Arthur Schnitzlers „Das weite Land“ im Akademietheater

Dunkel und kalt ist es in Barbara Freys Fassung von Arthur Schnitzlers wohl bekanntestem Stück. Und das ist nur konsequent, denn an diesem Abend geht es knapp zweieinhalb Stunden um das, was sich Menschen im Namen der Liebe antun können. Schnitzler – bekanntlich ein ausgebildeter Mediziner – seziert in „Das weite Land“ die Ehe von Friedrich und Genia Hofreiter und nebenbei und spiegelverkehrt auch die von Natter und seiner von einem zum anderen flatternden Ehefrau Adele. Der Bankier (Branko Samarovski) spricht aus, warum er trotzdem bei seiner Frau bleibt – weil er sie liebt. Und Liebe ist es auch, die Genia an ihrem notorisch untreuen Friedrich bindet. Am Ende des dichten Abends fällt der Vorhand zum Bühnenhintergrund und gibt den Blick auf eine riesige Maschine, die an den in Wien gerade wieder aktiven „Maulwurf“ – eine U-Bahn-Baufräse – erinnert, frei. „Die Seele ist ein weites Land“ heißt der zum Kalauer verkommene Spruch aus dem Stück. Ja, und sie ist augenscheinlich auch für die im Untergrund schlummernden Grausamkeiten verantwortlich.  

Was Wiener Theaterbesucher (die Produktion ist eine Zusammenarbeit mit der Ruhrtriennale) natürlich besonders verwundert ist die Weigerung der Regisseurin, über die doch auch präzise Sprache Schnitzlers einen Konversationston zu legen. Am Anfang wirkt es gerade so als ob die Darsteller gar nicht miteinander sprechen – und sie schauen sich auch fast nie in die Augen. So wird das Brutale des Geschehens bis hin zum völlig widersinnigen tödlichen Duell am Schluss noch deutlicher. Dieser Friedrich Hofreiter – wunderbar verhalten gespielt von Michael Maertens – ist ja auch ein geradezu monströser Egoist und Manipulator. Seine Frau – sehr nuanciert und konzentriert gespielt von Katharina Lorenz – bewundert man für ihre Gefasstheit. Sie ist die eigentliche Hauptperson dieser Aufführung, denn dieser Hofreiter ist doch eigentlich nur ein grandioser Schwätzer. Itay Tiran gibt seinen etwas steifen Freund Dr. Maurer, Bibiana Beglau die Schauspielerin und Freundin Genias. Ein Abend, an dem man einiges an menschlichen Abgründen zugemutet bekommt, doch das Wiener Publikum versteht das und applaudiert verdientermaßen lange.

Arthur Schnitzlers „Das weite Land“ im Akademietheater. Eine Theaterbesprechung von Helmut Schneider.

Arthur Schnitzler, Das weite Land
burgtheater.at

Bild: ©Pohlmann