Albern Bergs Oper „Lulu“ bei den Wiener Festwochen – ein Ballett als Oper
Bild: ©Monika Rittershaus
Noch bevor die Musik einsetzt, tänzeln junge Menschen in schwarzen Hosen, blauen Schuhen und weißen Hemden mit Handtüchern um den Hals und blauen Wasserbechern auf die Bühne, die man sich als Sozialraum eines hochpreisigen Fitnessstudios denken kann. Eine Münze wird geworfen und Dirigent und Orchester legen los. Dass die aus Kap Verde stammende Marlene Monteiro Freitas vor dieser, ihrer ersten Opernregie, als Choreografin arbeitete, ist unübersehbar. Denn die stummen Tänzer bleiben während des gesamten Abends auf der Bühne, hinter der erhöht das Orchester untergebracht ist. Sie verbiegen sich akrobatisch, gehen auf nur für sie sichtbaren Bahnen, setzen sich auf Holzsesseln oder machen Auflockerungsübungen. Sie scheinen das bei „Lulu“ ja nicht ganz undramatische Geschehen zu kommentieren. Allerdings tun sie das sehr cool und emotionslos. Da nützt auch die bisweilen aufgemalte Clownschminke wenig.
Seltsam unsinnlich agieren auch die Sängerinnen und Sänger – auch wenn ihre Stimmen meist höchst delikat klingen. Etwa die wunderbare deutsche Sopranistin Vera-Lotte Boecker in der Titelrolle, Edgaras Montvidas als Alwa, Anne-Sofie von Otter als Gräfin Geschwitz oder Cameron Becker als suizidaler Maler. Bloß Bo Skovhus als Dr. Schön und Kurt Rydl als Schigolch ließen sich vom Regiekonzept nicht gänzlich zähmen – sie überraschen fast mit ihrem Temperament.
In dieser Gemeinschaftsarbeit der Wiener Festwochen mit dem Musiktheater an der Wien
musiziert das ORF-Radiosymphonieorchester Wien unter Dirigent Maxime Pascal fehlerlos in der nicht idealen Akustik des Raums.
Am Ende führt ein nicht erkennbarer Mann eine groteske, puppenhafte kleine (auf den Knieen rutschende) Frau als Braut vor – eine Vorstellung wie ein Statement gegen die multiblen Vereinnahmungen des Frauenkörpers. Lulu war und ist für Männer eben immer nur ein Spiegel.
Noch bis 6. Juni in der Halle E im MuseumsQuartier zu sehen.
Infos: festwochen.at