÜL IM BURGTHEATER

10:00WALTER KOBÉRA / PETER-SYLVESTER LEHNER
Begegnungen – Eine Lustfahrt durch neue Opernwelten
10:30ALFRED PFOSER
Maskeraden – Eine Kulturgeschichte des Austrofaschismus
11:00OTTO BRUSATTI & MAX GRUBER
Für K.
12:00POESIEGALERIE MIT ISABELLA KRAINER & NIKOLAUS SCHEIBNER
12:30MICHAEL SCHMID
Wiener Plätze
13:00HANNAH OPPOLZER
Verpasst

Moderatorin: Ani Gülgün-Mayr
Abwechselnd mit Helmut Schneider

30 Jahre Neue Oper Wien – Intendant Walter Kobéra ist auch Gast bei „Rund um die Burg“

„Begegnungen – Eine Lustfahrt durch neue Opernwelten“ heißt das prächtige Buch, das zum Jubiläum erschienen ist – ein Band mit zahlreichen Fotos aus 30 Jahren.

Die Neue Oper Wien war von Beginn an auf modernes Musiktheater spezialisiert und hat damit dem Mangel an zeitgenössischer Oper abgeholfen, der zu Beginn der 1990er Jahre in Wien und Österreich (und noch immer) herrschte. Ausschließlich Werke des 20. und 21. Jahrhunderts stehen seit 1994 auf dem Spielplan. Hauptsächlich Uraufführungen und österreichische Erstaufführungen. Ohne eigene Spielstätte und fixes Ensemble ist ihr Credo nicht nur die Erschließung neuer Klangwelten, sondern auch neuer Räume und Spielstätten. Mit dem Konzept, sich die Häuser nach den Opern auszusuchen, werden die Räume zu Mitspielern, die Bühnenbilder werden eng an die jeweiligen Räume angepasst, die Akustik wird im neuen Raum erprobt und entwickelt. Werk, Ausführende, Raum und Zuschauer verschmelzen in diesem Spannungsfeld zu einer Einheit. Das Theater findet zu einer neuen Sprache und die Musik gewinnt an emotionaler Dichte. Im Wechselspiel mit Regie, Ausstattung und Musikalischer Leitung werden Räume immer wieder neu definiert und anders bespielt. Spielstätten wie das Odeon, das Semper-Depot, die Bank Austria Halle im Gasometer, die Remise, das Jugendstiltheater oder die Alte Werft in Korneuburg wurden von der Neuen Oper Wien für das Musiktheater erschlossen. Das Buch will auch beweisen, dass „moderne Oper“ und innovative Inszenierungen kein „Schreckgespenst“ für Musikliebhaber bedeuten, sondern zur intensiven Diskussion anregen. Musiktheater als Ort der inhaltlichen und gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung!

11. 5. 25
10.00 Uhr
Restaurant Vestibül im Burgtheater
Begegnung mit Walter Kobéra und Diskussion über 30 Jahre Neue Oper Wien

Angebot sucht Nachfrage – Ein Wegweiser durch die Welt der Wirtschaft bei Rund um die Burg

„Wirtschaft war nie so wichtig wie jetzt, trifft uns alle – und wird doch als schwierig empfunden.“ schreibt Reinhard Göweil in seinem neuen Buch „Angebot sucht Nachfrage 2.0. Und tatsächlich wird ihm in Zeiten von Inflation, einem Krieg vor der Haustür und einem nach der Pandemie noch immer stotternden Wirtschaftsmotor niemand widersprechen können. Göweil war jahrelang Wirtschaftsredakteur in diversen Medien und zuletzt Chefredakteur der „Wiener Zeitung“, aktuell gibt er die finanznachrichten.at heraus.

Grundsätzlich ist es ja mit der Wirtschaft genauso wie mit der Politik – auch Menschen, die verkünden, sie interessieren sich nicht für Politik, sind von den Auswirkungen politischen Handelns direkt betroffen. Zumal es heute ordentlich „knirscht im Gebäck“, wie Göweil schon im Prolog schreibt. Bis zur Covid-Krise herrschte etwa ein sogenannter „Käufermarkt“, da heißt das Angebot überstieg die Nachfrage und Waren wurden tendenziell immer billiger. Eines der (wenigen) positiven Effekte des Neoliberalismus. Allerding mit dem Effekt, dass Firmen ihre Produktion in immer billigere Länder transferieren mussten, damit wir das T-Shirt um 2 Euro kaufen können.

Durch Covid und die Folgen der Trump-Jahre (Hohe US-Zolle) lagen Produktionen allerdings still, die Käufer musste also Waren suchen und teurer bezahlen. Dazu die Kriege und höhere Energiekosten. Der Autor zeigt dazu in klaren Bildern wie Wirtschaft funktioniert und nebenbei was uns der EU-Beitritt gebracht hat – kurz wir wären ein sehr viel ärmeres Land. Schon die Koppelung des Schilling-Kurses an die D-Mark durch Hannes Androsch hatte einen Qualitätsschub für die heimische Industrie ausgelöst, ganz einfach dadurch, dass die Betriebe statt auf Preis auf hochwertige Ware setzen mussten.

In der Pandemie hat Österreich, nach Meinung des Autors jedenfalls gravierende Fehler gemacht, indem Geld einfach für entgangene Geschäfte ausbezahlt wurde, statt dieses an Investitionen zu binden. Wer glaubt, es werde immer so weitergehen wie 2019 noch gedacht irrt gewaltig. Die ungezügelte Globalisierung ist zu Ende, die großen Märkte schotten sich zunehmend ab und die Klimakrise tut ein Übriges. Wir leben gewiss in herausfordernden Zeiten.

Reinhard Göweil wird bei Rund um die Burg über sein Buch diskutieren:
10. 5. in der Stelldichein Meierei Volksgarten, 21 Uhr


Einen Kampf um die (Leit)Kultur gab es auch schon früher – Eine Darstellung der Kulturgeschichte des Austrofaschismus bei „Rund um die Burg“

Im Gymnasium lernte ich noch, dass sich das österreichische Parlament im März 1933 selbst ausschaltete und Dollfuß/Schuschnigg den Ständestaat als letztes Bollwerk gegen Hitler errichten mussten. Ein damals noch durchaus gängiges Geschichtsbild. Inzwischen weiß man, dass die Christlichsozialen schon lange vor der – leicht wieder reparierbaren – Abstimmungspanne im Parlament die Liquidierung der Demokratie planten. Auch, aber nicht nur weil sie mit einem großen Stimmzuwachs der Nationalsozialisten bei den nächsten Wahlen rechneten. Der Hass auf die Sozialdemokratie und das Rote Wien war bei Dollfuß und Co. einfach riesengroß und in der Kirche sahen sie eine starke Verbündete.

Der Ständestaat begann dann auch – spätestens nach den Februarkämpfen 1934 – mit den Säuberungen und der Propaganda auch in der Kultur wie das gerade erschienene Buch „Maskeraden. Eine Kulturgeschichte des Austrofaschismus“ von Alfred Pfoser/Béla Rásky/Hermann Schlösser aufzeigt. Der Titel ist einem erotisch aufgeladenen Kinoerfolg mit Paula Wessely aus dem Jahr 1934 entnommen, denn die Autoren beschreiben die damalige Politik als Maskerade eines brutalen Polizeistaates, der mit den Mitteln der Unterhaltungsindustrie auf schön geschminkt werden sollte. Wie im Nationalsozialismus sollte die Heimat im Zentrum stehen, alles Liberale oder gar sozialdemokratische Denken wurde mit Hinweis auf den katholischen Glauben und das Vaterland getilgt. Man erließ zwar nicht wie Hitler einschlägige antisemitische Gesetze, Juden wurden aber überall benachteiligt. Joseph Roth schrieb etwa in seinem Essay „Juden auf Wanderschaft“ schon 1927: „Es ist furchtbar schwer, ein Ostjude zu sein, es gibt kein schwereres Los als das eines fremden Ostjuden in Wien.“

Das Filetstück der Sozialdemokraten war natürlich das Rote Wien. Partei und Gewerkschaften wurden von den Austrofaschisten verboten, die sozialdemokratischen Einrichtungen wie Arbeiterbüchereien und Volkshochschulen gesäubert. In Zusammenarbeit mit der Kirche wurden auch höchst literarische Werke von Autoren wie Èmile Zola, Jack London oder B. Traven aus den Beständen eliminiert und durch Bücher von Waggerl oder Luis Trenker ersetzt. Selbst Sigmund Freud fand keine Gnade vor der Sexualfeindlichkeit der Machthaber.

Dagegen suchte man nach einer echten österreichischen Leitkultur. Mit allerdings bescheidenem Erfolg organisierte das Regime Weihespiele und Aufmärsche wie eine „Huldigung der Stände“ ausgerechnet am 1. Mai und ausgerechnet vor dem Wiener Rathaus. Malerische Alpentrachten und blaugelbe Pfadfinderhemden waren die neue Mode. Am Ende mussten allerdings auch Vertreter des Regimes einsehen, dass es besser gewesen wäre, gemeinsam mit der verhassten Linken den Kampf gegen die Nationalsozialisten aufzunehmen statt sich ideologisch immer mehr anzubiedern.

Am 11. Mai wird Alfred Pfoser um 10.30 Uhr bei „Rund um die Burg“ das Buch „Maskeraden“ im Restaurant Vestibül vorstellen. Alle Infos: rundumdieburg.at


Rund um die Burg heuer am 10./11. Mai mit 3 Locations und jeder Menge Stars

Barbi Markovic wird bei Rund um die Burg lesen. – ©Stefan Joham

Die heimische Literatur ist auf der Überholspur: Soeben wurde die in Belgrad geborene, seit 2016 in Wien lebende und deutsch schreibende Autorin Barbi Markovic für „Minihorror“ mit dem Preis der Leipziger Buchmesse ausgezeichnet. In dem comichaften Roman geht es um ein junges Paar – Mini und Miki – in Wien. Und Julia Jost erhielt für ihr Debüt „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ hymnische Kritiken. Beide Autorinnen lesen am Freitag, 10. Mai, bei „Rund um die Burg“. Ebenfalls vielbeachtet: Valerie Fritsch erzählt in ihrem Roman „Zitronen“ wie eine Mutter ihren Sohn mit Medikamenten krank macht, um sich dann liebevoll um ihn kümmern zu können. Der völlig weltfremde junge Mann ist dann unfähig, eine Beziehung zu einer Frau aufzubauen.

Eröffnung

TV-Star Dirk Stermann präsentiert sein Buch über die weltberühmte Wiener Psychoanalytikerin Erika Freeman, die Patienten wie Marilyn Monroe und Marlon Brando betreute. Und Singer-Songwriter Nino aus Wien ist ebenfalls unter die Buchautoren gegangen. Er wird mit seinem Kochbuch ohne Rezepte das Festival am Freitag um 16 Uhr im Vestibül eröffnen.

Zeit für ein Gedicht heißt es auch bei „Rund um die Burg“: Erstmals wird die Wiener Poesiegalerie vier Lesungen gestalten (mit Kirstin Breitenfellner, Franz Josef Czernin, Isabella Krainer sowie Nikolaus Scheibner). Und die Grande Dame der heimischen Literatinnen, Renate Welsh, bereitet ebenfalls Gedichte vor.

„Für K.“ heißt ein Band mit neuen Kurzgeschichten in Gedenken an den Jahresregenten Franz Kafka (100. Todestag), das Herausgeber Otto Brusatti vorstellen wird. Autor, Filmemacher und Sänger („Des Ano“) Max Gruber wird seine Kurzgeschichte aus dem Buch lesen.

Moderation: Ani Gülgün-Mayr (ÖRF 3) und Helmut Schneider (wienlive)

Alle Infos: www.rundumdieburg.at