Theaterkritik – Volkstheater, „Ach, Sisi – neunundneunzig Szenen“

Von ZZ Top zu Sisi Top


Das Volkstheater zeigt eine unterhaltsame, witzige Revue über die Kaiserin Elisabeth von Österreich.
Text: Helmut Schneider / Foto: Marcel Urlaub/Volkstheater


Wenn man sich so umhört, haben viele in Wien das Volkstheater gedanklich schon abgeschrieben. Nach den Persönlichkeiten Emmy Werner und Michael Schottenberg, die ihre Vorstellung auf ein Theater, das nicht für Eliten interessant sein soll, gelang es Anna Badora niemals, ein Profil zu entwickeln. Die Besucherzahlen im immer chronisch unterdotierten Theater sanken. Mit der Saison 2020/21 sollte dann der am Schauspiel Dortmund erfolgreiche Direktor Kay Voges das Haus wieder Richtung geben – allein die Pandemie verhinderte einen echten Neustart. Und das obwohl das Haus nach der dringend notwendigen Renovierung glänzt wie noch nie.

Möge 2022 also besser werden. Und nach der ersten Premiere darf man das auch wieder hoffen, denn „Ach, Sisi – neunundneunzig Szenen“ ist eine echt gelungene Auseinandersetzung mit einem Phänomen, um das man in Wien nicht herumkommt. Der Comedian und Autor Rainer Grebe hat mit dem Ensemble eine Revue gestaltet, die nicht nur viel zum Lachen, sondern auch intellektuelles Futter anbietet. Da wird etwa aus einer Loge eine ziemlich respektlose Sisi-Nacht eines Privatradiosenders moderiert – inklusive Sisi-Gewinnspiel und Erzherzogin Sophie als kaum zu bremsenden Studiogast. Als Musik wird AC/DC und ZZ Top, die zu Sisi Top werden, angeboten. Musik gibt es aber auch live, zumal die schaurigen Gedichte der Kaiserin – mit gebotenem Ernst – gesungen werden. Dazu werden Szenen aus den Sissi-Filmen nachgespielt, das Hofzeremonell zelebriert und Kaiser Franz Joseph sinniert ziemlich sinnbefreit über die Anordnung der Wiener Bezirke. Das Ensemble ist auch wirklich famos: Andreas Beck, Anna Rieser, Uwe Schmieder, Christoph Schüchner, Anke Zillich und Balázs Várnai agieren mit viel Engagement, Susanne Peterka erzählt zur Erheiterung des Publikums aus ihrem Leben, das kein Sissi-Film war. Eine Produktion und ein Live-Erlebnis, die deutlich macht, was Streaming nicht kann und warum Theater auch heute noch in Zeiten der Einschränkungen seine Berechtigung hat.