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Warten auf die Tochter – Keviny Barry, Nachtfähre nach Tanger

Warten auf die Tochter – Kevin Barry, Nachtfähre nach Tanger

Die besten Verbrechergeschichten sind eigentlich Familiengeschichten. Man nehme etwa nur die legendäre TV-Serie „Die Sopranos“, in der wir eine typische italienischstämmige Durchschnittsfamilie in New Jersey erleben, die sich nur durch den speziellen Job Tonys von anderen Familien unterscheidet.

In „Nachtfähre nach Tanger“ erleben wir zwei alt gewordene irische Drogenschmuggler und Dealer Maurice und Charles in einem heruntergekommenen spanischen Küstenort, wo sie auf die Herumtreiberin Dilly warten – die Tochter einer der beiden Gauner. Warum das nicht so ganz sicher ist, wer der Vater ist, wird von Kevin Barry auf 200 Seiten dicht und poetisch erzählt. Die beiden erinnern sich an ihre Anfangszeit als Dealer, an die gemeinsame Kindheit, ihre Erfolge und Niederlage und ihre Liebe zu Cynthia. Maurice, der mit Cynthia verheiratet war, hatte seinen Freund ein Messer ins Knie gerammt als er erfuhr, dass Charles ihr Liebhaber war. Aber das ist längst verziehen und Cynthia einem Krebsleiden erlegen. Dazwischen liegen Jahre in Drogenabhängigkeit und in dem verzweifelten Versuch, sich eine bürgerliche Existenz als Hausvermieter aufzubauen. Ob sie die erhoffte Dilly tatsächlich treffen, sei hier nicht verraten – ein bisschen Spannung muss sein.

Der in Limerick geborene Kevin Barry beschreibt abwechselnd das Warten der alten Herren und ihre Lebensgeschichte. Seine Sprache ist dabei – wie die Übersetzung von Thomas Überhoff gut wiedergibt, hart und direkt. Der Autor macht da keine Gefangenen, schließlich stecken wir im Verbrechermilieu fest – Gefängnisaufenthalte inklusive. Ein exquisites, literarisches Lesevergnügen.


Warten auf die Tochter – Keviny Barry, Nachtfähre nach Tanger

Kevin Barry: Nachtfähre nach Tanger
Aus dem Englischen von Thomas Überhoff
Rowohlt Verlag
206 Seiten
€ 22,70

Wie in den 80er-Jahren alles begann – Jörg Fausers Romanfragment „Die Tournee“ aus dem Nachlass. Ein Buchtipp Von Helmut Schneider.

Wie in den 80er-Jahren alles begann – Jörg Fauser, Die Tournee

Wie in den 80er-Jahren alles begann – Jörg Fausers Romanfragment „Die Tournee“ aus dem Nachlass. Ein Buchtipp Von Helmut Schneider.

So richtig bekannt wurde Jörg Fauser leider erst nach seinem tragischen Tod 1987 mit 43 Jahren als Fußgänger nachts auf einer Münchner Autobahn. Ein großes Publikum erreichte er aber nie. Legendär wurde sein Auftritt beim Bachmann-Wettlesen in Klagenfurt 1984, wo die damals schon alten Großkritiker Marcel Reich-Ranicki und Walter Jens über ihn herzogen, während er – völlig stoisch bleibend die Kritik an sich abprallen ließ.

Dabei verfügte der 1944 geborene Schriftsteller und Journalist von Beginn an über einen literarischen Stil, der auch jetzt noch Bewunderung hervorruft. Mit scheinbar leichter Hand schaffte er Stimmungen und Personen, seine Dialoge lesen sich nie gekünstelt und in seinen Texten entsteht unmittelbar die Atmosphäre der geschilderten Zeit. Der Diogenes Verlag bringt seit einigen Jahren regelmäßig seine Werke wie die Romane „Rohstoff“, „Der Schneemann“ oder seine Reportagen – „Der Klub, in dem wir alle spielen“ – heraus.

Jetzt erschien mit „Die Tournee“ das letzte Werk, an dem Fauser bis zu seinem Tod arbeitete. Fertig wurde nur der erste Teil von insgesamt drei Teilen des Romans, in dem es um eine alternde Diva, die aus Geldmangel in einem Boulevardstück durch die deutsche Provinz ziehen muss, einen geplatzten Drogendeal in der Münchner Kunst-Szene, einen zwielichtigen Gauner, der aus Asien nach Deutschland flüchten musste und einen alten SPD-Funktionär mit Osterfahrung, der das Ende seiner nie stattgefundenen Karriere erleben muss, geht. Warum man das lesen sollte, obwohl die Geschichte abbricht noch ehe sie richtig angefangen hat? Weil Fauser mit diesem Fragment sozusagen die Stimmung der 80er-Jahre – die Schikimicki-Tage in München und den nicht nur politischen Stillstand in Berlin vor der Wende eingefangen hat. Was sind das auch für Figuren, die Fauser da entwirft. Etwa den durch die Trennung zu seiner Frau zum Galeristen gewordenen Guido Franck, der für seine abgesandelte Kunsthandlung ausgerechnet mittels Heroinhandel Geld beschaffen will. Durch seine Jahre in Istanbul in der einschlägigen Szene glaubt Guido, ein Auskenner zu sein. Die Jahre in Istanbul verbinden Franck auch mit seinem Autor. Fauser lebte selbst einige Zeit am Bosporus und war jahrelang drogenabhängig bis er 1972 den Ausstieg schaffte.

Im Anhang des Buches finden sich interessante Details zur Entstehung des Romans. Fauser war Redakteur beim legendären, von Enzensberger gegründeten, Magazin „Transatlantik“ und schrieb dort etwa eine Reportage über eine Theatertournee als er schon wusste, dass er den Stoff für seinen Roman brauchen würde. Belegt ist auch, dass Fauser sehr gut recherchierte – was ihn von vielen seiner Kollegen auch heute noch unterscheidet. Um die Szene beim Kirchentag in Frankfurt zu beschreiben, wo der Gauner als Pfarrer untertauchen muss, stieg er im Hotel ab, das er dann im Buch beschrieb. Die im Band abgedruckte Reportage über die Theatertournee zeigt auch ganz deutlich seine journalistischen Vorbilder – nämlich Gay Telese, der etwa mit seiner berühmten Story „Frank Sinatra ist erkältet“ einen neuen subjektiven, erzählenden Journalismus begründete. Schön auch das Zitat von Heinrich Heine, das Fauser seinem Roman voranstellt:

„Das ist schön bei uns Deutschen;

keiner ist so verrückt, dass er nicht

Noch einen Verrückteren fände,

der ihn versteht.“ (Harzreise)


Wie in den 80er-Jahren alles begann – Jörg Fausers Romanfragment „Die Tournee“ aus dem Nachlass. Ein Buchtipp Von Helmut Schneider.

Jörg Fauser: Die Tournee
Roman aus dem Nachlass
Diogenes
290 Seiten
€ 24,70

Hoch soll sie leben! Die amerikanische Krimi-Diva Donna Leon stürmt mit ihrem 31. Brunetti-Band „Milde Gaben“ die Charts, tourt mit ihrer Barock-Band Il Pomo d’Oro um die Welt und feiert am 28. September ihren 80. Geburtstag.

Hoch soll sie leben – Donna Leon

Hoch soll sie leben! Die amerikanische Krimi-Diva Donna Leon stürmt mit ihrem 31. Brunetti-Band „Milde Gaben“ die Charts, tourt mit ihrer Barock-Band Il Pomo d’Oro um die Welt und feiert am 28. September ihren 80. Geburtstag.
Foto: Michiel Hendry / Interview: Elisabeth Hirschmann

Die US-Bestsellerautorin Donna Leon, Dozentin für englische Literatur und Erfinderin des venezianischen Commissario Brunetti, bringt seit 30 Jahren im Zürcher Diogenes Verlag immer Ende Mai einen neuen Venedig-Krimi heraus, jeder mit einem Opernzitat als Motto und monatelang an der Spitze der Belletristik-Charts. Im 31. Band, „Milde Gaben“ („Give unto Others“), verzichtet sie ganz auf Gewaltverbrechen und erforscht mit großer Eleganz in philosophischer Manier und melancholischem Ton Schwächen, Verrat, Eifersucht und das Altwerden.

Vor 41 Jahren hatte sie sich in Venedig niedergelassen, heute lebt die passionierte Liebhaberin der Barockoper, besonders des „Caro Sassone“ Georg Friedrich Händel, im schweizerischen Graubünden. „La Serenissima“ ist nur noch gelegentliches Sehnsuchtsziel, wenn sie Freunde besuchen will. Die reiche Ausbeute ihrer literarischen Erfolge steckt Donna Leon, die sich als „Händel-Junkie“ bezeichnet, in die Barockmusik. 2012 hat sie das Schweizer Originalklang-Ensemble Il Pomo d’Oro gegründet, und sie begleitet – mit finanzieller und geistiger Unterstützung – die Aufnahmen der 42 erhaltenen Händel-Opern. Am 28. September feiert die kleine, kluge Lady mit dem stechenden Blick ihren 80. Geburtstag. Ad multos annos!

wienlive: „Milde Gaben“ ist ein unüblicher Krimi ohne Mord. Warum verzichten Sie darauf?

Donna Leon: Ich habe immer gesagt, dass ich die Bücher nicht plane. Ich beginne einfach, die Geschichte zu erzählen, und schreibe immer weiter, sodass ich entdecken kann, was passiert. Ob es einen Mord geben wird oder ein anderes Verbrechen, weiß ich nicht, das muss ich erst herausfinden. Wenn Dinge passieren oder nicht, ist es für mich eine ebenso große Überraschung wie für den Leser. Ich bin sicher, dass alle dramaturgischen Entscheidungen an einem unbewussten Ort in meinem Gehirn getroffen werden, aber sie springen erst im richtigen Moment auf die Seite.

Es geht um Gier, Betrug, Eifersucht, Vertrauensverlust und Altwerden. Wird Brunetti pessimistischer, je älter er wird?

Ich fürchte, er wird pessimistischer oder erschöpfter wegen der vielen Gräueltaten, welche die Leute einander antun. Das ist weit verbreitet unter den Menschen, wenn sie alt werden. Ich werde pessimistischer auf eine intellektuelle Weise: Es genügt, den „Guardian“ zu lesen, um pessimistisch zu sein. Aber, und es ist ein glückliches „Aber“ für mich, ich finde das Leben sehr angenehm und habe viel Freude daran. Das ist allerdings eine gefühlsmäßige Reaktion auf meine eigene Welt. Wenn ich auf die größere Welt schaue, ist es schwierig, nicht schwarzzusehen.

Wenn Brunetti über Leben und Tod nachdenkt, holt er sich Rat in der klassischen Literatur; diesmal liest er Ciceros „Orationes in Verrem“, die Reden gegen den korrupten römischen Proprätor
in Sizilien, und die „Oneirokritika“ von Artemidoros, die einzige Traumdeutung der antiken Welt …

Brunetti liest klassische Literatur auf die gleiche Weise wie ich. Ich lese die alten Texte, um herauszufinden, wie Menschen Tausende Jahre vor uns dachten und Entscheidungen trafen, was sie für selbstverständlich hielten, für gut und schlecht, für moralisch und unmoralisch. Ich finde Artemidoros faszinierend, weil für ihn und seine Zeitgenossen Träume die Zukunft voraussagten, während wir wollen, dass sie über die Vergangenheit erzählen, ein verborgenes Geheimnis enthüllen. Vielleicht sind sie nicht mehr als Träume, das psychologische Pendant zum Beine-Ausstrecken oder Schnarchen.

Das Motto stammt wieder aus einem Werk von Händel, der Hymne „Blessed are they that considereth the poor“, die „Il caro Sassone“ für das Foundling Hospital in London komponierte. Warum diesmal ein Kirchenlied?

Weil diese Hymne sagt, dass diejenigen, die den Armen geben, gesegnet sein werden. „Milde Gaben“ ist ein Buch über die Armenfürsorge.

Sie haben das Buch Heike Bischoff-Ferrari gewidmet, der Professorin für Altersmedizin in Zürich …

Über die Jahre ist Heike eine gute Freundin geworden: Sie ist anständig, intelligent und lebt für das Wohlbefinden ihrer Patienten. Vergessen wir nicht Vitamin D, Omega-3 und die körperliche Ertüchtigung! Sie erinnert mich an die Ärzte meiner Jugend, die sich auch darum gekümmert haben, dass es den Leuten gut geht.

Am 28. September feiern Sie Ihren 80. Geburtstag. Herzliche Gratulation! Was wünschen Sie sich vom Universum?

Spaß haben, liebenswürdig sein, Händels Musik hören.

Ist Ihnen Händels Musik wichtiger als die Bücher, die Sie schreiben?

Händels Musik ist sicherlich viel wichtiger als meine Bücher. Das sind Krimis, vergessen Sie das nicht! Seine Musik ist auf der gleichen Höhe, was Schönheit und Genialität betrifft, wie die besten Gedichte oder Romane der Weltliteratur.

Vor zehn Jahren haben Sie ein Originalklang-Orchester gegründet, das auf alten Instrumenten sehr viel Händel spielt: Il Pomo d’Oro. Sie treten mit den Musikern auf und unterstützen ihre Aufnahmen. Haben Sie nie daran gedacht, selbst Musikerin zu werden?

Einige Freunde und ich hatten die Idee, ein Barock-Ensemble zu gründen. Aber weil ich keine Musikerin bin und wenig über die Musikwelt wusste, konnte ich – abgesehen von meinem Enthusiasmus – nicht viel beitragen. Ich bin Zuschauerin und Zuhörerin. Ich habe nie gelernt, eine Partitur zu lesen, außerdem spiele ich kein Instrument. Aber ich liebe die Barockmusik, kenne und schätze die Musiker im Orchester und habe einen Riesenspaß daran, ihnen zuzuhören, auf den Proben oder bei den Aufführungen.

Sie leben seit ein paar Jahren nicht mehr in Venedig, sondern in der Schweiz. Wenn Sie die Palazzi der „Serenissima“ und Vivaldis Musik mit den Bergen und den Kühen vergleichen: Was sind die Vorteile der Schweiz?

Ich bin vor einigen Jahren nach Graubünden übersiedelt, davor habe ich den Sommer in der Schweiz verbracht, um der Hitze zu entfliehen und meinen kleinen Garten umzugraben. Die Gegend hat so ziemlich dieselbe Landschaft, die ich als Kind in New Jersey kannte; es gibt auch viele Kühe und wenig Leute. Ein weiterer Vorteil ist die Nähe zu Italien.         


David Mitchells „Utopia Avenue“ über die Beatles- und Stones-Area. Ein Buchtipp von Helmut Schneider.

Die Band, die es leider nie gab – David Mitchell, Utopia Avenue

David Mitchells „Utopia Avenue“ über die Beatles- und Stones-Area. Ein Buchtipp von Helmut Schneider.

Kann es sein, dass man zum Fan einer Band werden soll, die es nie gegeben hat? Der Brite David Mitchell – seit seinem von Tom Tykwer verfilmten Bestseller „Der Wolkenatlas“ in der Liga der Autoren, die weltweit beachtet werden – entwirft in seinem neuen 750-Seiten-Wälzer eine alternative Pop-Historie mit ebendiesem Ziel. Denn natürlich will man spätestens am Ende gerne die Songs der vier sympathischen Mitglieder seiner fiktiven Londoner Band „Utopia Avenue“ tatsächlich hören. Dass Mitchell seine Band nach nur zwei Alben unter dramatischen Umständen wieder auflöst, ist da nur ein schwacher Trost. Viel zu viel Emotion hat man als Leser da bereits in die Folk-Sängerin Elf, den Blues-Bassisten Dean, den Jazz-Drummer Griff und den Gitarrengott Jasper investiert als dass man nicht zumindest nach Musik-Alternativen im Netz (eine jazzige Rockband mit einer Folksängerin?) suchen würde. Das ist gleichzeitig die Stärke und die Schwäche dieses Romans, der freilich zumindest auf jeder Seite zu unterhalten vermag.

Das liegt vor allem daran, dass Mitchell jedem seiner Hauptpersonen genügend Raum für Entwicklung gibt. Da ist etwa der unter schwierigen sozialen Verhältnissen bei seinem Alkoholiker-Vater aufgewachsene Bassist Dean, der als einziger der Band anfällig für den Lohn des Erfolgs ist und vor allem weiblichen Versuchungen nicht widerstehen kann. Da ist die an die Ideale der Zeit glaubende Elf, die auch dann nicht an das Böse im Menschen glauben will als sie mit einem Bösen liiert ist und da ist vor allem der Niederländer Jasper de Zoet, der als illegitimer Sohn einer reichen Familie an schweren psychischen Problemen leidet. Denn in Jasper lebt sozusagen ein anderer, der sich mit Klopfzeichen bemerkbar macht und ihn in den Wahnsinn zu treiben versucht. Mitchell spielt dabei mit seinen Fans, denn zur Auflösung dieser Geschichte verweist er auf seinen früheren Japan-Roman „Die tausend Herbste des Jacob de Zoet“, in dem ein vampirhafter Mönch sein blutiges Unwesen treibt. Es ist nicht die einzige Reverenz des 1969 in Southport geborenen und inzwischen in Irland lebenden Autors an frühere Werke, Mitchell schafft sich einen eigenen selbstreferenziellen Hintergrund – glücklicherweise muss man als Leser aber nicht all das kennen, um „Utopia Avenue“ zu verstehen.

Was Mitchell in diesem Roman auch gut hinbekommt ist popkulturelles Namedropping. Die Band und ihr schwuler kanadischer Manager treffen so gut wie alle umstrittenen Helden der 60er-Jahre – von John Lennon, Jimmie Hendrix, Leonard Cohen und David Bowie bis zu Joan Baez, Francis Bacon und den später erst entlarvten Vergewaltiger und einflussreichen DJ Jimmy Savile. Und natürlich gibt es auch gut recherchierte Szenen aus dem damaligen noch voll analogen Alltag. Mit Dean erleben wir gleich am Anfang das harte Los von Musikern, die noch ihre Gitarre abstottern müssen, während sie in miesen Zimmern wohnen, in denen die Vermieterin ausdrücklich Iren und Schwarze nicht reinlässt. Und die durchaus nicht ungefährlichen Auftritte in der englischen Provinz – als die Band noch völlig unbekannt ist –bleiben auch im Gedächtnis.

Nun, wer die Sixties mag, wird in „Utopia Avenue“ wirklich gut bedient – von den Partys der Reichen und Schönen über das Chelsea Hotel bis zu Kalifornien kommt wirklich ein Gutteil aller Ikonen vor. Doch die Frage, warum mir der Autor dies alles erzählt, kann ich nicht befriedigend beantworten. Die utopische Geschichte von Jaspers Psychose ist dafür zu schwach und zu wenig ausgeführt. Immerhin gibt es am Ende zur Draufgabe auch noch eine tragisch-komische Überraschung in San Francisco.


David Mitchells „Utopia Avenue“ über die Beatles- und Stones-Area. Ein Buchtipp von Helmut Schneider.

David Mitchell: Utopia Avenue
Aus dem Englischen von Volker Oldenburg
Rowohlt Verlag
752 Seiten
€ 26,95

Nachbarschaft einmal anders – Dominik Barta, Tür an Tür

Dominik Bartas Wien-Roman „Tür an Tür“. Ein Buchtipp von Helmut Schneider.

Als der Erzähler Kurt die Genossenschaftswohnung seiner Tante in der Laimgrubengasse übernimmt, nachdem diese wieder ins Burgenland ziehen wollte, ahn er noch nicht, dass aus seiner Nachbarschaft eine Gemeinschaft werden sollte. Er leidet bloß unter der Husterei seines älteren Nachbarn Drechsler. Hat er mit diesem aber erst einmal geplaudert, geht es Schlag auf Schlag. Er lernt die Biologin Regina kennen und bald schon zieht sein Jugendfreund nach Differenzen mit seiner Freundin bei ihm ein. Kurt ist Lehrer und schwul – und so verliebt er sich ausgerechnet in einen kurdischen Schüler und die politischen Verwicklungen nehmen seinen Lauf.

Was Dominik Barta da in seinem zweiten Roman erzählt ist nicht unspannend, wenngleich vieles etwas konstruiert wirkt. Dazu kommen sprachliche Schwächen – es sind mehr Monologe als Dialoge, die er seinen Leserinnen und Lesern vorsetzt. Die Probleme eines schwulen Lehrers, der sich zwar längst geoutet hat, aber gleichzeitig vor sexuellen Begegnungen davonzulaufen scheint, werden etwas zu breit ausgewalzt. Dass Reginas Forschungsfeld ausgerechnet die Biologie des sexuellen Begehrens umfasst, wird vom Autor dann freilich nicht für seine Geschichte genützt. Und so liest sich „Tür an Tür“ ganz amüsant, warum der 1982 in Oberösterreich geborene Dominik Barta uns das alles erzählen muss, ist mir am Ende aber nicht wirklich klar.


Dominik Barta: Tür an Tür
Zsolnay
208 Seiten
€ 23,70

Buchtipp – Karl Ove Knausgård, Der Morgenstern

Der neue Skandinavien-Thriller

Der neue Skandinavien-Thriller kommt ausgerechnet von Karl Ove Knausgård.

Der Norweger Karl Ove Knausgård schrieb sich mit seinem autobiografischen, sechsbändigen Mammutwerk „Min Kamp“ (wörtlich: Mein Kampf) in die Spitzenriege der Weltliteratur. Eine derartige Selbstreflexion muss man natürlich mögen, zumal man heute als „alter weißer Mann“ (Knausgård ist Jahrgang 1968) nicht eben offene Türen einrennt. Aber Knausgård hat es geschafft und gilt längst als Kultautor. Als solcher hat er natürlich auch viele Feinde.

Sein neuer Roman „Der Morgenstern“ ist freilich endlich wieder ein fiktionales Werk. Und was für eines. Die knapp 900 Seiten sind erst der Anfang. Es ist daher noch unmöglich zu beurteilen, ob diese sehr spezielle Geschichte aufgeht. Knausgård überrascht nämlich mit einer Art Mysterienthriller. Er erzählt nur zwei Tage Ende August 2023, in Bergen, Norwegen. 9 Personen verfolgt er in diesen wenigen Stunden und alle sind mehr oder weniger fasziniert von einem Himmelsphänomen. Es erscheint nämlich ein besonders großer, heller Stern am Horizont, der alle rätseln lässt. Ist es eine Supernova oder die Ankündigung des Weltuntergangs? Zumal sich gleichzeitig merkwürdige Dinge ereignen. Da ist eine Straße plötzlich voller Krebse, ein Raubvogel reißt mitten unter Menschen eine Taube und Marienkäfer treten in Massen auf. Dazu kommt ein besonders grausamer Kriminalfall – drei von vier Mitgliedern einer Metal-Band werden bestialisch im Wald ermordet. Ein satanistisches Ritual? Die unsympathischste Figur des Romans ist natürlich ein Journalist, der von der Chronik ins Kulturressort strafversetzt wurde und jetzt eine neue Chance wittert – was ihn aber nicht davon abhält zu saufen und seine Frau zu betrügen, während sich sein Sohn das Leben zu nehmen versucht. Sehr breiten Raum erfährt ein Literaturprofessor aus Oslo mit seiner psychisch labilen Frau Tove, die Katzen den Kopf abschlägt, und den gemeinsamen drei Kindern. Knausgård beschreibt aber auch eine Krankenschwester, einen Kindergärtner oder eine Pfarrerin, die plötzlich einen Mann beerdigen soll, der ihr noch vor wenigen Stunden im Flugzeug auf die Nerven gegangen ist. In Wirklichkeit sind es ganz normale Alltagsszenen, die durch das Talent des Autors ziemlich lebendig werden. Keine Frage: Knausgård kann auch unterhalten. Wer bei diesem Schuss Mystik, der ja auch immer bei Haruki Murakami wohlfeil zu bekommen ist, nicht gleich abschnallt, wird „Morgenstern“ mit Interesse lesen und schon auf den nächsten Band gespannt sein.

Am Schluss noch eine Bemerkung zu dicken Büchern, die von vielen ja – von wegen Zeitaufwand – kritisiert werden. Dabei können schmale Bücher genauso leicht ausufernd sein und Nerven kosten. Echte Leserinnen und Leser haben Schmöker freilich noch nie abgeschreckt, zumal sie auf Seitenpreis berechnet, viel, viel billiger als dünne sind. Das ist doch in Zeiten einer galoppierenden Inflation ein Argument, oder?


Der neue Skandinavien-Thriller kommt ausgerechnet von Karl Ove Knausgård. Ein Buchtipp von Helmut Schneider.

Karl Ove Knausgård: Der Morgenstern
Aus dem Norwegischen von Paul Berf
Luchterhand
894 Seiten
€ 28,95

Buchtipp – Amélie Nothomb, Ambivalenz

DER RÄCHER UND DAS KIND

Der Rächer und das Kind – Amélie Nothombs kurzer Roman „Ambivalenz“.

Amélie Nothomb ist nicht einfach nur eine Bestsellerautorin, sondern ein Phänomen der Pop-Kultur. Schon früh hat sie ihr eigenes Leben – das Aufwachsen als Diplomatentochter belgischer Eltern in verschiedensten Weltgegenden und mit diversen psychischen Störungen wie Magersucht – in Romanen beschrieben und so für die Literatur fruchtbar gemacht. In Paris, wo sie seit Jahrzehnten lebt, kennt man sie nicht nur aufgrund ihrer extravaganten Erscheinung – sie trägt immer große Hüte –, sondern auch wegen ihres ungewöhnlichen Lebensstils. Die Nächte verbringt sie mit Champagner, aber im Morgengrauen schreibt sie gedopt mit schwarzem Tee stundenlang manisch ihre Romane von denen sie nur wenige zur Veröffentlichung freigibt, wie sie mir bei einem Interview in Köln erzählte. Mein Versuch, sie für „EineStadt.EinBuch.“ zu gewinnen, scheiterte allerdings daran, dass sie Paris immer nur höchstens für eine Nach verlassen will.

Ihr neuer Roman „Ambivalenz“ ist natürlich wieder 100 Prozent typisch Amélie Nothomb. Es geht um die Geschichte einer seltsamen Rache eines verschmähten Mannes. Weil die schöne Reine ihren jungen Liebhaber Claude zugunsten eines bereits reichen Galans aufgibt, will der sich rächen, indem er mit der scheinbar „einfach gestrickten“ Dominique eine Familie gründet und selbst sehr erfolgreich wird. An der gemeinsamen Tochter hat er kein Interesse, obwohl sie hyperbegabt ist. Am Ende kommt es natürlich zum Bruch, aber Nothombs Erzählweise ist unnachahmbar. Sie springt nach Belieben im Plot und schafft es, gleich auf mehreren Ebenen ihrer Figuren spannend zu bleiben. Wer sich an der oft unrealistischen Handlung stößt, sollte aber einmal in Nothombs echter Familiengeschichte nachlesen… Zweifelsohne wieder ein Buch für ein paar amüsante Stunden.


Der Rächer und das Kind – Amélie Nothombs kurzer Roman „Ambivalenz“ is der neue Buchtipp von Helmut Schneider.

Amélie Nothomb: Ambivalenz
Aus dem Französischen von Brigitte Große
Diogenes
128 Seiten
€ 20,70 

Buchtipp – Milena Busquets, Meine verlorene Freundin

Als Frau in Barcelona

„Meine verlorene Freundin“ von Milena Busquets. Ein Buchtipp von Helmut Schneider.

Die 1972 in Barcelona und dort auch wieder lebende Schriftstellerin und frühere Verlegerin Milena Busquets, die 2014 mit ihrem Roman „Auch dies wird vergehen“ international erfolgreich war, arbeitet nach wie vor auch als Journalistin und Übersetzerin. Ihr neues Buch „Meine verlorene Freundin“ verhandelt weniger eine Recherche nach einer verstorbenen Klassenkameradin wie der Titel suggeriert, sondern es sind die Gedanken einer Frau, nicht mehr jung, noch nicht alt mit zwei Kindern, alleinlebend und neuerdings wieder mit einem Mann zusammen. Denn die Ich-Erzählerin, die noch dazu als Autorin und Übersetzerin arbeitet, findet über die jung Verstorbene – nach gut 30 Jahren – nicht viel heraus. Sie war die Tochter von Restaurantbetreibern, die auch später noch vom Unglück verfolgt wurden. Dafür erfahren wir im Buch viel über die Freundinnen der Erzählerin, ihren Geliebten, einen erfolgreichen Schauspieler, den sie am Ende des Buches wieder verlässt, und das Lebensgefühl einer Frau in Barcelona. Das ist ganz interessant und auch sehr charmant erzählt, ergibt aber eigentlich noch nicht wirklich einen Roman. Am ehesten könnte man den Text noch als Novelle lesen – nach Goethe „eine sich ereignete unerhörte Begebenheit“ – wenn man den allerdings nicht wirklich unerhörten Bericht eines Restaurantkritikers über das Schicksal der Familie der tragisch jung verstorbenen Klassenkameradin miteinrechnet. Aber die Bezeichnung „Novelle“ verkauft sich wahrscheinlich nicht so gut wie „Roman“, weshalb Verlage das zumeist vermeiden. Vielleicht ist „Meine verlorene Freundin“ aber einfach die passende Lektüre für einen entspannten Tag am Strand.


Milena Busquets: Meine verlorene Freundin
Aus dem Spanischen von Svenja Becker
Suhrkamp Verlag
ISBN: 978-3-518-43047-7
136 Seiten
€ 22,70

Buchtipp – Tahmima Anam, Unser Plan für die Welt

Existenzielle Supergaus

Tahmima Anams „Unser Plan für die Welt“. Ein Buchtipp von Helmut Schneider.

Eine wahrlich internationale Biografie: Tahmima Ahnam wurde 1975 in Bangladesch geboren, wuchs in Paris, New York und Bangkok auf, studierte an der Harvard University und lebt in London. Seit 2010 veröffentlicht sie vielbeachtete Romane, ihr neuester „Unser Plan für die Welt“ spielt in New York, wo Asha, Cyrus und Jules ein Start-up gründen, das zu einer Art spirituellem Facebook wird. Mehr noch als ein Gründerroman ist das Buch allerdings eine Liebesgeschichte, denn Asha und Cyrus sind ein Paar und alle, die sich in der Szene auskennen, rechnen damit, dass der wirtschaftliche Erfolg und die Mühen des Aufbaus ihrer Liebe den Garaus machen wird. Noch dazu wo die beiden ziemlich unterschiedliche Charaktere sind. Asha, deren Familie aus Bangladesch eingewandert ist, hat nicht nur eine technische Begabung – sie programmiert die neue Plattform –, sondern auch die Idee dahinter. Denn Cyrus saugt alles Spirituelle auf wie ein Schwamm und kennt sich auch noch bei den abgelegensten Religionen dieser Welt aus. Die Idee der neuen App: Sie soll all jenen eine Heimat bieten, die in unserer zunehmend säkularisierten Gesellschaft Hilfe brauchen wenn sie etwa ihre Katze oder ihren Großvater begraben müssen oder eine perfekte, stilvolle Hochzeit ohne Priester feiern wollen. Ihr Freund Jules ist der einzige mit reicher Familie, deren Mitglieder ihn allerdings nicht ernst nehmen. Gemeinsam arbeiten sie unter dem Dach einer stylischen New Yorker Entwicklerfirma, die sich auf Apps für den als sicher angenommenen Weltuntergang spezialisiert hat, an einer Plattform, die sich bald als Ersatzreligion entwickelt. Cyrus wird für viele zu einem neuen Messias während er lernen muss, sein Charisma auch geschäftlich auszunützen um Geldgeber zu überzeugen.

„Unser Plan für die Welt“ liest sich sehr locker, die Schwierigkeiten bei der Gründung und Etablierung eines Start-ups werden sehr realistisch dargestellt. Anam schafft es auch immer neue – oft auch skurrile – Charaktere einzuführen. Sprachlich zwar nicht immer top entwickelt die Geschichte einen unwiderstehlichen Sog. Sehr gelungen ist ihr auch die Darstellung der speziellen Schwierigkeiten, die sich in dieser noch immer männerdominierten Szene für Frauen auftun. Als Asha vor der dann eintretenden drohenden Katastrophe warnt, wird sie aus dem Vorstand gedrängt. Dass es schier unmöglich ist mit einem Mann zusammenzuleben, der als neuer Jesus auftritt, versteht sich natürlich von selbst. Ein wunderbarer Roman, der sich auch als spannende Strandlektüre eignet.


Tahmima Anam: Unser Plan für die Welt
Aus dem Englischen von Kirsten Risselmann
Hoffmann und Campe
ISBN: 978-3-455-01426-6
352 Seiten
€ 22,70

Ocean State – Interview mit Stewart O’Nan

©Trudy O’Nan

Mörderische Liebe

In „Ocean State“ erzählt Stewart O’Nan vom Mord unter Teenagern – und von den Bruchlinien der Gesellschaft. Ein Interview.

„Als ich im achten Schuljahr war, half meine Schwester dabei, ein anderes Mädchen zu töten.“ Mit diesem Spannung versprechenden Satz beginnt der in Pittsburgh lebende Autor Stewart O’Nan seinen neuen Roman. Marie erzählt rückblickend von ihrer Schwester Angel, die gegen Ende des Romans gemeinsam mit ihrem Freund Myles wegen Mordes an der ebenfalls in Myles verliebten Birdy vor Gericht steht. Wir sind an der Küste von Rhode Island in einer ehemaligen Industriestadt, in der die Menschen eher schlecht als recht über die Runden kommen. Sogar die Schülerinnen schuften, miserabel bezahlt in Aushilfejobs im Supermarkt & Diner.

Stewart O’Nan, der 2017 mit seinem Roman über ein schließendes Lokal „Letzte Nacht“ Gast bei „Eine Stadt.Ein Buch.“ war, ist ein Meister der Darstellung von gesellschaftlichen Umbrüchen und sozialen Verwerfungen. Als Leser erleben wir Liebe und Neid, Hass, Verzweiflung und Hoffnung sogenannter „einfacher“ Menschen hautnah ohne moralische Verurteilung mit. Am Schluss ist es natürlich die Tochter der geschiedenen Krankenschwester, die länger ins Gefängnis gesteckt wird als der Sohn der reichen Familie.

Wie entstand „Ocean State“? Gibt es einen realen Fall?

Stewart O’Nan: Der Fall, der meinen Roman inspiriert hat, ist der Mord an der 13-jährigen Mary Ann Measles in einer kleinen Flussstadt in Connecticut.

War der eindrucksvolle erste Satz des Romans  gleich zu Beginn Ihres Schreibens da?

Mein ursprünglich erster Satz war „Diesen Sommer lebten wir in einem Haus am Fluss.“ – eine Verneigung vor Hemingways „In einem anderen Land“ und Shirley Jacksons „Wir haben schon immer im Schloss gelebt“. Mein tatsächlicher erster Satz kam also später.

Der Satz bringt natürlich Spannung, aber Sie scheinen mehr an den Umständen als am Mord selbst interessiert, warum?

Das „Wie“ und besonders das „Warum“ ist für mich wichtiger – und dann vor allem die Konsequenzen des Mordes, also wie die Betroffenen damit leben müssen.

Nur eine Person spricht direkt – und zwar ausgerechnet die jüngste, die 13-jährige Marie, die natürlich am wenigsten versteht, warum?

Marie ist ruhig und introvertiert, aber sie ist auch die moralisch Wertende – und bis zum Mord war ihre große Schwester Angel ihr Idol. Ohne ihr Vorbild weiß sie nicht, wie sie sein soll – sie muss sich quasi neu erfinden. Sie versteht die Geschichte nicht ganz, obwohl sie ja auch betroffen ist, und deshalb trägt sie den Roman. 

Sie haben vier Hauptcharaktere, alle sind weiblich, warum?

Die Männer sind in dieser Geschichte schwach und kümmern sich nicht um das, worauf es ankommt, nämlich ihre Familien. Sie sind passiv, wärend Carol, Angel und Birdie die Konsequenzen ihres Handeln tragen müssen.

Die Gegend um Rhode Island scheint wie ein zusätzlicher Charakter im Roman, warum spielt der Roman gerade hier?

Ich habe die Küste von Rhode Island gewählt, weil ich sie besser kenne als die Kleinstadt in Connecticut. Im Lockdown konnte ich auch meine üblichen Erkundungen vor dem Schreiben nicht machen. Und die Küste bringt mehr Romantik und mehr Kontrast.

Der Roman spielt 2009, im ersten Jahr von Obama als Präsident, ist das wichtig für die Geschichte?

Ich wollte eine retrospektive Erzählerin, brauchte also eine Zeit, die zehn Jahre vergangen ist. Es passte auch gut in die Zeit des Zusammenbruchs der Immobilienblase, die wie ein Echo aus der Epoche des Industrieverfalls in den 70er- und 80er-Jahren erschien.

Ich lese den Roman als eine Parabel über Besitz. Beide Mädchen wollen den schönen, reichen Myles?

Ja, daran besteht kein Zweifel. Myles ist eine Trophäe. Sie brauchen ihn als eine Bestätigung ihrer Besonderheit, ihres Wertes. Aber was passiert, wenn sie diese Trophäe verlieren?

Das Streben nach Besitz erzeugt Gewalt – eine Kapitalismuskritik?

Ich denke, es ist mehr eine Warnung davor, was Liebe vermag. Uns in dem einen Moment erhöhen und im nächsten Moment unser Selbstwertgefühl völlig zu zerstören. Liebe macht uns glücklich, aber auch verzweifelt und eigentümlich. Birdy denkt sich Liebe als Besitz, der sie verändern kann und uns Dinge machen lässt, von denen wir wissen, dass wir sie nicht tun sollten.     


Stewart O’Nan: Ocean State
Aus dem Englischen von Thomas Gunkel
Rowohlt Verlag
ISBN: 978-3-498-00268-8
254 Seiten
€24,70