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Festspiele Reichenau – Klassiker prominent besetzt

Foto: ©Lalo Jodlbauer

Die Festspiele Reichenau 2024 bieten ein facettenreiches Programm quer durch die österreichische Dramatik. Johann Nestroys „Lumpazivagabundus“, Arthur Schnitzlers „Anatol“, Thomas Bernhards „Der Ignorant und der Wahnsinnige“ sowie Ödön von Horváths „Der jüngste Tag“ stehen auf dem Programm. 

Maria Happel selbst wird Horvaths „Der jüngste Tag“ inszenieren. Ein Stück, das sich, wie sie meint, perfekt in die Landschaft in und um Reichenau einfügt. (Premiere 7. Juli) Mit Burgschauspieler Daniel Jesch als Stationsvorstand Thomas Hudetz ist die Hauptrolle vielversprechend besetzt. An seiner Seite spielen unter anderen Mercedes Echerer, Nicolaus Hagg, Johanna Mahaffy oder Kaspar Simonischek. 

Weiters u.a. zu sehen in Reichenau: AntoN Widauer, Claudius von Stolzmann, Stefan Jürgens, Julia Stemberger, Miriam Fussenegger, Paula Nocker, Thomas Frank, Florian Carove und viele andere.

Tickets & Informationen unter festspiele-reichenau.at

Milo Raus „Medea’s Kinderen“ war ein Höhepunkt der Wiener Festwochen

Foto: ©Michiel Devijver

Euripides „Medea“ ist nicht nur ein Flüchtlings-Drama, sondern auch ein Stück über einen unerhörten Kindermord verübt durch die Mutter der Opfer. Dass eine Mutter ihre Kinder umbringt entzieht sich völlig unserem Verständnis, gilt doch die Mutterliebe als  geradezu heilig. Festwochenintendant Milo Rau hat jetzt die antike Medea mit einem tatsächlichen Kindermord vor 15 Jahren in Belgien verwoben. Und: er lässt das durch 6 Kinder im Alter zwischen 8 und 14 Jahren spielen.

Der Abend im Jugendstiltheater beginnt ganz harmlos. Wir sollen glauben, dass die Vorstellung schon vorbei ist und jetzt ein Publikumsgespräch stattfindet. Ein Spielleiter fragt die Kinder – gespielt wird in Niederländisch mit Übertiteln – wie es ihnen denn so ergangen ist am Theater. Nach und nach wollen die Buben und Mädchen aber doch wieder spielen und wir erleben sowohl die Geschichte der Medea als auch das tragische Schicksal einer Familie in Ostende. Dort hatte eine Frau ihren 5 Kindern nach und nach die Kehle aufgeschlitzt, um dann an ihrem eigenen Selbstmord zu scheitern. Ihr Mann, ein Marokkaner war mutmaßlich auch homosexuell, er hatte jedenfalls einen reichen Gönner und war immer länger bei diesem geblieben. 

Sehr klug arrangiert Rau die Szenen und durchaus atemberaubend performen die Kinder – sie schlüpfen in mehrere Rollen, immer wieder werden auch Hintergründe auf einer Leinwand aufgezogen. Fast unerträglich nah sehen wir dann am Schluss auch die Morde – eine emotionelle Zumutung. Mit vielen Fragen und überwältigt vom Können der Darstellerinnen und Darsteller bleibt das Publikum nachdenklich zurück. Anders als in Raus Mozart-Opern-Version des Tito wirkt hier nichts aufgesetzt oder erzwungen. Eine beispielhafte Theaterarbeit. 


festwochen.at

Die ersten Produktionen der Wiener Festwochen – „Blutstück“, „Barocco“ und „La clemenza di Tito“

Foto: ©Fabian Hammerl

Der neue Festwochen-Intendant Milo Rau, geboren 1977 in Bern, aber global produzierend, will die Wiener Festwochen bekanntlich zu einem gesellschaftspolitischen Projekt machen – mit einer „Freien Republik Wien“, einem Rat der Intellektuellen und Produktionen, die Fragen der Zeit behandeln. Wenn man im Theater sitzt, ist das freilich alles nicht wirklich relevant, sobald das Licht im Zuschauerraum ausgeht zählt nur, ob das Gebotene interessieren kann. Die ersten Premieren zeigen ein lebendiges Bühnengeschehen, das nicht immer gefällt, aber zumindest Positionen vertritt.

Gleich die erste Premiere – „Blutstück“ nach dem Roman „Blutbuch“ von Kim de l’Horizon – kommt dabei wie ein Gruß aus längst vergangenen Hippie-Welten daher. Es geht um unseren menschlichen Körper, aber eigentlich um Identität und die Scham, das Individuum zu sein, das man ist.  Die deutsche Regisseurin Leonie Böhm hat aus dem Roman eine Art Feelgood-Musical mit Menschen auf Selbsterfahrungstrip gemacht. Der Autor spielt selbst mit. Das ist ja alles sympathisch und man gönnt ja auch allen Zeitgenossen mit sich und ihrem Körper glücklich zu sein – aber warum soll ich mir die kindlich-naiven Dialoge im Plastik-Bühnenbild mit aufblasbarer Hand, deren Finger wie Penisse aussehen, antun? Das Publikum war freilich sehr zufrieden und feierte die neue Wokeness.

Solcherart gewarnt wird man von „Barocco“ geradezu umgehauen. Der russische Regisseur Kirill Serebrennikov hat noch im Hausarrest an einem Musikdrama über die Freiheit und den Protest gegen jegliche Repression gearbeitet. Ausgehend von berühmten Selbstverbrennungen aus Protest gegen den Vietnamkrieg oder den Einmarsch des Warschauer Pakts in der Tschechoslowakei, setzt er an diesem Abend einiges in Brand. Und er konterkariert es mit der größten überirdischen Schönheit, die es zu haben gibt, nämlich Barockarien von Monteverdi, Händel und Bach. Die Musik wird mit einem Mini-Orchester live gespielt, aber elektronisch aufgefettet. Ballettnummern setzen zusätzlich dramatische Akzente. Es sind durchwegs starke Bilder und manches – wie der Auftritt eines singenden Zauberkünstlers – scheint auch unnötig. Aber die positiven Eindrücke überwiegen. Einmal muss Daniil Orlov mit nur einer Hand spielen – die andere hält ein Ordnungsmann in Handschellen. Am Schluss explodiert mehrfach eine Villa auf der Leinwand – man ist da an die berühmte letzte Szene von Antonionis „Zabriskie Point“ erinnert.

Festwochen-Chef Milo Rau himself bringt in Wien jetzt seine stark veränderte Fassung von Mozarts letzter Oper „La clemenza di Tito“. Ein Abend der Thesen, bei der Mozarts Werk nur als Gerüst für Überlegungen zu Kunst und Politik herhält. Der Kaiser darf bei Rau nicht mildtätig und gerecht sein, denn er gehört ja zum Establishment. Alles nur Show und so ist sein Tito ein Malerfürst, der versonnen ab und zu mit einem riesigen Pinsel an einem großen Bild werkt. Dazu hat Rau 19 Wienerinnen und Wiener mit Migrationshintergrund gecastet, deren Geschichten auf einer Filmleinwand – oft parallel zu den gerade gesungenen Arien – erzählt werden. Überhaupt gibt es viel Text zu verdauen, der üblicherweise im Programmheft seinen Platz hat. Mozart machte 1791 keine Revolution, die fand bekanntlich in Paris statt. Dass der aufgeklärte, freimaurerische Komponist mit dem Tito dem österreichischen Kaiser die Utopie eines idealen Herrschers vor die Nase hielt, war Rau wohl zu wenig spektakulär. Man tröstet sich an diesem Abend im MuseumsQuartier aber mit der wunderbaren Musik, die Camerata Salzburg spielte unter Thomas Hengelbrock ganz famos und auch die Sängerinnen und Sänger leisteten – den plumpen Regieeinfällen zum Trotz – eine sehr gute Arbeit.

Weitere Festwocheninfos: festwochen.at

Abwechslungsreicher Dreiteiler

©Ashley Taylor

Das Wiener Staatsballett zeigt mit „Les Sylphides“ Choreographien von Michel Fokine und Uwe Scholz sowie eine Uraufführung von Adi Hanan.

 Die Premiere von Les Sylphides 1909 in Paris sorgte für großes Aufsehen. Ihr Choreograph, Michel Fokine, hatte zu Musik Frédéric Chopins das erste »Ballet Blanc« ohne eine konkrete Handlung geschaffen. Voller Poesie entfalten sich Bilder eines jungen Mannes, der in einem mystischen Wald wundersamen Sylphiden begegnet. Viele kleine Details werden in Soli und kleinen Formen vom gesamten Ensemble getanzt. Olga Esina zeigt überaus elegant ein Prélude, Elena Bottaro tanzt eine Mazurka,und Ionna Avraam führt einen großen Walzer an. In der Volksoper wählte man die Orchestrierung von Frederic Chopins Klavierstücken durch Benjamin Britten, die kurzzeitig verschollen und nun erstmals auch in Wien erklingt.

Nach der Pause brilliert die israelische Künstlerin und Ensemblemitglied Adi Hanan mit einer Uraufführung für das Wiener Staatsballett. In Eden wirft die junge Choreographin zu Musik von Franz Schubert und Arvo Pärt einen frischen Blick auf eine der berühmtesten biblischen Geschichten – Adam und Eva im Garten Eden – und konfrontiert animalisch-wilde Paradies-Vorstellungen mit der Erforschung des Verlusts der Unschuld und der Bewusstwerdung des Menschen im eigenen Körper. Zwei genderfluide Vierergruppen tanzen in raschem Wechsel.

Hinter der Gruppe sind zwei Tänzer*innen in nicht sehr ansprechenden Kostümen – Claudine Schoch und Marcos Menha – die sich, in einen weißen Kokon, bewegen. Schließlich werden sie vom „Wächter des Gartens“ (Yuko Kato) aus dem Stoff geschält.
Das letzte Stück des Abends „Jeunehomme“ in der Choreografie des 2004 früh verstorbenen Uwe Scholz zu Mozarts 9. Klavierkonzert war musikalisch und tänzerisch herausragend. Das Orchester unter der Leitung von Ido Arad und das Ensemble des Wiener Staatsballetts harmonieren perfekt. In einem engen Miteinander agieren Tanz und Komposition, vereinen Dramatik und Leichtigkeit und erschaffen im gemeinsamen Rhythmus eigene Ballettwelten: Bilder von Hingabe und Zweifel, Nähe und Ferne. Jeunehomme, 1986 für Les Ballets de Monte-Carlo choreographiert, gilt bis heute als eine der bedeutendsten Schöpfungen des Choreographen. In Wien wird die Choreographie erstmals seit der Uraufführung wieder im kompletten Bühnen- und Kostümbild Karl Lagerfelds zu sehen sein, das den Geist der Mozart-Zeit aus der Perspektive des zeitgenössischen Couturiers kongenial einfängt. 

 
LES SYLPHIDES
Musik Frédéric Chopin in einer Orchestrierung von Benjamin Britten

EDEN (URAUFFÜHRUNG)
Musik Franz Schubert & Arvo Pärt

JEUNEHOMME 
Musik Wolfgang Amadeus Mozart
Choreographie Uwe Scholz


wiener-staatsoper.at

KAFKAS FRANZ – Das Stück zum Kafka-Jahr nur einmal im Rabenhof „The Reunion“, 34 Jahre später am 19. Mai

©Stefan Diesner

34 Jahre nach der legendären Aufführung der Trash-Komödie „Kafkas Franz“ durch Kurt Palms „Sparverein Die Unzertrennlichen“ treffen die DarstellerInnen der Originalbesetzung wieder zusammen, um Szenen aus dem Stück zu lesen, ein bisschen zu tanzen und darüber zu plaudern, was in den letzten 34 Jahren so alles passiert ist.
Die Inszenierung von Kurt Palm sorgte dereinst für Furore und wurde auch zu einem internationalen Theaterfestival in den Ruhrpott eingeladen, wo man sich wunderte, was an Wiener Bühnen alles möglich ist.

Die Komödie stammt vom Engländer Alan Bennett und heißt im Original etwas eindeutiger „Kafka’s Dick“. Darin kommt Kafka aus dem Totenreich zurück, sieht seine von ihm der Verbrennung verfügten Werke in der Bibliothek und trifft einen Fan und dessen frustrierte Frau.

Die Jubiläumsshow zur legendären Kultkomödie. Mit Max Goldt, Amina Handke, Elisabeth Kny, Fritz Ostermayer, Tex Rubinowitz, Christoph Winder und Kurt Palm

Karten & Infos: rabenhoftheater.com

„Freitag, der Dreizehnte“ – die Hommage an Arnold Schönberg zu seinem 150. Geburtstag

Mit dem Erfinder der 12-Ton-Musik Arnold Schönberg verbindet man nicht unbedingt Spaß und gute Laune, wobei man seiner Person möglicherweise Unrecht tut, denn der Komponist war ein sehr vielfältiger Mensch, der neben Malerei und Spielkarten auch an Fahrkarten für Öffis tüftelte. Und angefangen hat er mit Musik für Kabaretts – er musste ja auch von etwas leben. Im Reaktor in Hernals, dem ehemaligen Etablissement Gschwandner, gratuliert das Theater an der Wien jetzt Schönberg mit einem sehr gemischten und auch abwechslungsreichen Abend. Das Publikum wechselt da zwischen den drei Sälen – zunehmend auch immer gespannter, was sich das Pruduktionsteam (Regisseur Johannes Erath und der leider vor Kurzem verstorbene Dirigent Michael Broder) Neues einfallen hat lassen. 16 Kompositionen von Schönberg werden angestimmt, höchst delikat gespielt vom Klagforum Wien und dem Arnold Schönberg Chor. Im Zentrum stehen die beiden Sängerinnen Anna Magdalena Hofmann und Christine Schäfer, die auch lose eine Handlung improvisieren. Am Pult: Anna Sushon. Immer wieder sehen wir den Mond in Großaufnahme, Schönbergs Wurzeln aus dem Fin de Siecle werden nicht verleugnet und manchmal wehen auch Musiken von Richard und Johann Strauss herüber.

Schönberg litt ja an Triskaidekaphobie, also der Angst vor Freitag, den 13. An einem solchen ist er auch 1951 in Los Angeles verstorben. Lieber schrieb er den Titel seiner Oper „Moses und Aron“ (statt Aaron) falsch, statt auf 13 Buchstaben zu kommen. Am Ende treten im Reaktor auch phantastische Figuren aus dem von ihm entworfenen Kartenspiel auf – der leicht morbide Charme des Hauses bietet dazu einen wunderbaren Rahmen.

Das Premierenpublikum spendete enorm viel Applaus – auch weil sich die großen Häuser Staats- und Volksoper um den Jubilar drücken. 

Infos und Karten: www.theater-wien.at, wird noch am 3., 5. und 7. Mai gespielt

Zu Tode gelacht? – „Zentralfriedhof“ als Slapstick im Burgtheater

Szenenbild aus „Zentralfriedhof“. – ©Matthias Horn

Zum „Zentral“ haben die meisten Wiener sicher ihre eigenen Erfahrungen und Erlebnisse. Und Wolfgang Ambros „Es lebe der Zentralfriedhof“ (Text Joesi Prokopetz) ist soetwas wie eine Wiener Hymne. Die Erwartungen sind also groß, wenn sich der Deutsche Herbert Fritsch, den man am Burgtheater durch eine sehr witzige und flüssige Shakespeare-Inszenierung kennt, sich diesem urwiener Thema annimmt.

In anderthalb Stunden sehen wir dann auch ein exzellent eingestimmtes Ballett aus 11 Totengräber (und innen – gibt es die inzwischen auch schon in echt?), die wie die großen Vorbilder Jaques Tati oder Charly Chaplin in den kleinen Alltagsdingen scheitern. Bewundernswert ist etwa die Choreografie aller auf schweren Fahrrädern mit Schaufeln. Da sitzt jedes Treten in die Pedale. Hinten auf der Bühne ein Würstelstand mit der Aufschrift „Weils eh schon wurst ist“.

Am meisten nach Friedhofstimmung erinnert der Mittelteil des Abends, als sich die Bestatter in schwarz und in Rüschenkleidung aus dem 19. Jahrhundert verwandeln und sich ein großes Skelett als riesiger Hampelmann bewegt. Immer wieder fallen manche in eine Grube und werden von einem Trampolin wieder nach oben geschleudert. Und aus dem Boden wachsen Köpfe, die sich nicht so leicht wieder nach unten drücken lassen. Am Ende wird ein schauriger Donauwalzer als Totentanz intoniert.

In Summe hat die Vorstellung freilich zu wenig gedankliches Fleisch, viele Gags kranken an Beliebigkeit – man hätte dergleichen auch mit dem orangen Ballett der MA48 aufführen können, da hätte man sich vielleicht weniger Hintergrundgedanken erwartet.

Die Aufführung ist die letzte Premiere in der Direktion von Martin Kušej, der was sein künstlerisches Programm betrifft sicher unter Wert geschlagen wurde. Es gab nicht wenige interessante Premieren und Überraschungen – letztlich scheiterte er an der schlechten Stimmung im Haus, was allerdings auch zu den wesentlichen Aufgaben eines erfolgreichen Leaderships gehört. 

Infos & Karten: burgtheater.at

Angst vor dem Frieden – 4 Shakespeare-Dramen in einer Fassung von Julia Jost am Volkstheater

Szenenbild aus „Rom“. – ©Marcel Urlaub

„Rom“ heißt die Produktion, die Shakespeares Tragödien „Titus Andronicus“, „Coriolanus“, „Julius Caesar“ und „Antonius und Kleopatra“ in einer 2-Stunden-Fassung plus Pause umfasst. Julia Jost, die mit ihrem vielbeachteten Roman „Wo der spitzeste Zahn der Karawanken in den Himmel hinauf fletscht“ auch am 10. Mai bei „Rund um die Burg“ auftreten wird (17 Uhr, Burgtheater Vestibül) hat aber auch Worte u.a. von David Bowie, Canetti, Bachmann, Lenin, Marx und Theweleit hineinverwoben.

Regie führte der belgische Regisseur Luk Perceval, der vor einem Vierteljahrhundert mit „SCHLACHTEN!“, der Zusammenstellung mehrerer Shakespeare-Königsdramen einen Mammuterfolg u.a. bei den Salzburger Festspielen feierte. Das Bühnenbild ist reduziert. Meist spielt das zehnköpfige Ensemble (Andreas Beck, Runa Schymanski, Friederike Tiefenbacher, Stefan Suske, Lavinia Nowak, Evi Kehrstephan, Claudia Sabitzer, Uwe Rohbeck, Frank Genser, Julia Riedler) vor einer hohen Wand aus hellen Quadern, die bei entsprechender Beleuchtung auch schwarz erscheinen kann und aus der manchmal Wasser quillt. Ein starkes Bild, geht es doch um Macht und wie man diese mit oder gegen das Volk erringen kann. Shakespeare hatte ja bereits in „Coriolanus“ den modernen Populismus bloßgestellt. So richtig wohl fühlen sich die Führer sowieso nur im Krieg, vor dem Frieden haben sie Angst – das kennt man ja auch heute noch.

Fast immer herrscht Finsternis, die mit elektronischen Sounds (Lila-Zoé Krauß) aufgeladen wird, die Gesichter der Darsteller werden von Taschenlampenschein zugleich erleuchtet und verzerrt. Zum Höhepunkt wird ein erotisch aufgeladener Ringkampf zwischen Kleopatra und Antonius in einem knöchelhoch mit Wasser gefüllten Becken vor der Wand.

Keine leichte Kost – ein Abend vielmehr für Menschen, die zuhören können. Die erleben spannende Minuten und gewinnen bisweilen Einblicke in die Mechanismen der Machterhaltung.

Infos & Karten: volkstheater.at

Ab Herbst ist das Burgtheater unter der Leitung von Stefan Bachmann – sein erstes Programm

Stefan Bachmann bei der Präsentation. – ©Inés Bacher

Gemeinsam mit seinem Chefdramaturgen Thomas Jonigk präsentierte der neue Burg-Chef Stefan Bachmann die Highlights ihres Programms ab der Saison 2024/25. Ja, und man darf wieder Burg sagen – Vorgänger Martin Kušej bestand ja darauf, sein Haus Burgtheater zu nennen, da er die Konnotation mit einer Befestigungsanlage ablehnte obwohl die Burg im Wiener Sprachgebrauch ja ziemlich verankert ist.

Geradezu klassisch mutet die erste Premiere – Shakespeares HAMLET am 5. September – inszeniert von Karin Henkel – an, während es in der Akademie mit einer Romanadaption von Virginia Woolfs ORLANDO losgeht. Der Spielplan klingt durchaus ambitioniert, einige Erfolgsproduktionen aus Köln wie Rafael Sanchez‘ KÖNIG LEAR oder JOHANN HOLTROP nach dem Roman Rainald Goetz – ein Manageralptraum gespielt von einem rein weiblichen Ensemble – sind natürlich dabei. Bachmann bringt aber auch LILIOM ans große Haus, gespielt von der ans Haus wiederkehrenden Stefanie Reinsperger oder die erfolgreiche „Musicbanda Franui“, die Thomas Bernhards HOLZFÄLLEN vorbereitet. Neben Reinsperger wird auch die großartige Caroline Peters ans Burgtheater zurückkehren. Die größte Sensation kommt erst am Ende. Festwochenintendant Milo Rau wird Elfriede Jelineks BURGTHEATER endlich quasi am Originalschauplatz aufführen – die Autorin hatte sich nach heftigen Anfeindungen ja lange gegen eine Aufführung des Dramas um eine berühmte Burg-Schauspielerdynastie (Hörbiger/Wessely) ausgesprochen und gab nur zu ganz speziellen Aufführungen ihr okay. Mit eigenen Programmen sollen auch inklusive Projekte gefödert werden – schließlich fehlt wie überall auf der Welt im Publikum der Nachwuchs.

Bei der Pressekonferenz auf der Bühne des Burgtheaters wirkte Stefan Bachmann sehr versöhnlich und betonte mehrmals, dass er es als Privileg empfinde, hier arbeiten zu dürfen, zumal er starke Tendenzen in der Gesellschaft gegen „alles Bunte und Vielfältige“ ausmache.

Den kompletten Spielplan finden Sie unter burgtheater.at

„Maria Stuart“ frei nach Schiller im Theater DasTAG

©Anna Stöcher

Höhepunkt aller „Maria Stuart“-Fassungen ist immer die direkte Konfrontation der beiden Königinnen – der herrschenden Elisabeth und der ehemaligen schottischen Königin Maria, die seit Jahren in einem englischen Kerker dahinschmachtet. Im Theater DasTAG in der Gumpendorfer Straße ist die Szene schnell erledigt, nur zu bald beschimpfen sich die beiden und Elisabeth unterzeichnet das Todesurteil ihrer Rivalin. Denn Gernot Plass interessiert am Drama von Friedrich Schiller vor allem die Politik und die Intrige – zweifelsohne ein sehr aktuelles Thema, das sich täglich in den Nachrichten verfolgen lässt. Wobei wir das meiste ja sowieso nur vermuten und ahnen können.

Und der Intrigen gibt es auch bei Schiller mehr als genug. Am Hof von Elisabeth tummeln sich Günstlinge und Einflüsterer, Doppelspione und Karrieristen. Leicester (Markus Hamele) unterstützt heimlich Maria, opfert aber kaltblütig den jungen Mortimer (Raphael Nicholas), um seinen Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Elisabeth (Michaela Kaspar) ist im Zentrum des Ganzen, als Königin kann sie sich auch nicht die kleineste Schwäche erlauben, während Maria (Lisa Schrammel) zum Spielball der Mächte verkommt und sich mit ihrem Hochmut das eigene Grab schaufelt.

Politik wird ja von vielen als das denkbar Langweiligste angesehen. Das ist nicht nur gesellschaftlich betrachtet gefährlich, sondern auch falsch wie auch heutige Adaptionen im Unterhaltungsgeschäft – wie etwa die TV-Serie „Borgen“ – zeigen. „Maria Stuart“ im DasTAG ist tatsächlich auch spannend, gegen Ende streut Plass, der sich im Groben an Schiller hält, auch noch ein paar sprachliche Witze ein und ordnet die Besessenheit der Engländer an Ballspielen schon im Elisabethanischen Zeitalter beginnen.

Infos und Karten: dastag.at