Gegossen für die Ewigkeit – Ein Interview mit Direktor Johann Kräftner
Die kostbaren Bronzen der Fürsten von Liechtenstein sind jetzt bei freiem Eintritt zu sehen. – ©Sandra Olak
Unter dem Titel „März im Palais“ lockte schon im Vorjahr die Sonderausstellung „Treuer Fürst – Joseph Wenzel und seine Kunst“ trotz Corona mehr als 25.000 Menschen in einem Monat in das Palais Liechtenstein. Nicht zuletzt eine gute Gelegenheit, das Barockpalais am Alsergrund zu besuchen – denn es ist sonst nur innerhalb angemeldeter Führungen offen. Heuer wird bis 31. März – wieder bei freiem Eintritt und natürlich ganz ohne Corona-Einschränkungen – die Schau „Gegossen für die Ewigkeit. Die Bronzen der Fürsten von Liechtenstein“ gezeigt.
Kuratiert hat sie der Direktor der Liechtenstein Collections Johann Kräftner, der sich mit dieser Ausstellung nach mehr als 20 Jahren als Chef des Hauses in die wohlverdiente Pension verabschiedet. Der 1951 in St. Pölten geborene Kräftner ist ausgebildeter Architekt und arbeitete an der TU Wien als Leiter des Instituts für künstlerische Gestaltung. 2004 wurde er Direktor des Liechtenstein Museums in Wien sowie der Fürstlichen Sammlungen Vaduz.
wienlive: Wie sind die Liechtenstein Collections aufgestellt?
Johann Kräftner: Der Sitz der Sammlungen befindet sich immer dort, wo der Fürst ist – also in Vaduz, allerdings wird die Sammlung aus praktischen Gründen von Wien aus geleitet. An beiden Standorten befinden sich große Depots – es gab Zeiten, als in drei Städten Ausstellungen von uns gezeigt wurden. Trotzdem haben wir immer genügend Ersatz für ausgeliehene Kunstwerke im Haus.
Sind Sie oft in Vaduz?
Früher war ich schon oft dort, fast jede zweite Woche, aber durch die Pandemie haben sich die Kommunikationsmöglichkeiten verbessert – man kann viel aus der Ferne machen. Wir haben das bei unserer großen Ausstellung in Hongkong gesehen, deren Erarbeitung noch vor der Pandemie begonnen worden war. Dann waren Flüge nach Hongkong schwierig bis unmöglich und ich bin erst dort gewesen, als die Ausstellung aufgebaut wurde. Es hat alles zwei Jahre lang virtuell wunderbar funktioniert und es war bewegend, unsere Ansprechpartner zum ersten Mal vor Ort zu sehen.
Sehen Sie sich eher als Manager oder als Ausstellungsmacher, Wissenschaftler, Kunstvermittler und Künstler?
Ich mache alles, was gerade notwendig ist. Wir haben hier keine große Mannschaft, sondern sind ein kleines Team. Ich bin natürlich für die Inhalte der Sammlung und die Ausstellungen verantwortlich, aber auch für alle Neuerwerbungen. Wir geben hier viel Geld aus und das ist eine Riesenverantwortung. Auch in der Bronzen-Ausstellung zeigen wir viele Neuerwerbungen. Es ist also von allem etwas.
In der Sammlung sind ja nur historische Bronzen, oft Abgüsse von Steinskulpturen – warum wurden die damals angefertigt?
Reiche Fürsten hatten in der Renaissancezeit Palais und die mussten sie natürlich ausstatten. Die Liechtensteins besaßen etwa auch Palais in Südmähren und Tschechien – auch im Palais in der Bankgasse in Wien gab es schon eine Galerie mit Bronzen. Wir zeigen in der Ausstellung auch die Hängepläne von damals.
Was für Themen gibt es in der aktuellen Ausstellung?
Ein wichtiges Thema ist die Reiterskulptur. Das ist ja etwas, das auch in Wien allgegenwärtig ist. Auf fast jedem historischen Platz steht eine Reiterstatue – etwa auf dem Heldenplatz, dem Josefsplatz oder auf der Albertina-Rampe. Die Modelle, die in der Antike im Florenz der Renaissance davor in Kleinbronzen entwickelt wurden und in der Sammlung sind, hatten Nachwirkungen in Wien. In diesen Skulpturen spürt man auch die große Sehnsucht nach der Antike.
Denn das Modell, das all diesen Reiterskulpturen zugrunde liegt, ist jene des Marc Aurel in Rom. Wir haben die Kopie, die von Antico um 1500 gegossen wurde. Eine vergoldete Büste des Marc Aurel von Antico habe ich mit dem Hinweis, dass Marc Aurel in Wien gestorben ist und somit mit dieser Stadt verbunden war, kürzlich erwerben können – obwohl sie schon der Getty-Sammlung versprochen war. Unsere Sammlung ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten sehr schön gewachsen. Um die Ausstellung zu komplettieren haben wir aber auch einige Leihgaben, etwa aus dem Kunsthistorischen Museum – obwohl die selbst ein großes Jubiläum feiern.
Sie gehen tatsächlich gleich nach der Ausstellung im April in Pension?
Ja, ich werde demnächst 72 und bin eigentlich seit 2002 im Haus. Irgendwann muss es genug sein und es wurde auch schon ein Nachfolger – Stephan Koja aus den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – bestimmt.
Sie werden aber sicher in irgendeiner Form weiterarbeiten, oder?
Ich arbeite an einem Buch über ostasiatische Gärten. Da habe ich noch zwei, drei Monate Knochenarbeit vor mir. Und ich interessiere mich für begrünte Fassaden. Die werden bei uns oft mit Hochtechnologie angelegt, die leider sehr anfällig ist – das kann nicht die Zukunft sein. Ich habe ein halbes Leben lang weltweit Beispiele für natürliche Begrünungen gesammelt. In Florenz gibt es etwa einen 25 Meter hohen Turm, der von oben bis unten begrünt ist. Hier liegt die Zukunft.
Infos: liechtensteincollections.at