„Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos“ im Akademietheater

Der in Graz geborene Werner Schwab brachte am Beginn der 90er-Jahre einen völlig neuen Ton auf die Bühnen. Entdeckt wurde er von Hans Gratzer, der 1991 am Schauspielhaus „Übergewicht, unwichtig: Unform“ herausbrachte. (Ich interviewte Schwab vor der Premiere und erlebte einen völlig anderen Dichtertypus – Schwab war sehr groß und man sah ihm an, dass er zeitweise seinen Lebensunterhalt mit Holzfällen verdient hatte und eigentlich Bildhauer werden wollte). Mit nur 35 Jahren starb er 1994 an einer Alkoholvergiftung. Aber es gab Jahre, in denen seine Dramen zu den meistgespielten an deutschen Theatern gehörten.

Im Akademietheater inszenierte die junge Regisseurin Fritzi Wartenberg jetzt sein Radikalkomödie (Untertitel) „Volksvernichtung oder Meine Leber ist sinnlos“ im Akademietheater in einem bemerkenswerten Setting – gespielt wird nämlich senkrecht. Und so turnt gleich zu Beginn Stefanie Reinsperger als grenzwertiger Künstler Hermann Wurm vom Hocker zur Spüle und wieder zurück, während seine Mutter Maresi Riegner auf der Fauteuillehne strickt. Alles ohne Seil! Die Akrobatik ist aber nicht sinnlos (wie die Leber im Titel), sondern zeigt uns eine ins Ordinäre und Unverblümte gekippte Welt, die ein wenig an Nestroys „Zu ebener Erde und erster Stock“ erinnert. Denn auch bei Schwab gibt es neben der kleinbürgerlichen Familie Kovacic auch die „bessere“ Frau Grollfeuer, die am Ende die Hausgemeinschaft – das Volk – vernichtet. Oder zumindest davon träumt, denn schließlich gibt es dann doch noch ihr peinliches Geburtstagsfest als Replik. Franziska Hackl spielt ihre Volksvernichtungs-Brandrede ohne große Gefühle und dadurch aber auch mit noch größerer Wirkung. Es tut gut, wieder einmal den ganz eigenen Schwab-Ton zu hören, der oft als Fäkaliendeutsch verunglimpft wurde. An den besten Stellen ist unverkennbar, dass sich da jemand an dem meist im Untergrund schwelenden Hass in unserer Gesellschaft abarbeitet. Das erinnert an Qualtinger und Bronner und eben auch an Nestroy. Ein bewegender Theaterabend. Foto: Tomy Hetzel/Burgtheater

Infos und Karten: burgtheater.at